Einen Lebenslauf zu schreiben kostet Zeit und Nerven. Einen Lebenslauf zu lesen ebenfalls. Mit dem Versprechen, Bewerbern und Arbeitgebern diesen Job zu erleichtern, sind in den letzten Jahren eine Reihe neuer Internetplattformen angetreten, zum Beispiel Talentcube, Skillster oder Jobclipr. Ihre Methoden zur Stellenvermittlung erfordern vor allem eines - einen Hang zur Selbstdarstellung.
"Zusammenbringen, was zusammenpasst", steht auf der Startseite der Plattform Skillster. Hinter der Schrift eine Zeichnung: Ein Mann und eine Frau geben sich die Hand. Es sieht nicht nach Liebe aus. Ist es auch nicht. Skillster will keine Singles zusammenbringen, sondern Arbeitgeber und Arbeitsuchende. Die Mittel dazu sind fast dieselben wie die der Partnerbörsen: Videos, Tests, Algorithmen.
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Das funktioniert so: Der Jobsuchende nimmt eine Kamera, drückt den Aufnahmeknopf und spricht über seine Erfahrungen, seine Wünsche und Ziele. Er zeigt, wer er ist, stellt das Video auf die Webseite von Skillster und zahlt 25 Euro. Erst dann kann er ein Profil anlegen und den zweiten Schritt tun: einen Persönlichkeitstest ausfüllen, der prüft, ob er ein emotionaler oder intuitiver Typ ist oder eine andere der insgesamt 16 Persönlichkeiten. Dauer: 99 Sekunden für das Video, wenige Minuten für den Test, unbestimmte Zeit für eine Antwort von einem Unternehmen.
Der Personaler geht auf die Webseite von Skillster, scrollt sich durch die Profile, sieht sich die Videobotschaften an, sucht nach Persönlichkeitsmerkmalen, die Kandidaten in seinem Team haben sollen. Im besten Fall gibt es ein Match, eine Übereinstimmung zwischen dem, was das Unternehmen sucht und dem, was der Kandidat bietet. Sobald der Personaler einen passenden Bewerber findet, kann er dessen Kontaktdaten kaufen. Eine E-Mail-Adresse oder Telefonnummer kostet 275 Euro, zehn gibt es für 2500 Euro.
Authentischer im Clip? Videocoaching gibt es für 50 Euro
Skillster nimmt die Rolle des Vermittlers ein zwischen denen, die Arbeit suchen, und denen, die Arbeit geben. Es gibt keine Stellenanzeigen, es gibt nur zwei Partner, die sich finden sollen. Die Plattform dreht die Art und Weise, wie Bewerbungen bisher ablaufen, einfach um. Lisa Groiss ist Geschäftsführerin von Skillster. Sie sagt: "Für jeden Deckel gibt es einen Topf." Dem Jobsuchenden wird suggeriert, er müsse nicht länger suchen. Es ist vom Finden die Rede - und vom Gefundenwerden.
Um gefunden zu werden, müsse sich der Bewerber nur möglichst authentisch vorstellen, so Groiss. Sollte das nicht funktionieren, kann er einen Video-Coach für 50 Euro buchen, dessen Anweisungen beherzigen und hoffen, dass er nun besser gefunden wird. Und der Personaler müsse sich nicht durch Stapel voller Lebensläufe quälen, ohne ein Bild der Person zu haben, die dahintersteckt. Auch er werde nicht lange suchen, sondern finden - dank Algorithmen, die ihm Personen mit den passenden Persönlichkeitsmerkmalen vermitteln.
Gelingt das? Groiss weiß nicht genau, wie viele der etwa 300 angemeldeten Bewerber bei den rund 50 Unternehmen aus verschiedensten Branchen bereits einen Arbeitsvertrag unterschrieben haben. "Es werden etwa zehn Prozent der Bewerber sein", schätzt sie. Doch es sollen mehr werden. Zurzeit sucht Groiss nach Investoren. Bald sollen die Bewerber keine Einrichtungsgebühr mehr zahlen müssen. Dann, so hofft sie, wird die Bewerberzahl auf 10 000 bis 20 000 ansteigen: "In fünf Jahren könnten es bereits 100 000 sein."
Auch das Münchner Start-up Jobclipr will hoch hinaus. "Wir bauen unsere Position als führende Video-Jobbörse für Unternehmen und Bewerber im deutschsprachigen Raum weiter aus", sagt Geschäftsführer Tjalf Nienaber. Das Rezept zum Erfolg lautet auch hier: Selbstdarstellung. "Zeig, wer du bist", heißt es auf der Jobclipr-Webseite. Das gilt nicht nur für die Bewerber, sondern auch für die Unternehmen.
Verdeckter Stellenmarkt:"In der Personalabteilung brauchen Sie nicht anzurufen"
Denn die besten Jobs werden dort nur selten vergeben. Vor allem für Quereinsteiger ist der verdeckte Stellenmarkt viel interessanter.
Beide können eine digitale Visitenkarte erstellen - mit Videos, Fotos und eingebetteten Einträgen aus sozialen Medien. Das Profil dient als Schaufenster. Vor allem für Unternehmen. Dafür nimmt der Arbeitgeber die Kamera in die Hand, drückt auf Aufnahme und gibt einen Einblick in die Firma. Er filmt und fotografiert die Arbeitsplätze, die Mitarbeiter, die Produkte und Dienstleistungen, die in den Geschäftsräumen verkauft werden. Er bettet Einträge aus sozialen Netzwerken ein, zeigt sich den Bewerbern und beantwortet damit Fragen, die eine Stellenanzeige allein nicht beantworten kann.
Firmen zahlen mit Geld, Bewerber mit Daten
Der Arbeitgeber kann auch auf Jobclipr mehr tun als nur gefunden zu werden. Er kann selbst aktiv suchen. Dazu scrollt er durch Bewerberprofile, klickt auf "interessant", wenn ihn ein Kandidat überzeugt, und tritt mit ihm in Kontakt. Auch das hat seinen Preis: Nur das Anlegen eines dürren Firmenprofils ist gratis. Profile, die mehr leisten sollen, mit unbegrenzt vielen Bildern, Videos, Einträgen aus sozialen Medien und der Möglichkeit, Kandidaten Nachrichten zu schreiben, gibt es ab 2900 Euro im Jahr.
Bewerber hingegen können sich kostenlos mit Text, Bildern, Dokumenten und Videos darstellen. Zurzeit sind etwa 1000 Unternehmen bei Jobclipr angemeldet - und ungefähr ebenso viele Bewerber. "Da ist noch Luft nach oben", sagt Nienaber. "Viele Jobsuchende haben Angst, sich falsch zu präsentieren." Vielleicht ist ihnen aber auch der Preis zu hoch: Schließlich zahlen sie mit ihren persönlichen Daten.