Berufsbildungsbericht 2015:Zahl der unbesetzten Lehrstellen auf neuem Höchststand

  • Der Berufsbildungsbericht 2015 wird am Vormittag vom Kabinett verabschiedet.
  • Der Trend der vergangenen Jahre setzt sich fort: Immer mehr Lehrstellen bleiben unbesetzt - zugleich stellen immer weniger Betriebe Ausbildungsplätze zur Verfügung.
  • Die gute Nachricht ist, dass die Zahl der jungen Leute ohne Berufsabschluss sinkt.
  • Der DGB kritisiert dennoch, dass die offenen Lehrstellen "längst nicht allen offen" stünden.

Weniger Ausbildungsplätze, weniger Azubis

Immer weniger Unternehmen stellen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung. Dies geht aus dem Berufsbildungsbericht 2015 hervor, den das Kabinett am Mittwoch billigen soll.

Demnach bildete von den 2,1 Millionen Betrieben mit mindestens einem Beschäftigten nur noch etwa jeder fünfte (20,7 Prozent) einen jungen Menschen aus. 2007 lag die Quote noch bei 24,1 Prozent. Besonders rückläufig ist die Zahl in Kleinbetrieben. Sie hätten "deutlich mehr Schwierigkeiten, ihre angebotenen Ausbildungsstellen zu besetzen", heißt es in dem Bericht. Großbetriebe hingegen hätten im zunehmenden Wettbewerb um Ausbildungsbewerber "eine größere Attraktivität" bei jungen Leuten und auch mehr Geld, geeignete Kandidaten zu finden.

Die wenigen Schulabgänger wollen eher studieren

Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge 2014 sank erneut um 1,4 Prozent auf etwa 522 000. In dem Regierungsreport wird dies auf die gestiegene Studierneigung und auf die sinkende Zahl von Schulabgängern zurückgeführt. Zugleich erreichte die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen mit mehr als 37 000 einen Höchststand. Das bedeutet ein Plus von 3363 Stellen (zehn Prozent) im Vergleich zu 2013. Es gebe "verstärkte Passungsprobleme", wird in dem Bericht dazu angemerkt.

Die Zahl unversorgter Bewerber sei auf 20 872 Fälle (minus 0,8 Prozent) gesunken. Auch die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge war mit 522 232 leicht rückläufig (minus 1,4). Demgegenüber ist die Zahl der Vertragsauflösungen weiter gestiegen - mit deutlichen Unterschieden zwischen den verschiedenen Ausbildungsberufen. Am häufigsten kündigen junge Menschen in den Bereichen Gebäudereinigung, Schutz und Sicherheit, Friseurwesen, Umzugs- und Möbelservice sowie in der Gastronomie ihre Ausbildungsverträge.

Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die Zahl der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss ist rückläufig. Waren es im Jahr 2008 noch 1,46 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren, sank die Zahl derer ohne Berufsabschluss im gleichen Alterssegment im Jahr 2012 auf 1,29 Millionen.

Wanka fordert höhere Werschätzung des dualen Systems

Bundesbildungsministerin Johanna Wanka will die traditionsreiche Berufsbildung aus dem sich abzeichnenden Schattendasein herausführen. "Dringend notwendig ist eine höhere gesellschaftliche Wertschätzung für die duale Ausbildung, die gerade international als eine Stärke Deutschlands gesehen wird", sagte die CDU-Politikerin in Berlin. Es gebe "eine verstärkte Tendenz, nicht in diese duale Ausbildung zu gehen".

Unter dualer Ausbildung versteht man die parallele Ausbildung in Betrieb und Berufsschule oder an einer Berufsakademie. Inzwischen gibt es vor allem bei Abiturienten große Motivationsprobleme - von ihnen nimmt pro Jahrgang gut die Hälfte ein Studium auf.

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Bildungspolitiker Hubert Heil, sagte: "Mehr Wertschätzung für berufliche Bildung ist immer richtig, aber Wertschätzung allein reicht nicht. Es ist nicht zu akzeptieren, dass Ausbildungssuchende mit schwachen Schulabschlüssen keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt bekommen und somit viele Plätze unbesetzt bleiben. Um diese Menschen müssen sich die Unternehmen verstärkt bemühen, anstatt nur über fehlende Ausbildungsreife zu lamentieren."

DGB kritisiert Auswahl bei der Einstellung von Azubis

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack kommentierte die Zahlen des Berichts: "Mehr Jugendliche gehen bei der Suche nach einer Ausbildung leer aus, während gleichzeitig die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze steigt." Insgesamt läge die Quote der Ausbildungsbetriebe mit 20,7 Prozent auf dem tiefsten Wert seit 1999, fast 10 000 Ausbildungsbetriebe seien im Jahr 2014 zudem verloren gegangen, so Hannack. Ihre Kritik: Die gut 37 000 offenen Lehrstellen stünden "längst nicht allen Jugendlichen offen".

Das geschäftsführende Vorstandsmitglied der IG Metall, Hans-Jürgen Urban, forderte: "Die Metallarbeitgeber müssen mehr ausbilden. Die Ausbildungsbilanz der IG Metall für 2014 weist erneut im Kernbereich der Metall- und Elektroberufe weniger neue Ausbildungsverträge aus." Daher müsse "die Bestenauslese endlich aufhören", sagte Urban. "Auch Jugendlichen mit Hauptschulabschluss muss eine Ausbildung ermöglicht werden. Mehr als 280 000 von der Bundesagentur für Arbeit als geeignet eingestufte Jugendliche haben vergeblich eine Ausbildung gesucht."

Der Datenreport zum Berufsbildungsbericht wird jährlich vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) herausgegeben. In den einzelnen Kapiteln des Datenreports werden zentrale Indikatoren zur beruflichen Aus- und Weiterbildung dargestellt und Entwicklungen im Zeitverlauf aufgezeigt. Jeder Bericht hat einen politischen Teil, der von der Bundesregierung beraten und beschlossen wird, und einen Datenteil, für den das BIBB verantwortlich zeichnet.

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