Berufstätige Frauen in Japan:"Mein Mann dachte, mein Geschäft sei ein neues Hobby"

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Norie Mizutani rät allen Frauen, die sie kennt, zur Selbstständigkeit. Allerdings empfiehlt sie, damit bis kurz nach der Hochzeit zu warten. "Das ist eine Art Sicherheit. Wenn es nicht gut läuft, gibt es wenigstens noch das Einkommen des Mannes."

Lebenserwartung

86,41 Jahre werden Frauen in Japan alt. Damit haben sie die höchste Lebenserwartung der Welt, so das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Wer in Japan 80 Jahre alt wird, kann als Frau eine durchschnittliche weitere Lebenszeit von 11,59 Jahren erwarten.

Ihr eigener Mann hat sich nie dafür interessiert, was sie macht. "Er dachte, mein Geschäft sei ein neues Hobby. So was wie ein Sprach- oder Tanzkurs." Als sechs Angestellte für sie arbeiteten, kündigte er seinen Job in der Versicherungsbranche. Seine Annahme: Wenn eine Frau so was schafft, dann er erst recht. Doch schon bald musste er Insolvenz anmelden. "Das war der Moment, als er anfing, mir das erste Mal in unserer Ehe im Haushalt zu helfen", sagt Mizutani und grinst.

Nach dem ersten Kindes kehren nur drei von zehn Japanerinnen in den Beruf zurück

In Japan, dieser traditionellsten aller Industriegesellschaften, beginnt sich etwas zu verändern. Frauen wollen und können nicht länger hinnehmen, dass es für sie nicht möglich sein soll, eine Familie zu haben und gleichzeitig beruflich erfolgreich zu sein.

Zwar ist 2014 die Zahl der berufstätigen Frauen in Japan erstmals seit 15 Jahren gestiegen, auf 66 Prozent, so die Daten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Doch nach der Geburt des ersten Kindes kehren sieben von zehn Japanerinnen nicht mehr in den Beruf zurück. Und drei Viertel der berufstätigen Frauen arbeiten in Teilzeit und bleiben damit unter ihren Möglichkeiten.

Berufstätige Frauen in Japan: Nach der Geburt eines Kindes kehren japanische Frauen meist nicht in ihren Job zurück. Oft nehmen sie Teilzeitjobs an oder bleiben ganz daheim.

Nach der Geburt eines Kindes kehren japanische Frauen meist nicht in ihren Job zurück. Oft nehmen sie Teilzeitjobs an oder bleiben ganz daheim.

(Foto: Marisa Shimamoto)

"Frauen haben in Japan definitiv nicht die gleichen Chancen wie Männer", sagt Kaku Sechiyama, Professor für Gender Studies an der Universität Tokio. Der 52-Jährige kramt in seinem chaotischen Büro eine Grafik hervor. "Der weibliche Anteil an der arbeitenden Bevölkerung ist bei den jungen Erwachsenen noch sehr hoch," erklärt er. "Aber mit Ende zwanzig bricht die Kurve massiv ein, dann nämlich, wenn das erste Kind kommt."

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