Bewerbung:Wer trägt die Kosten fürs Vorstellungsgespräch?

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Die Bahnfahrt zum Vorstellungsgespräch zahlt in der Regel immer das Unternehmen. Anders sieht es bei einem Flug oder dem Verdienstausfall aus.

(Foto: imago/Westend61)

Viele Bewerber sind unsicher, ob der potenzielle neue Arbeitgeber für Anfahrt, Hotel-Übernachtung oder Verdienstausfall aufkommt. Dabei gibt es klare Regelungen.

Von Ina Reinsch

Dominic Peters erinnert sich noch gut an eine seiner ersten Bewerbungen nach dem Studium. Ein Mittelständler hatte den Augsburger Bauingenieur zu einem Vorstellungsgespräch in den Norden Deutschlands eingeladen. Da das Kennenlernen für zehn Uhr morgens angesetzt war, buchte er zusätzlich zur Bahnfahrt ein Hotel. "Ich habe noch überlegt, ob ich vorher fragen soll, wie teuer das Ganze werden darf", sagt Peters, der seinen richtigen Namen lieber nicht in der Zeitung veröffentlicht sehen möchte. "Aber ich wollte keine schlafenden Hunde wecken."

Peters reichte die Reisekosten ein und erlebte eine böse Überraschung. Der Arbeitgeber übernahm zwar das Bahnticket, weigerte sich aber, die Hotelkosten zu erstatten, weil das in seinem Hause unüblich sei. "Für mich waren damals 70 Euro viel Geld", sagt Peters, "aber ich wusste nicht so recht, was ich machen sollte."

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber zahlen

Viele Bewerber sind unsicher, was sie ihrem potenziellen neuen Arbeitgeber nach der Einladung zum Vorstellungsgespräch in Rechnung stellen dürfen. Dabei hat sich das Bundesarbeitsgericht bereits 1988 in einer grundlegenden Entscheidung mit dem Thema beschäftigt (Aktenzeichen: 5 AZR 433/87): "Hat der potenzielle Arbeitgeber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, muss er immer die Kosten erstatten, die der Bewerber für erforderlich halten durfte, und zwar unabhängig davon, ob der Bewerber eingestellt wird oder nicht", erklärt Hermann Gloistein, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Halle.

"Konkret zählen dazu die Kosten einer Bahnfahrt zweiter Klasse, aber auch Hotelkosten, wenn dem Bewerber eine Anreise am gleichen Tag vor dem Bewerbungsgespräch nicht zugemutet werden kann", sagt Gloistein. Auch der Mehraufwand für Verpflegung sei, angelehnt an die steuerlichen Sätze, erstattungspflichtig. Reist der Bewerber mit dem eigenen Fahrzeug an, kann er Kosten von 30 Cent je Kilometer geltend machen.

Doch was heißt nun "erforderlich"? Sind 70 Euro für ein Hotel schon zu viel? Und muss es immer die Bahnfahrt zweiter Klasse sein, wenn es den Flug zum gleichen Preis gibt? "Eine konkrete Rechtsprechung, wie viel ein Hotel kosten darf, existiert nicht", sagt Gloistein. Der sogenannte Aufwendungsersatzanspruch des Bewerbers hat seine Grundlage im Auftragsrecht in Paragraf 670 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. "Hier gibt es große Wertungsspielräume. Sicher kann man sagen: Das Adlon geht nicht, aber es muss auch nicht die Jugendherberge sein", sagt der Anwalt. "Die Kosten müssen sich vielmehr in der Wertigkeit der Stelle widerspiegeln."

Öffentlicher Nahverkehr statt Taxi

Ob der Bewerber zum Vorstellungsgespräch fliegen darf, ist umstritten. "Es gibt gerichtliche Entscheidungen, die das generell verneinen, es sei denn, der Arbeitgeber hat das Fliegen ausdrücklich erlaubt oder es spiegelt sich in der zu besetzenden Position wider", sagt Gloistein. Kosten Flug und Bahnticket aber tatsächlich gleich viel, plädiert der Jurist für eine praktische Lösung: "Wenn es die Interessen des Arbeitgebers nicht schmälert, spricht nichts gegen das Fliegen. Ich würde dann aber empfehlen, in der Abrechnung auf den gleichen oder sogar günstigeren Preis des Flugtickets hinzuweisen."

Wer mit dem Taxi zum Vorstellungsgespräch fährt, muss sich allerdings darauf einstellen, dass der mögliche neue Chef abwinkt. "Grundsätzlich muss der Bewerber mit dem öffentlichen Nahverkehr anreisen", sagt Michael Felser, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Brühl bei Köln. "Taxikosten sind in der Regel nur dann erstattungspflichtig, wenn der Arbeitgeber auf seiner Website auf eine Anreisemöglichkeit mit dem Taxi hinweist."

Nicht erstattungsfähig ist auch der Verdienstausfall. "Nach allgemeiner Ansicht fällt es in die Risikosphäre des Bewerbers, wenn er wegen eines Vorstellungstermins nicht arbeiten kann", sagt Gloistein. Auch die Kosten der Bewerbungsunterlagen wie Mappe, Foto oder Porto muss der Aspirant aus eigener Tasche zahlen. Einzige Ausnahme: "Wenn der Arbeitgeber den Bewerber zur Einreichung von Unterlagen auffordert, die einen besonderen Aufwand darstellen, wie etwa ärztliche Bescheinigungen, muss er diese bezahlen."

Weigert sich der Arbeitgeber, bleibt der Gang vors Arbeitsgericht

Häufig werden Bewerber über einen Headhunter oder eine Personalvermittlung zum Vorstellungsgespräch beim Arbeitgeber gebeten. "Die Kosten müssen Bewerber in diesem Fall immer gegenüber dem einladenden Arbeitgeber geltend machen", sagt Felser. Headhunter oder Personalvermittler müssten nur dann zahlen, wenn mit ihnen eine entsprechende Vereinbarung getroffen wurde.

Einige Arbeitgeber, vor allem im öffentlichen Dienst, schließen die Übernahme der Vorstellungskosten von vornherein ausdrücklich aus. Das ist zulässig. "Ein solcher Hinweis kann bereits in der Stellenausschreibung erfolgen", so Felser. "Spätestens im Einladungsschreiben muss der Arbeitgeber aber darauf aufmerksam machen." Das bedeutet umgekehrt auch: "Sagt der Arbeitgeber nichts, hat der Bewerber einen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Kosten."

Weigert sich der neue Arbeitgeber im Nachhinein, die Zeche zu begleichen, bleibt Bewerbern häufig nur der Gang zum Arbeitsgericht. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre zum Jahresende. Allerdings müssten Bewerber auf eventuelle tarifvertragliche Verfallfristen achten, die manchmal drei, manchmal sechs Monate betragen könnten und auch im vorvertraglichen Bereich gelten, warnt der Jurist.

In der Praxis spielen solche Prozesse allerdings keine große Rolle, viele Bewerber verzichten dann lieber auf ihr Geld. Wer eine Arbeitsrechtsschutzversicherung abgeschlossen hat, ist hier klar im Vorteil. "Gibt es Streit um die Übernahme von Kosten, ist die Führung des entsprechenden Rechtsstreits grundsätzlich über eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt", sagt Maschamay Poßekel von der DEVK. Dafür müsse der Vertrag den sogenannten Arbeitsrechtsschutz enthalten, eine Klage hinreichende Aussicht auf Erfolg haben und die Wartezeit erfüllt sein.

Werbungskosten in der Steuererklärung geltend machen

Bewerber können ihre Ausgaben auch bei der Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen. "Angesetzt werden können alle Ausgaben, die getätigt wurden, um Einnahmen zu erzielen", sagt Claas Peter Müller, Steuerberater in Hamburg. Zu den möglichen Ausgaben zählten unter anderem die Kosten für Briefpapier, Porto, Telefonate oder die Reise zum Vorstellungsgespräch. Hat der Arbeitgeber die Kosten übernommen, können sie allerdings nicht noch einmal steuerlich geltend gemacht werden.

Der Steuerberater rät Bewerbern, die entsprechenden Nachweise sorgfältig aufzubewahren, eine Schätzung der Ausgaben genüge in der Regel nicht. Zudem wirkten sich die Aufwendungen steuerlich nur aus, wenn die Werbungskostenpauschale von 1000 Euro im Jahr überschritten wird.

Der junge Bauingenieur Dominic Peters blickt indessen mit gemischten Gefühlen auf seine Bewerbung zurück. "Ein befreundeter Anwalt hat mir klargemacht, dass ich Anspruch auf Erstattung der Hotelkosten habe. Ein Anwaltsbrief hat dann rasch für Klarheit und den geforderten Zahlungseingang gesorgt." Den Job bekam Peters nicht.

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