Bildungsmarkt:Wenn Unis Millionen verspielen

Lesezeit: 2 min

Immer mehr private Hochschulen machen den staatlichen Unis Konkurrenz. Doch das gewinnorientierte Konzept geht nicht immer auf.

H. Horstkotte

Die private Hanseuniversität in Rostock hat momentan drei Studenten und zehn Professoren. Sie können ihre Arbeit auch in diesem Semester fortsetzen, aber ansonsten ist der Lehrbetrieb komplett eingestellt - mangels Studienbewerber. Nach nur einem Jahr musste der Investor der Hochschule, die gewinnorientierte Educationtrend AG, die Notbremse ziehen. 45 000 Euro Gebühreneinnahmen stehen viel höheren Unkosten gegenüber. Sprecher Leander Hollweg redet deshalb von einer notwendigen "Neuorientierung". Von einer drohenden Schließung will in Rostock selbstverständlich niemand sprechen, denn dann wären Investitionen von mehreren Millionen verspielt. Zu seinen Plänen schweigt das Unternehmen aber noch eisern.

Privatuniversität Witten/Herdecke: Die älteste Privatuni Deutschlands verlor vor kurzem ihren Hauptsponsor. (Foto: Foto: dpa)

Wie konnte es zum Beinahe-Schiffbruch an der Ostsee kommen? Anscheinend aufgrund einer falschen Marktanalyse, meint Wolfram Hahn, Geschäftsführer des Verbands der privaten Hochschulen. Die Uni bietet eine Ausbildung zum Bachelor und Master. Zudem bereitet sie Juristen auf das erste Staatsexamen vor. Das akademische Studium soll durch Trainee-Praktika in der Wirtschaft angereichert werden. Diese zieht in Rostock aber offenbar nicht mit.

Komfortable Appartements und attraktive Freizeitangebote

Für den Misserfolg der kommerziellen Hochschule gibt es aber auch noch andere Gründe. Studenten erwarteten an teuren Privatunis eine entsprechende Campus-Atmosphäre, erklärt Hahn, zum Beispiel komfortable Appartements und attraktive Freizeitangebote. Vor allem an einem eher abgelegenen Standort sei das dringend nötig - und beispielsweise an der "Business and Information Technology School (BiTS)" im nordrhein-westfälischen Iserlohn mustergültig verwirklicht. Dort studieren die Hochschüler direkt am idyllischen Seeufer und zum benachbarten Reiterhof ist es nicht weit. Die Hanseuniversität liegt dagegen in einem Technologiepark und die drei Studenten mussten sich auf dem freien Wohnungsmarkt eine Unterkunft suchen.

Trotz der schwierigen Bedingungen in Rostock hatte die Landespolitik von Mecklenburg-Vorpommern der hoffnungsvollen Markteinschätzung jahrelang Vorschub geleistet. So war der Hochschulgründer, ein Finanzmakler, 2002 Sieger in einem staatlichen Businessplan-Wettbewerb. Er wollte den Uni-Betrieb über einen Fonds privater Investoren ankurbeln. Landtagsabgeordnete stellten sich als Berater zur Verfügung. Unter diesen scheinbar günstigen Vorzeichen stieg 2007 Educationtrend in das Hanse-Projekt ein und übernahm fast alle Geschäftsanteile.

Der Deutsche Hochschulverband bezeichnet Educationtrend als eine "Heuschrecke" auf dem Bildungsmarkt. Doch diese Warnung ist wohl eher der übertriebene Angstschrei der staatlichen Hochschulen, die sich vor der wachsenden Konkurrenz fürchten. Denn es plagen keineswegs alle private Hochschulen ähnliche finanzielle Sorgen wie die Hanse-universität oder zuletzt auch die älteste Privatuni Deutschlands Witten/Herdecke. Sie verlor einen ihrer Hauptsponsoren. Seit ihrer Gründung im Jahr 1983 sind bundesweit mehr als 70 weitere private Hochschulen entstanden. Und inzwischen entspringen diese Gründungen nicht mehr nur den philanthropischen Idealen wohlhabender Stifter oder Projekten, die der Gemeinnützigkeit verpflichtet sind. Unternehmen wie Educationtrend oder Cognos wollen ausdrücklich Gewinn machen.

Reizvoll für Ausländische Investoren

Der Fachverband der Privathochschulen spricht von mindestens zwei Dutzend Mitgliedsfirmen, die Gewinne erzielen. Unter ihnen sind beispielsweise die traditionellen Verlagsunternehmen Cornelsen (AKAD) oder Klett. "Die Zielgruppe Schüler schrumpft zwar", sagt Unternehmer Michael Klett, "aber ein Ausgleich liegt im lebenslangen Lernen. In unseren Fernschulen und Hochschulen haben wir phantastische Zahlen." Auch der Präsident des Stifterverbandes für die deutsche Wissenschaft, Arend Oetker, setzt erfolgreich auf Bildung. Er ist ein Hauptgesellschafter der Cognos AG, die unter anderem an vier Standorten die Fachhochschule Fresenius betreibt.

Der deutsche Bildungsmarkt reizt inzwischen auch ausländische Investoren. So hat der amerikanische Laureate-Konzern Anfang des Jahres die Mehrheit an der Unternehmer-Hochschule in Iserlohn übernommen. Auch der frühere US-Präsident Bill Clinton fand als Redner schon den Weg dorthin. Offenbar ist der Erfolg einer Privatuni also nicht nur vom Standort abhängig, sondern vor allem davon, welche Qualitätsansprüche das Lernen und das Leben auf dem Campus erfüllen.

© SZ vom 8.9.2008/bön - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: