Bildungsgipfel - die Ergebnisse:Bildung für alle - aber wie?

Auf dem Bildungsgipfel ließen sich die Ministerpräsidenten nicht zu einer großen Geste überreden. Die Ergebnisse sind vage, Probleme bleiben - ein Überblick.

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Kindergarten, dpa

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Kindergarten

Die Probleme Viele Kindergärten lassen die Bildung des Nachwuchses außer Acht. Erzieherinnen müssen zu große Gruppen betreuen, haben keinen akademischen Abschluss und sind schlecht bezahlt. Wegen des Ausbaus der Krippen droht Personalmangel, weshalb in Zukunft möglicherweise noch mehr junge Frauen aus bildungsfernen Schichten sich um die Bildung der Jüngsten kümmern werden.

Die Beschlüsse In Deutschland sollen "anregende Bildungsorte für Kinder" entstehen. Kindergarten und Schule sollen besser verzahnt werden. Außerdem sei eine gezielte Sprachförderung notwendig: Bis zum Jahr 2012 soll sie in allen Bundesländern erfolgen. Die Länder "streben die Verbesserung der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern an"; mehr Migrantinnen sollen dafür angeworben werden.

Die Kritik Eine Akademisierung der Ausbildung wie im übrigen Europa erwähnt der Beschluss nicht einmal. Was unter einer besseren Ausbildung zu verstehen ist, bleibt unklar. Und übersehen wird, dass viele Deutschkurse in den Kitas wirkungslos sind: Je isolierter die Sprachförderung, desto weniger Effekt hat sie. Sinnvoll wäre nur kontinuierliche Förderung - aber dafür bräuchte es mehr Personal.

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Schüler, dpa

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Schule

Die Probleme Der Schulerfolg hängt in Deutschland stark von der sozialen Herkunft ab. Der Anteil leistungsschwacher Schüler ist mit 20 Prozent sehr hoch. Fast acht Prozent eines Jahrgangs sind Schulabbrecher. Viele Unterrichtstunden fallen aus. Lehrerverbände sagen, es würden 20.000 Lehrer fehlen. Lehrpläne und Abschlüsse unterscheiden sich stark von Bundesland zu Bundesland.

Die Beschlüsse Der Anteil der Schulabbrecher soll halbiert werden. Die Länder wollen mehr Schulsozialarbeiter an die Schulen schicken. Das Schulessen für Kinder aus Hartz-IV-Familien soll vom Staat finanziert werden. Die Länder wollen für die Kernfächer bis 2010 gemeinsame Vorgaben für das Abitur entwickeln. Grundschulen sollen stärker mit Kindergärten zusammenarbeiten.

Die Kritik Wie der Lehrermangel behoben und für die schwächsten Schüler mehr Förderung erreicht werden soll, bleibt unklar. Für die Schulsozialarbeit gibt es noch keine Geldzusagen. Die Fortbildung der Lehrer wird vernachlässigt. Schulen brauchen Berater für eine systematische Entwicklung der Unterrichtskultur. Der Abitur-Beschluss ist alt, die Länder-Unterschiede bestehen fort, nicht zuletzt in den Schulstrukturen.

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Lehrstellen, ddp

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Ausbildung

Die Probleme Zwar gab es zuletzt konjunkturbedingt wieder mehr Lehrstellen. Viele Jugendliche gelten aber als nicht ausbildungsreif. Wer keinen oder nur einen Hauptschulabschluss hat, kommt in Nöte. In dieser Gruppe haben laut nationalem Bildungsbericht fast 40 Prozent auch zweieinhalb Jahre nach Verlassen der Schule noch keine reguläre Lehrstelle gefunden. Viele verharren in frustrierenden Warteschleifen.

Die Beschlüsse Die Berufsorientierung in den Schulen soll verbessert, Lerndefizite sollen früher erkannt werden. Statt Warteschleifen sollen Jugendliche mit "Ausbildungsbausteinen" qualifiziert werden, die später von Betrieben anerkannt werden. Der Anteil der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss soll auf 8,5 Prozent halbiert werden. Die Bundesagentur für Arbeit fördert das Nachholen von Abschlüssen.

Die Kritik Die Beschlüsse sind nicht neu. Das Konzept der Ausbildungsbausteine bleibt vage. Es fehlen pädagogische Begleitprogramme, die Jugendliche aus schwierigen Familien während ihrer Ausbildung stützen. Viele Betriebe fühlen sich mit ihren Auszubildenden alleingelassen. An den Berufsschulen fehlen Förderprogramme, die Lernrückstände aus der früheren Schulzeit abbauen.

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Studenten, ddp

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Hochschule

Die Probleme Die Industrie beklagt bereits einen Fachkräftemangel. Der Anteil eines Jahrgangs, der ein Studium beginnt, ist mit 36 Prozent im internationalen Vergleich gering. Dennoch wird es in den Hörsälen immer enger, weil die letzten geburtenstarken Jahrgänge aus den Schulen strömen. Viele Hochschulen sind baufällig, es fehlen Professoren. Mehr als jeder fünfte Student bricht sein Studium ab.

Die Beschlüsse Bund und Länder wollen mehr Studienplätze schaffen. Bis 2015 sollen 275.000 Studienanfänger zusätzlich an die Hochschulen gehen. Das Ziel ist, 40 Prozent eines Jahrgangs für ein Studium zu gewinnen. Fachhochschulen sollen ausgebaut werden. Um die Forschung zu stärken, soll die Exzellenzinitiative fortgesetzt werden, mit der Spitzenunis und Forschungsprojekte zusätzliches Geld erhalten.

Die Kritik Es gibt noch keine finanziellen Zusagen für den Ausbau der Hochschulen und die Exzellenzinitiative. Die Vereinbarungen auf dem Gipfel gehen nicht über Absichtserklärungen hinaus. Zum Thema Stipendien und Studiengebühren gibt es nicht Neues. Die Forderung des Wissenschaftsrats, eine Milliarde jährlich zu investieren, um die Lehre an den Hochschulen zu verbessern, wurde ignoriert.

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Weiterbildung, dpa

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Weiterbildung

Die Probleme Obwohl von Politikern immer wieder lebenslanges Lernen propagiert wird, stagniert die Weiterbildung in Deutschland. Die Budgets dafür sind zum Teil drastisch gekürzt worden. Zahl und Anbieter für Fortbildungen sind unübersichtlich, die Qualität oft unklar. Nur wenige Meister, Techniker und Fachwirte schaffen es, an eine Hochschule zu kommen. Es gibt kaum Studenten ohne Abitur.

Die Beschlüsse Der Bund will die Teilnahme an Weiterbildungskursen mit einer Prämie fördern und Beratungsangebote verbessern. "Aufstiegsstipendien" sollen beruflich Qualifizierten helfen, ein Studium zu beginnen. Die Länder wollen einheitliche Kriterien erstellen, nach denen ein Studium ohne Abitur möglich ist. Ein Wettbewerb soll die Hochschulen ermuntern, mehr berufsbegleitende Studiengänge anzubieten.

Die Kritik Die Beschlüsse bekräftigen nur schon getroffene Vereinbarungen. Unklar bleibt, wie ältere, gering Qualifizierte für Fortbildungen gewonnen werden. Ungelöst ist die Studienfinanzierung für diejenigen, die nach den neuen Bachelor-Abschlüssen zunächst berufstätig sind und erst später für ein Master-Studium wieder an die Uni gehen.

Bild: dpa (SZ vom 23.10.2008/bön)

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