Beurlaubte Ursula Sarrazin:Die umstrittenste Pädagogin Berlins

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Nach einer furiosen Debatte um ihren Umgang mit Schülern lässt sich Grundschullehrerin Ursula Sarrazin beurlauben. Mit Thilo will sie den Ruhestand genießen.

Constanze von Bullion

Sie ist vielleicht nicht die beliebteste Lehrerin der Stadt, mit Sicherheit aber eine der bekanntesten. Ursula Sarrazin, 59 Jahre alt und Grundschullehrerin, wird mittlerweile als umstrittenste Pädagogin Berlins gehandelt. Für die einen, viele von ihnen Eltern, ist sie der Zerberus des Berliner Schulsystems: unerbittlich, herzlos und von wilhelminischer Strenge.

Zieht sich aus dem Schuldienst zurück: Grundschullehrerin Ursula Sarrazin. (Foto: dapd)

Für die anderen ist sie eine Lichtgestalt, eine mutige Kämpferin für ein Bildungswesen, in dem Leistung zählt und Respekt statt liberalem Schlendrian. Ursula Sarrazin, so viel steht fest, ist eine von vielen Berliner Lehrern, denen vieles in ihrem Berufsfeld nicht mehr behagt, aber das hätte vermutlich kaum jemanden interessiert. Wäre sie nicht die Ehefrau des Berliner Ex-Senators und selbst ernannten Völkerkundlers Thilo Sarrazin.

Der hat - nach einer hitzigen Debatte über Moslems und ihre Leistungen - vor Kurzem seine Karriere als Bundesbanker beendet. Nun schmeißt auch seine Frau hin, lässt sich beurlauben, für immer. Nach einer ähnlich hitzigen Debatte über Schüler und ihre Leistungen.

Thilo Sarrazin und seine "Ulla", das ist ein Paar, das sich schon aus Studentenzeiten in Bonn kennt und jetzt, etwas früher als geplant, gemeinsam den Ruhestand genießen will. Das kann man verstehen nach dem Wirbel der letzten Wochen. Unermüdlich und mit fast missionarischem Eifer haben die beiden Interviews gegeben, haben Reporter von Boulevardzeitungen in ihr Wohnzimmer gebeten, um dann zu lesen, ihre Stube im Westend dürfe nur in Pantoffeln betreten werden.

Jetzt geben die Sarrazins keine Interviews mehr, jedenfalls dieser Zeitung nicht, weshalb sich nicht überprüfen lässt, wer nun Recht hat: die Eltern, die sich beschwert haben über den Unterrichtsstil der Ursula Sarrazin. Oder die Sarrazins, die behaupten, Frau Sarrazin werde gemobbt, weil sie Sarrazin heiße.

In der Sache geht es wieder um die Frage, ob die deutsche Gesellschaft verblödet. Thilo Sarrazin hat das in seinem Buch "Deutschland schafft sich ab" mit der Zuwanderung angeblich minderbegabter Moslems erklärt, und er hat schon vor Erscheinen des Buches erzählt, dass seine Frau ihm Anstöße zu dem Buch gab - mit Alarmberichten aus Berliner Schulen. Zwei bis drei Noten schlechter seien dort die Leistungen im Vergleich zu Bonn oder Mainz, wo die Sarrazins herkamen. Es mangele auch an Disziplin und Disziplinierung. Ursula Sarrazin sagt von sich, sie trete "konsequent" auf.

Eltern sagen anderes, ihre Beschwerden sollen vier Ordner bei der Schulverwaltung füllen. Die Lehrerin schreie Kinder an, sei arrogant, bringe Schüler zum Weinen. Eine Mutter berichtete, sie habe einem Erstklässer verboten, aufs Klo zu gehen, weshalb er in die Hose gemacht habe. Einen anderen soll sie mit der Flöte gehauen, Schüler mal "Schmarotzer", mal "armseliges Opfer" genannt haben.

Ursula Sarrazin weist alle Vorwürfe zurück, einem Elternvertreter schickte sie den Anwalt. Nur "armseliges Opfer" habe sie gesagt, es aber nicht spöttisch gemeint. Die Eltern des Jungen, eine türkischstämmige Familie mit deutschen Pässen, beschwerten sich. Vielleicht wüssten sie nicht, was das Wort Opfer im Deutschen bedeute, hat Ursula Sarrazin sie wissen lassen.

© SZ vom 26.01.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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