Berufsbild:Eine kurze Ewigkeit

Das Geschäft mit der Tattoo-Entfernung floriert. Manche Anbieter sind Mediziner, andere sind Heilpraktiker oder Kosmetiker. Manche haben sich das Handwerk einfach selbst beigebracht.

Von Kristin Kruthaup/dpa

Als der Laser auf seine Haut trifft, ballt der Mann die Hand noch ein bisschen fester zur Faust. Die Adern am Arm treten hervor, die Muskeln zeichnen sich ab. "Geht's noch?", fragt Carsten Philipp. Ein leises Brummen. Dann nimmt er einen neuen Eiswürfel, drückt ihn auf das Sonnen-Tattoo am Oberarm seines Kunden, setzt den Laser an und schießt. Es klingt, als würde jemand blitzschnell mit einem Kugelschreiber klicken. Die Haut des Mannes ist geschwollen und rot.

Zwei oder drei Sitzungen dauert es, sich ein kleines chinesisches Schriftzeichen tätowieren zu lassen. "Es wieder zu entfernen, ist um ein Vielfaches aufwendiger", erklärt Philipp. Er ist leitender Arzt im Zentrum für Lasermedizin in der Evangelischen Elisabeth-Klinik in Berlin. Hauptsächlich behandelt er per Laser Gefäß- und Tumorerkrankungen. Die Tattoos macht er nebenbei. Wer sich wie der Kunde eine Sonne stechen lässt, die den ganzen Oberarm ziert, muss zwischen acht und zwölf Mal kommen. Eine Behandlung kostet 120 bis 140 Euro.

Tattoo Entfernung

Lukrativer Zusatzjob: Nicht nur Ärzte, sondern auch Kosmetiker und Heilpraktiker beseitigen Tätowierungen.

(Foto: Marcus Simaitis/dpa)

Etwa acht Millionen Menschen in Deutschland haben ein Tattoo - oft bereuen sie es

Tattoos sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Etwa acht Millionen Menschen in Deutschland sind tätowiert - von den 15- bis 29-Jährigen sind es sogar 24 Prozent. Das geht aus einer Allensbach-Studie hervor. Nicht immer ist der Schmuck etwas für die Ewigkeit. Da sind die Patienten, die ganz klassisch den Schriftzug mit dem Namen ihres Ex loswerden möchten. Es gibt ehemalige Neonazis, die kein Hakenkreuz mehr tragen wollen. Und da sind Unfälle, bei denen sich der Tätowierer verstochen hat. "Doch bei den allermeisten ist es so, dass sie das Motiv erst gut fanden und jetzt einfach nicht mehr leiden mögen", sagt Philipp.

Um ein Tattoo zu entfernen, braucht es in der Regel einen Laser. Kleinere Tätowierungen lassen sich theoretisch auch wegschneiden, aber das wird wegen der Narbenbildung heute kaum noch gemacht. Beim Tätowieren werden Farbpigmente mit einer Nadel in die Haut gebracht. Soll das Tattoo entfernt werden, sendet das Lasergerät Lichtimpulse aus und zerstört die Farbpigmente in der Haut, erklärt Professor Wolfgang Bäumler, der zum Thema Tattoos an der Universität Regensburg forscht. Diese sind dann so klein, dass sie über die Lymphe abtransportiert werden können. Mit jeder Laserbehandlung verblasst das Tattoo etwas mehr.

Tattooentferner ist ein lukratives Geschäft

Carsten Philipp leitet das Zentrum für Lasermedizin der Berliner Evangelischen Elisabeth-Klinik. Er behandelt Gefäß- und Tumorerkrankungen per Laser - und nebenbei auch Tattoos.

(Foto: dpa)

Selten lässt sich der Körperschmuck spurlos entfernen. Mit den derzeit verfügbaren Lasern bekommt man manche Farben häufig nicht weg, Gelb ist beispielsweise hartnäckig. Im schlimmsten Fall bleibt das Tattoo deshalb am Ende zum Teil stehen, erklärt Bäumler. Manchmal entstehen beim Tätowieren außerdem Narben, die erst sichtbar werden, wenn der Laser die Farbpigmente zerstört.

Nichtsdestotrotz ist bei vielen der Leidensdruck so groß, dass sie zum Tattoo-Entferner gehen. Neben Ärzten, die auf Lasertherapie spezialisiert sind, bieten auch manche Studios diese Dienstleistung an. Um den Job auszuüben, braucht es bislang keine längere Ausbildung. Im Prinzip kann Tattoo-Entfernung jeder anbieten, der einen Laser und einen Gewerbeschein hat. Die Laser kosten von 10 000 Euro aufwärts. Um so ein Gerät betreiben zu können, braucht es einen Laserschutzkurs. Der lässt sich an ein bis zwei Wochenenden absolvieren und kostet nicht mehr als ein paar Hundert Euro.

So hat auch Markus Lühr angefangen. Er ist Geschäftsführer von Tattoolos, einer Entfernungskette mit mittlerweile sieben Standorten in Deutschland. Eigentlich ist er gelernter Marketingkaufmann. Vor acht Jahren hat er sich mit seiner Frau zusammen selbständig gemacht. Damals war Tattoo-Entfernung noch eine Marktlücke in Deutschland.

"Das Geschäft boomt", sagt Lühr. Die Berliner Studios haben zum Teil von acht bis 21 Uhr geöffnet. Pro Tag behandeln sie dort bis zu 60 Tätowierungen. "Wir sind selbst vom Erfolg überrascht." Lühr und seine Frau haben sich die Tattoo-Entfernung autodidaktisch beigebracht. Inzwischen bieten sie selbst einen Wochenendkurs zum Thema an. Zu ihnen kommen zum Beispiel Kosmetiker und Heilpraktiker, die das Entfernen von Tattoos als Zusatzgeschäft anbieten wollen.

Tattooentferner ist ein lukratives Geschäft

Markus Lühr ist Geschäftsführer von Tattoolos, einer Kette mit mittlerweile sieben Filialen in Deutschland. Er bietet auch Wochenendkurse für Tattoo-Entferner an.

(Foto: dpa)

Bei fehlerhaftem Umgang mit dem Laser können Kunden Schmerzensgeld fordern

Lühr rechnet, dass sich ein eigenständiges Studio für Tattoo-Entfernung von einem Einzugsgebiet von etwa 100 000 Menschen an lohnt. Nach einem halben Jahr könne man damit ungefähr so viel verdienen, dass man die Miete wieder drinnen hat und etwa 1500 Euro herausziehen kann. Allerdings kommt meistens noch hinzu, dass die Laser abgestottert werden müssen. Doch zu einfach sollte man sich das Handwerk nicht vorstellen. Wer beim Lasern Fehler macht, kann die Haut schwer schädigen. Es kann zu Schwellungen und Blasen kommen, und die Kunden können im schlimmsten Fall Schmerzensgeldforderungen stellen.

Das kann Carsten Philipp von der Laserambulanz nur bestätigen. Er selbst hat in seiner langen Laufbahn schon viele kuriose Fälle kennengelernt. Zum Beispiel die Geschichte einer australischen Austauschschülerin. Sie hatte sich gleich an ihrem ersten Wochenende in Berlin ein Tattoo stechen lassen - ohne Einwilligung ihrer Eltern. Entsprechend geschockt reagierte die Gastfamilie. Insgesamt ein Jahr war die Schülerin in Deutschland. Und fast zwölf Monate lang besuchte sie dann regelmäßig Carsten Philipp in der Laserambulanz. Als sie zu ihren Eltern zurückkehrte, war ihre Haut nahezu unversehrt.

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