Süddeutsche Zeitung

Bewerbung:Nicht jedes Nein ist endgültig

Viele Bewerber ärgern sich über Absagen und melden sich nie wieder bei der Firma. Besser wäre es, sie würden sich bei dem Unternehmen bedanken.

Von Larissa Holzki

Es sind meist nur wenige Worte, die die Hoffnung auf einen neuen Job zunichtemachen. "Vielen Dank für Ihre Bewerbung. Leider müssen wir Ihnen mitteilen ..." Viele Unternehmen verschicken Standardabsagen oder sagen einem Bewerber gar nicht ab. Letzteres ärgert Jobsuchende laut einer Forsa-Umfrage am meisten. Mit der Frage nach den Gründen werden sie in aller Regel alleingelassen. Jeder zweite Bewerber ist davon genervt. Aber was können sie dagegen tun?

Seit das Allgemeine Gleichstellungsgesetz gilt, haben Arbeitgeber Angst, sich juristisch angreifbar zu machen und schreiben deshalb nur drei, vier Standardsätze oder gar nichts. Zumindest öffentlich-rechtliche Arbeitgeber kommen damit nicht durch: Nach einer Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln müssen sie Bewerbern erläutern, warum sie nicht berücksichtigt wurden. Und zwar binnen zwei bis vier Wochen vor der Stellenbesetzung.

Jobsuchende, die sich in der freien Wirtschaft bewerben, müssen in den meisten Fällen weiterhin alleine nach Gründen suchen. Schwierig wird das, wenn sie regelmäßig schon nach Durchsicht der Unterlagen aussortiert werden. Diese Kandidaten sollten sich fragen, ob sie sich systematisch auf die falschen Stellen bewerben, sagt Karriere-Berater Bernd Slaghuis. Unverständlich formulierte Lebensläufe oder ein zu dickes Auftragen im Anschreiben könnten weitere Gründe für das Scheitern sein. Da helfe nur das Coaching-Standardrezept: "Wenn etwas nicht funktioniert, mach es anders."

Geben Unternehmen ihren Bewerbern nicht von sich aus Informationen über den Fortgang von Auswahlverfahren, finden Betroffene Unterstützung beim Onlinestellenmarkt Jobware. Der Bewerberservice hilft kostenlos dabei, Auskunft über den Bearbeitungsstand zu bekommen.

Abgelehnte Bewerber sollten Feedbackangebote nutzen

Bewerber, die vor der Absage schon eine oder zwei Runden weiter gekommen sind, sollten versuchen, ein Feedback von den Personalverantwortlichen zu bekommen, sagt Slaghuis: "Zu wissen, woran es gelegen hat, kann für die nächste Bewerbung unheimlich hilfreich sein."

Für Stefanie Link ist das nur einer von vielen positiven Effekten. Die Personalmanagerin des Beratungsunternehmens cmx consulting hat in den vergangenen sieben Jahren Hunderte Bewerbungsgespräche mit Beratern, Vertrieblern, Assistenten, Personalsachbearbeitern und IT-Experten geführt. Jedem, den sie nicht anstellen kann, bietet sie anschließend ein Feedback-Gespräch an. "Mir ist wichtig, dass beide Seiten mit einem guten Gefühl aus der Situation hervorgehen können", sagt Link.

Denn eine Absage gelte nicht für immer. "Manchmal liegt es ja gar nicht an der Person, sondern daran, dass der Job nicht gepasst hat oder die Qualifikation zu diesem Zeitpunkt nicht", sagt Link. Aus Unternehmenssicht möchte sie diesen Bewerbern gern die Tür für eine Wiederbewerbung offenhalten. Für interessante Kandidaten hat sie deshalb auch eine Alumni-Gruppe in einem Karrierenetzwerk eingerichtet. Dort postet sie regelmäßig Neuigkeiten aus dem Unternehmen und hält Kontakt.

Manchmal klappt es später oder mit einem anderen Job

Allerdings gehen bisher nur wenige Bewerber auf das Feedback-Angebot von Stefanie Link ein. Möglicherweise stehen sich Kandidaten mit ihrem Ärger und ihrer Enttäuschung selbst im Weg: "Je schmerzhafter und unverständlicher Absagen sind, desto mehr lohnt es sich, dranzubleiben", sagt Karrierecoach Slaghuis. Er rät Kandidaten, die schon im intensiven Kontakt mit einem Unternehmen standen, nach der Absage Professionalität zu beweisen und sich zu bedanken.

"Wenn ich ein echtes Interesse an dem Unternehmen und der Position habe, würde ich mit einem Dankschreiben oder einem Anruf noch mal ein Statement setzen", sagt Slaghuis. Darin sollten Bewerber ihre Wertschätzung für die Gesprächspartner und die Firma zum Ausdruck bringen, Lob und Kritik am Bewerbungsverfahren äußern und auch noch mal betonen, warum sie immer noch glauben, dass diese Stelle gut für sie wäre und was das Unternehmen von ihnen hätte. Anbiedern sollten sie sich jedoch nicht: "Bitte, Bitte sagen, macht einen Bewerber schwach", sagt Slaghuis.

Wie das Arbeitgeber-Feedback von Stefanie Link ist auch das Bewerber-Feedback eine Möglichkeit, gute Voraussetzungen für eine erneute Bewerbung beim gleichen Unternehmen zu schaffen. Besteht der ausgewählte Kandidat die Probezeit nicht oder wird kurz darauf eine ähnliche Stelle frei, kann es dazu beitragen, dass sich ein Personaler noch an den Bewerber erinnert, der nur knapp das Nachsehen hatte.

Nicht Bitte, Bitte sagen, sondern Danke

Dass man mit einem Dankschreiben aber auch postwendend eine zweite Chance bekommen kann, zeigt der Fall von Volkan Sazli. Der 23-Jährige hat sich vor anderthalb Jahren um einen Ausbildungsplatz als Kaufmann für Marketingkommunikation bei der Aktion Mensch beworben. Doch nach der Teilnahme an einem Online-Test wurde er abgelehnt. "Für mich ist eine Welt zusammengebrochen", sagt Sazli. "Ich wollte diese Stelle unbedingt und hatte in meinen Augen im Test sehr gut abgeschnitten."

Zusammen mit guten Wünschen für das weitere Auswahlverfahren und einem Vorschlag zur Verbesserung des Online-Tests schrieb er das in eine E-Mail an die Personalleiterin. Der imponierte die Hartnäckigkeit und die Kritik des jungen Bewerbers. Einen Tag später ludt sie ihn zum Auswahltermin ein. Die Ausbildungsstelle hat Volkan Sazli am Ende zwar nicht bekommen, geholfen hat ihm die Einladung trotzdem: "Dort habe ich herausgefunden, dass der Arbeitgeber nicht zu mir passt und ich der Stelle nicht nachtrauern muss."

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