Berufswahl:"Da liegen die Mütter und strahlen"

Kinder auf die Welt holen, Autos testen, Pralinen probieren - bei diesen fünf Jobs mussten Frauen nicht zwischen Freude und Verantwortung entscheiden.

Protokolle von Gianna Niewel

1 / 5

Maître Chocolatier: Naschen ist Pflicht

Pralinen

Quelle: Schokoladenmuseum Köln

"Die Leute kennen Schokolade aus dem Supermarkt, zu Hause reißen sie die Packung auf, beißen ab. In meinen Pralinenkursen erfahren sie sie anders. Wenn ich sage: 'Schaut mal, wie die flüssige Schokolade glänzt', dann staunen sie. Das bereitet mir jedes Mal unglaubliche Freude.­ Einmal sagte eine Frau am Schluss: 'Endlich sind wir fertig!' Ich war erstaunt und fragte, ob s­ie das Pralinenmachen als Tortur empfände. Ganz im Gegenteil: Sie meinte das ganz stolz, die ­fertigen Pralinen waren ein Erfolgserlebnis. Es liegt in meiner Verantwortung, dass die Leute mit diesem Gefühl nach Hause gehen. Und ich dachte ja, wenn ich beruflich so viel Schoko­lade ­nasche, bin ich sie bald leid - aber weit gefehlt."

Aiga C. Müller, 45, gibt Kurse im Schokoladenmuseum in Köln

2 / 5

Hebamme: 2000 Geburten - und jede einzigartig

Hebammenpraxis

Quelle: dpa

"Irgendwann habe ich aufgehört, die Kinder zu zählen, denen ich auf die Welt geholfen habe. Es müssen 2000 gewesen sein, mindestens. Irgendwann bekommt man Routine in dem, was man tut - aber ein besonderer Moment bleibt so eine Geburt immer. Diese wahnsinnige Anspannung und dann die Erleichterung. Da liegen die Mütter und strahlen, da wiegen die stolzen Väter ihren Sohn oder ihre Tochter im Arm. Und natürlich die Säuglinge selbst, ihr erster Schrei, jeder Einzelne ein Wunder. Ich habe nach der Schule eine Zeit lang im Einzelhandel gearbeitet, 1986 habe ich dann die dreijährige Ausbildung zur Hebamme begonnen. Ich wollte einen Job mit mehr Verantwortung, der mich erfüllt. Das habe ich seitdem. Gestern war ein Paar bei mir im Kreißsaal, da habe ich schon dem Vater auf die Welt geholfen, und jetzt seiner Tochter. Der Vater meinte: 'Ein bisschen wie dein Enkelkind.' Und ich dachte: 'Stimmt eigentlich.' Das ist ohne Frage einzigartig."

Sybille Hartung, 43, Hebamme im Klinikum Saarbrücken

3 / 5

Imkerin: Stiche für die Weltrettung

Bienen

Quelle: Frank Rumpenhorst/dpa

"Bienen leisten einen essenziellen Beitrag dafür, das Ökosystem im Gleichgewicht zu halten, weil sie die meisten Blühpflanzen bestäuben. Es ist also wichtig, dass sich jemand um ihren Fortbestand kümmert. Es gibt Krankheiten wie die Amerikanische Faulbrut, an denen ganze Völker verenden können. Als Imkerin muss ich darauf schauen, dass die Bienen gesund bleiben. Ich muss beobachten, wie sie fliegen, wie sie ­Waben bauen. Und dafür sorgen, dass sie gut überwintern; auf ihrem eigenen Honig oder mit Zuckerwasser. Es ist toll, dass ich dabei immer draußen sein, dass ich etwas für die Umwelt tun kann. Klasse ist auch, wenn ich Kurse an Grundschulen gebe. Die Kinder kennen Honig aus dem Glas, aber eine Wabe zu sehen und Bienen in ­einem Schaukasten, das ist etwas Besonderes. Ich sage ihnen zum Beispiel immer, dass Bienen nur aus der Not heraus stechen. Ich werde ­vielleicht dreimal im Jahr gestochen und das bei 525 000 Tieren. Dafür kann ich jeden Tag frischen Honig in meinen Tee löffeln."

Alix Roosen, 41, Imkerin in Großkrotzenburg

4 / 5

Fahrzeugtesterin: Mit brandneuen Autos über Teststrecken brettern

BMW M2 Coupé

Quelle: BMW Group

"Ich bin der Kunde vor dem Kunden. Ich teste Autos, genauer: den Antriebsstrang, also alles außer dem Fahrwerk. 250 Stundenkilometer? Für mich kein Problem. Wenn der Motor dabei lauter vibriert, brummt oder heult, als es mir lieb ist? Das ist ein Problem. Dann analysieren wir, woran es liegen könnte. Das ist meine Verantwortung: Fehler zu erkennen, damit die Kunden später nicht auf der Landstraße liegen bleiben. Ich habe mich schon in der Schule für Technik interessiert und Spaß daran, mir Gedanken über die Software der Motorensteuerung oder die Wuchtwerte im Turbolader zu machen. Und ich kann reisen, um mit brandneuen Autos über Teststrecken zu brettern. Ich fahre neue Modelle in Südfrankreich bei 30 Grad die Berge hinauf, bei minus 25 Grad über zugefrorene Seen in Schweden. Dort bin ich auch Rentieren begegnet, da ist man schon kurz abgelenkt. Aber nur kurz."

Stefanie Günther, 33, Diplomingenieurin bei BMW in München

5 / 5

Mitglied von Saufen für die Bib e. V.: Party machen aus Verantwortung

Bier

Quelle: dpa

"Ein Verein, der 'Saufen für die Bib' heißt? Das klingt erst einmal nach Spaß. Ist es auch. Aber nicht nur. Einmal im Jahr feiern wir eine Party in Trier, unsere Profs kommen, und wir wissenschaftlichen Mitarbeiter schenken Bier aus. Von den Einnahmen kauft der Verein Bücher, die der Bibliothek unserer Meinung nach fehlen; manchmal gibt es dort nur ein Exemplar für 400 Jura-Erstsemester, manchmal gar keins. 2014 konnten wir 237 Bücher kaufen, letztes Jahr waren es 163, von manchen Büchern haben wir mehrere Ausgaben bestellt. Vom 'spaßigen Saufen' profitieren unsere Studenten also den Rest ihres Studiums - soll einer sagen, das wäre nicht verantwortungsvoll."

Maria Lux, 24, vom Verein Saufen für die Bib in Trier

© SZ.de/lho
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: