Im Wahljahr geht es für die Bundesregierung darum, ihr bisheriges Wirken als Erfolg zu verkaufen. Johanna Wanka ist zwar als Bundesbildungsministerin noch nicht lange im Amt, doch sie ist lange genug im Politbetrieb, um das verinnerlicht zu haben. So wird der von ihr vorgestellte und vom Kabinett verabschiedete Berufsbildungsbericht 2013 denkbar positiv beworben: Mit "Ausbildungsmarktsituation weiterhin gut" ist die entsprechende Meldung auf der Ministeriums-Homepage überschrieben.
Dabei enthält der Bericht durchaus Zahlen, die Grund zur Sorge geben. Vor allem ein Negativ-Trend scheint sich weiter zu verschärfen: der Fachkräftemangel.
2012 wurden etwa 551.000 Ausbildungsverträge neu abgeschlossen. Das ist ein Minus von 3,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr und der niedrigste Wert seit 2005. Als Ursache gelten vor allem die Abschwächung der Konjunktur im zweiten Halbjahr 2012 sowie der weitere Bewerberrückgang aufgrund der demografischen Entwicklung.
Der Nachwuchsmangel wird zunehmend auch zum Problem für die Betriebe: Nach der Bilanz blieben bundesweit etwa 33.000 von der Wirtschaft angebotene Lehrstellen unbesetzt. Im Bericht ist in diesem Zusammenhang verklausuliert von "Passungsproblemen" die Rede und zunehmenden Schwierigkeiten, "betriebliches Angebot und Nachfrage regional und beruflich zusammenzuführen".
Unbeliebte Branchen bleiben auf Lehrstellen sitzen
Konkret heißt das: Bei der Vermittlung von Ausbildungsplätzen gab und gibt es erhebliche regionale Probleme, aber auch Engpässe in bestimmten Berufsfeldern. So hatten vor allem Arbeitgeber in der Gastronomie und Ernährungsberufe wie Metzger und Bäcker Mühe, ihre Lehrstellen zu besetzen. Diese Branchen sind wegen schlechter Arbeitszeiten und geringer Verdienstmöglichkeiten eher unbeliebt bei jungen Leuten. Traditionell sind hier auch die Abbrecherquoten am höchsten.
Betriebe, die wiederholt ihre Lehrstellen nicht besetzen konnten, scheinen zunehmend die Lust am Ausbilden zu verlieren. "Der Berufsbildungsbericht zeigt, dass die Ausbildungsbetriebsquote, d. h. der Anteil der Ausbildungsbetriebe an allen Betrieben weiter gesunken ist", heißt es auf der Webseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).
Einen weiteren Grund dafür, dass im vergangenen Jahr nur noch jeder fünfte Betrieb ausgebildet hat, sieht Sibylle Bauer von der IHK Münchnen und Oberbayern auf Seiten der potenziellen Auszubildenden. Die Qualität vieler Bewerbungen sei mangelhaft. "Die Ausbildungsreife lässt zu wünschen übrig." Bauer sieht hier vor allem auch die Schulen in der Pflicht, junge Menschen besser auf den Eintritt ins Arbeitsleben vorzubereiten.
Der unausgewogene Ausbildungsmarkt spiegelt sich auch in anderen Zahlen wider: 76.000 Bewerber fanden dem Berufsbildungsbericht zufolge bis zum gesetzlichen Stichtag am 30. September keinen betrieblichen Ausbildungsplatz. Das waren 5,4 Prozent mehr als im Vorjahr.
"Auch diese jungen Menschen werden gebraucht, um künftig den Fachkräftenachwuchs in Deutschland sicherzustellen", heißt es dazu von Seiten des BMBF. Wie genau Ausbildungssuchende aber dorthin vermittelt werden können, wo sie so dringend gebraucht werden, diese Antwort bleibt der Bericht schuldig.