Bewerbung mit Video:Film ab für den Job

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Anschreiben und Lebensläufe wirken in ihrer Perfektion oft standardisiert, das Individuelle ist verlorengegangen - eine Chance fürs Bewerbungsvideo. Aber Vorsicht: Man kann sich auch blamieren.

Maja Roedenbeck

Philipp ist 16, sucht einen Ausbildungsplatz als Immobilienkaufmann und macht auf "myJobVideo", einer Online-Plattform für Bewerbungsvideos, eine gute Figur: In Hemd und Pullunder sitzt er gut ausgeleuchtet auf einem Bürostuhl und erzählt von der Fachoberschule. So selbstbewusst, wie er schon als Schüler wirkt, kann man ihn sich gut als Makler im Kundengespräch vorstellen. Allerdings nuschelt er ein bisschen und schaut ziemlich ernst drein. Irgendwie fehlt der Sympathie-Faktor.

Bewerbungsvideo: Sahnehäubchen auf der Bewerbung. (Foto: Foto: iStock)

Ganz anders bei Dilan, 20, die von einer Ausbildung zur Werbekauffrau träumt. Sie lächelt, erklärt mit ein paar Versprechern ihre Leidenschaft fürs Kreative und wirkt einfach echt. Allerdings kratzt sie sich ständig an der Schulter, verfällt gelegentlich in Jugendjargon und hockt umrahmt von Teddys und Schmusekissen auf ihrem Bett. Das sieht eher nach einem verspielten Mädchen aus als nach einer jungen Frau, die reif für den Einstieg ins Berufsleben ist.

Fasse dich kurz

Eine Auswertung der Bewerbungsvideos bei "myJobVideo" zeigt: Dilan, Philipp und all die anderen, die dort auf Stellensuche sind, machen ihre Sache für den Anfang gar nicht schlecht. Bewerber, denen die Kameraführung das Kinn abschneidet, oder die man vor lauter Nebengeräuschen kaum versteht, sind die Ausnahme. Allerdings ist jedes Video verbesserungswürdig - und dabei handelt es sich nicht um perfektionistische Details, sondern um Bewerbungs-Grundregeln. Wer sich die Tipps zu Gemüte führt und nicht nur ein paar davon, sondern alle beherzigt, lässt die Konkurrenz schnell hinter sich:

Gib dir Mühe. Achte auf ein gepflegtes Erscheinungsbild. Pudere dein Gesicht (auch Jungs!), damit es nicht glänzt. Achte auf genug Licht, eine ruhige Umgebung und einen seriösen Hintergrund. Schau in die Kamera. Lächle zwischendurch. Sprich deutlich und locker, nicht wie ein Moderator. Mach Atempausen. Sitz oder steh entspannt, aber nicht zu lässig. Fasse dich kurz, ein bis zwei Minuten sind genug. Betrachte das Video als Sahnehäubchen auf der Bewerbung, die zusätzlich immer auch Anschreiben, Lebenslauf und Arbeitsproben enthält. Wiederhole nicht einfach den Inhalt der schriftlichen Unterlagen, sondern bringe zusätzliche Infos.

Aus dem Stegreif

Die allerwichtigste Regel lautet: Sei authentisch, eine echte Persönlichkeit! Nur - wie geht das? Susanne Bruha, 30, ausgebildete Videojournalistin und Moderatorin des Berlinale-Videotagebuchs beim digitalen ARD-Sender EinsFestival, hat Profi-Tipps parat. Sie macht beruflich das, was ein Videobewerber wahrscheinlich zum ersten Mal in seinem Leben probiert: vor der Kamera sprechen. Nicht wie Günther Jauch und Kollegen mit massenhaft Technik und großem Team, sondern mit Handkamera und aus dem Stegreif.

"Das Lockersein vor der Kamera hat nicht gleich geklappt", sagt Bruha, "das musste auch ich üben." Vor ihrem ersten Drehtermin hat sie ihre Digitalkamera auf Augenhöhe ins Bücherregal gestellt, die Videofunktion eingeschaltet und einfach drauflos gequatscht. "So merkt man schnell, was gar nicht geht. Ich hab gesprochen, wie ich normalerweise spreche: wild gestikulierend und nachdrücklich, dann aber bei der Kontrolle gemerkt, dass ich die ganze Zeit die Augen aufreiße und mit dem Kopf wackle!"

Auf der nächsten Seite: Wie Bewerber lernen, authentisch zu sein - und wie sie mit kleinen Pannen umgehen sollten.

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Stichwortzettel in der Tasche

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Die Videojournalistin hält nichts davon, den Text auswendig zu lernen. "Es ist Denkarbeit genug, darauf zu achten, dass man die Kamera wie einen Zuschauer behandelt. Zusätzlich noch einen Text fehlerfrei aufzusagen, klappt meist nicht." Lieber einen Stichwortzettel mit einem roten Faden in der Tasche haben und ansonsten frei sprechen. So entsteht eine lockere Situation, die durch ein kurzes Innehalten und Nachdenken oder ein spontanes Lachen erst so richtig natürlich wirkt: "Brecht nicht gleich ab, wenn es nicht perfekt läuft", rät Bruha, "denn es verrät viel über eure Persönlichkeit, wie ihr mit Pannen umgeht. Im besten Fall kommt ihr charmant 'rüber."

Authentisch zu sein, glaubt die improvisationserprobte Reporterin, kann man am besten alleine üben. Der Freund, der einem mit der Kamera in der Hand gegenübersteht, hemmt nur. Und um sich auf den eigenen Auftritt zu konzentrieren, braucht man Ruhe. "Erst wenn ihr beim Ansehen der Aufnahme denkt: 'Das bin jetzt wirklich ich!', seid ihr bereit, das Material zu drehen, das ihr braucht", sagt Bruha. Das ist nicht mal eben schnell in der Freistunde gemacht!

Begeisterungsstürme in der Personalabteilung

Wie erfolgversprechend das Ganze eigentlich ist, kann heute übrigens noch niemand sagen. Dazu ist der Trend zu wenig erforscht. Noch vor ein paar Jahren wurden Bewerbungsvideos als Spielerei für Computer-Nerds belächelt. Jetzt versprechen Anbieter, die sich darauf spezialisiert haben, Begeisterungsstürme in der Personalabteilung.

Doch manche Personaler winken ab: Die Idee sei ja ganz lustig, aber bei der Menge an Bewerbungen bliebe gar keine Zeit, CD-Roms einzulegen oder InternetLinks anzuklicken, schon wegen der Virengefahr. Andererseits gibt es auch Verantwortliche, die den Nutzen der bewegten Bilder sehen, denn die Anschreiben und Lebensläufe der Bewerber wirken in ihrer ratgebertreuen Perfektion heutzutage oft standardisiert, die individuelle Komponente ist verlorengegangen - eine Chance fürs Bewerbungsvideo. Einen Versuch ist es auf jeden Fall wert. Wer sich Mühe gibt, kann damit nicht verlieren. Im schlimmsten Fall guckt es eben einfach keiner.

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