Was Personaler von Bewerbern erwarten:Zeig, was du kannst!

Kreatives Anschreiben und intelligente Fragen: Was erwarten Chefs von Bewerbern - und was nervt sie besonders? Fünf Ausbilder verraten es.

Miriam Hoffmeyer

Was erwarten Chefs von Bewerbern - und was nervt sie besonders? Miriam Hoffmeyer hat fünf Ausbilder gefragt.

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Nur nicht zu eintönig: Die meisten Vorgesetzten sind dankbar, wenn ein Bewerber aus der Reihe fällt - doch allzu extravagant darf er auch nicht sein.

(Foto: dpa)

Der Zeitpunkt

Noch anderthalb Jahre Schule? Dann ist es Zeit, sich zu bewerben. Die Personalabteilungen der Unternehmen sind das gewöhnt. Sie schauen sich gern auch ein Zeugnis aus dem vorletzten Schuljahr an. Und wer sich frühzeitig um eine Ausbildungsstelle oder einen dualen Studienplatz kümmert, hat nach der Schule nicht nur direkten Anschluss, sondern steht von vornherein besser da. "Wenn sich einer früh bewirbt und nicht erst auf den letzten Drücker, sehe ich daran, dass er wirklich Interesse an dem Beruf hat", meint zum Beispiel der Handwerksmeister Walter Rommel, der in seinem Betrieb für Gas-, Wasser- und Sanitär-Installation im schwäbischen Waiblingen drei Azubis betreut.

Das Zeugnis

Wer Grund zur Hoffnung hat, dass das nächste Zeugnis erheblich besser wird als das letzte, sollte allerdings lieber noch ein bisschen warten. Denn fast alle Unternehmen schauen zuerst auf die Schulnoten. Oft werden Bewerbungen automatisch aussortiert, weil der Notendurchschnitt unter einem vorher festgelegten Wert bleibt. Dieser Wert liegt meistens irgendwo zwischen 2,4 und 3,0. Je nachdem, wie viele Azubis ein Unternehmen in einer bestimmten Region braucht und mit wie vielen Bewerbern es rechnet, werden die Anforderungen herauf- oder heruntergesetzt. Es gibt aber auch Ausnahmen: "Wir gehen nicht nach Schulnoten", versichert Manuela Steffens, die bei Ikea Hamburg für die Ausbildung verantwortlich ist. "Das Wesentliche sind Persönlichkeit und Teamfähigkeit des Bewerbers."

Der Brief

Das letzte Zeugnis war gut genug? Oder es muss reichen, denn die Noten werden so oder so nicht mehr besser? Dann kann es losgehen. Obwohl heute praktisch jeder ein Rechtschreibprogramm zur Verfügung hat, berichten Ausbildungsleiter immer wieder entsetzt von den vielen, eigentlich überflüssigen Fehlern in Bewerbungsschreiben. Für die Formulierungen gilt: Nichts ödet mehr an als Standardphrasen aus dem Bewerbungsratgeber! "Mit 08/15-Formulierungen kann man sich nicht herausheben", sagt Manuela Steffens von Ikea. "Bei uns passt es, wenn es ungewöhnlich aussieht. Es darf sogar ein bisschen verrückt sein, wenn nur der Inhalt gut ist!"

Der Lebenslauf

Mit zu viel Originalität in der Gestaltung kann man anderswo allerdings daneben liegen. Was immer richtig ist: möglichst genau und nachvollziehbar aufschreiben, was man schon kann und warum man ausgerechnet diesen Platz bei gerade dieser Firma haben möchte. "Ich finde es gut, wenn jemand wirklich über sich selbst schreibt. Man merkt sehr schnell, ob eine Bewerbung authentisch ist", meint Claudia Reiss, die beim Softwarekonzern SAP in Walldorf für die dualen Studiengänge Wirtschaftsinformatik und Sales & Consulting sowie für die kaufmännische Ausbildung zuständig ist. Ihrer Erfahrung nach gibt es viele Möglichkeiten, kreativ zu sein: "Manche Bewerber schicken einen Link zu ihrer Homepage, auf der Infos zu ihren Projekten oder ihrem Engagement stehen. So etwas sehen wir sehr gern." Je konkreter, desto besser - das findet auch Hans-Georg Kny, Ausbildungsexperte beim Siemens-Konzern in München: "Wer sich für eine IT-Ausbildung bewirbt, sollte nicht nur schreiben, dass er mal ein Praktikum in dem Bereich gemacht hat, sondern dass er zum Beispiel schon einmal ein Betriebssystem konfiguriert hat."

