Bewerbung:Lügen legitim

Bewerber müssen sich nicht alles gefallen lassen. Karriereberaterin Doris Brenner erklärt, welche Fragen unzulässig sind - und wie Kandidaten reagieren sollten.

Sarah Pancur

In Vorstellungsgesprächen sind längst nicht alle Fragen erlaubt. Wann der Kandidat eine Antwort schuldig bleiben darf, weiß Doris Brenner aus dem hessischen Rödermark. Die Diplom-Betriebswirtin berät in Personal- und Karrierefragen.

SZ: Welche Fragen sind im Vorstellungsgespräch tabu?

Brenner: Fragen nach der Konfession, der Gewerkschafts- oder Parteizugehörigkeit, nach Schwangerschaft oder dem Gesundheitszustand. Auch Erkundigungen nach finanziellen Verhältnissen oder Vorstrafen sind nicht erlaubt.

SZ: Unter welchen Umständen können trotzdem Tabu-Fragen gestellt werden?

Brenner: Eine Ausnahme sind sogenannte Tendenzbetriebe. Wenn zum Beispiel eine evangelische Kirchengemeinde einen Pädagogen einstellen will, darf sie nach der Konfession fragen. Sucht eine Bank hingegen einen neuen Mitarbeiter, ist diese Frage nicht zulässig. Fragen nach etwaigen Vorerkrankungen sind erlaubt, wenn sich jemand um eine körperlich anstrengende Stelle bewirbt. Wird ein Lagerhelfer gebraucht, darf der Arbeitgeber Informationen darüber einholen, ob der Bewerber schon mal einen Bandscheibenvorfall hatte. Grundsätzlich gilt aber: Der Arbeitgeber darf nur Fragen stellen, die einen direkten Bezug zu den Anforderungen der Stelle haben.

SZ: Wie sollte man denn auf unzulässige Fragen reagieren?

Brenner: Es ist am besten, einfach eine Gegenfrage zu stellen. Ob es für die Tätigkeit bestimmte Voraussetzungen gibt oder welchen Bezug das zu der Stelle hat. Darauf aufmerksam zu machen, dass eine Frage nicht gestattet ist, dürfte für den weiteren Verlauf des Gespräches nicht gerade förderlich sein. Auf der anderen Seite sollte sich jeder gut überlegen, ob er wirklich bei einem Unternehmen arbeiten will, das unzulässige Fragen stellt.

SZ: Ist es in einem solchen Fall erlaubt, eine falsche Antwort zu geben?

Brenner: Ja, bei unzulässigen Fragen darf man sogar lügen. Eine wahrheitswidrige Antwort kann auch später kein Kündigungsgrund sein. Das gilt zum Beispiel, wenn man gefragt wird, ob man schwanger ist, und dies entgegen der Wahrheit verneint. Wird die Schwangerschaft dann bekannt, kann der Arbeitgeber trotzdem nicht kündigen.

SZ: Kann man sich wehren, wenn man den Eindruck hat, wegen einer Tabu-Frage den Job nicht bekommen zu haben?

Brenner: Wenn Sie im Vorstellungsgespräch zum Beispiel gefragt werden, ob Sie Mitglied einer Gewerkschaft sind, und dann nicht eingestellt werden, können Sie auf Schadenersatz klagen. Denn das lässt auf eine Benachteiligung schließen. Man braucht allerdings Indizien - allein die Behauptung, benachteiligt worden zu sein, reicht nicht aus. Können Sie solche Indizien glaubhaft vortragen, muss der Arbeitgeber beweisen, dass er nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz verstoßen hat.

SZ: Wie viel Zeit hat man, um rechtliche Schritte einzuleiten?

Brenner: Innerhalb von zwei Monaten muss der Anspruch geltend gemacht werden. Die Frist beginnt ab dem Zeitpunkt des Eingangs der Ablehnung. Bei einer Benachteiligung muss der Arbeitgeber dann eine Strafe zahlen, die maximal drei Monatsgehälter beträgt.

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