Das Formular

Fast alle großen und auch viele mittlere Unternehmen bieten heute die Möglichkeit, sich elektronisch zu bewerben, einige nehmen gar keine Bewerbungen auf Papier mehr an. Das hat für die Bewerber einige Vorteile. Sie sparen nicht nur Porto - es ist auch leichter, ein vorgegebenes E-Formular auszufüllen als sich ein komplettes Anschreiben auszudenken. Doch Vorsicht: Rechtschreibfehler, Kraut-und-Rüben-Sätze und andere Schlampigkeiten fallen auch auf dem Bildschirm auf! "Wir wünschen uns ordentliche Sätze und kein SMS- Deutsch", sagt Hans-Georg Kny. Seiner Erfahrung nach werden viele E-Formulare schludrig ausgefüllt. "Wir wissen aus Umfragen, dass 40 Prozent der Bewerber die Online-Bewerbung zu schnell bearbeiten. Dadurch werden oft Chancen vertan!"

Während die meisten Felder des Siemens-Bewerbungsformulars nur mit ein paar Worten ausgefüllt werden müssen, gibt es auch zwei offene Felder, in denen die Jugendlichen zum Beispiel über weitere Qualifikationen und über ihre Motivation schreiben können. Wenn man solch ein Feld einfach freilässt, verschenkt man die Möglichkeit, sich positiv abzuheben. Wer sich in seiner Freizeit in irgendeiner Form engagiert - sei es im Sportverein, im Schulchor, bei der freiwilligen Feuerwehr, als Nachhilfelehrer oder sonstwo - sollte das unbedingt in die Bewerbung schreiben. Dasselbe gilt für erste Berufserfahrungen, etwa in Praktika oder Übungsfirmen. Solche Informationen sind für die Ausbildungsleiter wichtig, denn sie entnehmen daraus, dass der Bewerber schon mal in einem Team gearbeitet hat, Kritik vertragen kann und bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.

Das Foto

Übrigens ist es heute nicht mehr notwendig, sich mit Bild zu bewerben - elektronische Bewerbungsformulare großer Unternehmen wie das von Siemens sehen dafür gar keinen Platz vor. Seit Inkrafttreten des Antidiskriminierungsgesetzes ist es für die Arbeitgeber riskant geworden, ein Foto einzufordern, da dieses Rückschlüsse zum Beispiel auf ethnische Herkunft oder eine Behinderung zulässt. Es schadet aber auch nichts, wenn man der Bewerbung ein Foto beifügt.

Das Auftreten

Geschafft - die Einladung zum Bewerbertag ist da. Für die Kleidung gilt die bekannte Faustregel: Man zieht sich etwa so an, wie es in der jeweiligen Branche üblich ist, und lieber ein bisschen zu fein als underdressed. Bei großen Unternehmen ist dem Vorstellungsgespräch häufig ein Eignungstest oder ein Assessment Center vorgeschaltet. Ausgeschlafen zu sein ist elementar, sonst kann man schon an einfachen Matheaufgaben oder Testfragen zum Kurzzeitgedächtnis scheitern. Beim Assessment Center müssen Bewerber zum Beispiel Kurzvorträge halten oder mit anderen diskutieren. Hier achten die Beobachter darauf, ob Bewerber selbstbewusst auftreten und schlüssig argumentieren, ob sie nicht zu dominant sind und auch nicht zu still. Anderen das Wort abzuschneiden, gilt als Beweis für mangelnde Teamfähigkeit. Wer in dieses Fettnäpfchen tritt, wird meist mit einem kurzen Feedback nach Hause geschickt.

Das Gespräch

Ob mit oder ohne Assessment Center - irgendwann folgt das Vorstellungsgespräch, in dem die endgültige Entscheidung fällt. "Es ist schön, wenn jemand gut auf Leute zugehen kann", sagt Stephan Rudolph, Leiter Berufsausbildung bei der Allianz AG in München. "Das Bewerbungsgespräch ist schließlich das erste Verkaufsgespräch." Ausbildungsleiter wünschen sich offene, freundliche und vor allem gut vorbereitete Bewerber. Man sollte die Firmen-Website gründlich gelesen haben, um nicht bei simplen Fragen ("Wie heißt unser Vorstandsvorsitzender?") ins Schwitzen zu kommen.

Ansonsten geht es vor allem darum, noch einmal ausführlich über die eigene Qualifikation und Motivation Auskunft zu geben. So sicher wie das Amen in der Kirche kommt irgendwann auch die Aufforderung an die Bewerber, selbst Fragen zu stellen. "Wegen mangelnder Vorbereitung fällt vielen da nichts ein", hat Hans-Georg Kny von Siemens festgestellt. Rudolph kennt das: "Negativ finde ich, wenn nicht vorbereitet sind, und gar keine Fragen haben - oder wenn man jemandem alles aus der Nase ziehen muss."

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