Berufe in der Pharmabranche:Herr der Pillen

Wer Apotheker werden will, muss ein komplexes und zeitaufwendiges Studium mit drei Staatsexamina absolvieren. Aber auch weniger beschwerliche Wege führen zu Jobs im Pharmabereich.

Von Theresa Tröndle

Der Weg in den Beruf des Apothekers ist lang. Ein vierjähriges Pharmaziestudium, ein praktisches Jahr und drei Staatsexamen müssen junge Leute wie Max Georgi hinter sich bringen, bis sie die Approbation, die Berufserlaubnis für Apotheker, beantragen können. Aber die Mühen lohnen sich. Der Beruf des Apothekers ist ein sogenannter Engpassberuf: Die Zeiten, in denen Stellen unbesetzt bleiben, sind überdurchschnittlich lang. Die Arbeitslosenquote im pharmazeutischen Bereich beträgt laut Bundesagentur für Arbeit 2,1 Prozent.

Angst, nach dem Studium keinen Job zu finden, müssen Pharmaziestudenten - 2775 haben sich nach Angaben des Portals Statista im Wintersemester 2017/2018 für dieses Fach eingeschrieben - also nicht haben. 2014 begann Georgi sein Pharmaziestudium an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Vom vierten Semester an engagierte sich der 22-Jährige im Bundesverband der Pharmaziestudierenden in Deutschland (BPhD); bis Ende des Sommersemesters war er dessen Präsident. "Pharmazie ist ein anstrengendes und zeitintensives Studium. Vormittags sitzt man im Hörsaal, nachmittags im Labor, an den Wochenenden zu Hause am Schreibtisch", sagt er. Seine Entscheidung bereut er aber nicht. "Es gibt nur wenige andere Studiengänge, die so interdisziplinär ausgerichtet sind wie Pharmazie. Wir befassen uns mit Chemie, Biologie und Physik, aber auch mit Physiologie und Pharmakologie."

Im Gegensatz zu anderen Studiengängen ist das Pharmaziestudium durch die Approbationsordnung für Apotheker bundesweit einheitlich geregelt - es umfasst drei Abschnitte, die jeweils mit einem Staatsexamen enden. Im zweijährigen Grundstudium werden organische und anorganische Chemie unterrichtet, Physik, pharmazeutische Biologie und Grundlagen der Anatomie und Physiologie. Im Fach Arzneiformenlehre beschäftigen sich die Studenten mit der Zusammensetzung von Cremes, Salben und Zäpfchen.

Einige Ausbildungen öffnen auch Aspiranten ohne Abitur die Tür zum Studium

Nach dem ersten Staatsexamen vertiefen die angehenden Akademiker im Hauptstudium ihre Kenntnisse in den fünf Kernfächern: pharmazeutische Biologie und Chemie, pharmazeutische Technologie, Pharmakologie und klinische Pharmazie. Es folgen das zweite Staatsexamen, das Praktische Jahr und das dritte Staatsexamen, nach dem die Absolventen ihre Apothekerzulassung beantragen können.

Berufe in der Pharmabranche: Drei bestandene Staatsexamen sind erforderlich, um als Apothekerin oder Apotheker arbeiten zu dürfen. Mit die berühmteste Apotheke Deutschlands ist die Löwenapotheke im brandenburgischen Neuruppin. In dem Haus wurde vor 200 Jahren Theodor Fontane geboren. Der Apothekerssohn hatte selbst in diesem Beruf gearbeitet, bevor er als Journalist und Romancier erfolgreich wurde.

Drei bestandene Staatsexamen sind erforderlich, um als Apothekerin oder Apotheker arbeiten zu dürfen. Mit die berühmteste Apotheke Deutschlands ist die Löwenapotheke im brandenburgischen Neuruppin. In dem Haus wurde vor 200 Jahren Theodor Fontane geboren. Der Apothekerssohn hatte selbst in diesem Beruf gearbeitet, bevor er als Journalist und Romancier erfolgreich wurde.

(Foto: imago stock&people)

"Das gesamte Studium ist sehr verschult", sagt Georgi, "das macht es zwar einfach, wenn man direkt von der Schule kommt, selbständig wird man dadurch aber nicht." Das Wahlpflichtfach im Hauptstudium ist neben Praktika die einzige Wahlmöglichkeit, die Pharmaziestudierende haben. Einzige Voraussetzung dafür: Die gewählten Seminare und Übungen müssen einen Umfang von 112 Unterrichtsstunden und einen pharmazeutischen Bezug haben. An der Eberhard-Karls-Universität Tübingen kann man zum Beispiel einen Kurs zur Geschichte der Pharmazie oder zu Pharmazie in Entwicklungszusammenarbeit und Katastrophenhilfe wählen. Der BPhD, dem alle 22 Pharmazie-Fachschaften Deutschlands angehören, setzt sich für mehr Wahlmöglichkeiten während des Studiums ein und möchte, dass das Studium um ein Jahr verlängert wird.

Diesen Herbst beginnt Georgi sein Praktisches Jahr. Sechs Monate davon wird er in einer öffentlichen Apotheke arbeiten, so ist es vorgeschrieben, die restliche Zeit möchte er in der Industrie und einer Krankenhausapotheke verbringen, um herauszufinden, wohin es ihn nach dem Studium zieht, denn die beruflichen Möglichkeiten sind vielfältig. "Circa 80 Prozent der Absolventen arbeiten nach dem Studium in einer öffentlichen Apotheke", sagt Tanja Schirmeister, die das Institut für Pharmazie und Biochemie an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz leitet. Gleichwohl gefährden immer mehr Online-Apotheken die Geschäfte am jeweiligen Ort. "Der Versandhandel von großen, meist ausländischen Apotheken kann für die ein oder andere Apotheke existenzvernichtend sein", sagt Christiane Eckert-Lill von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA).

Gut 70 Prozent der Studierenden sind Frauen. Vor allem sie entscheiden sich nach dem Abschluss für die Tätigkeit in einer öffentlichen Apotheke. Dort sind Nacht- und Wochenenddienste sowie Teilzeitjobs möglich, die sich gut mit einer Familie vereinbaren lassen. Wer nach einer längeren Pause beruflich wieder aktiv werden möchte, kann an einem Wiedereinstiegsprogramm teilnehmen, das viele Landesapothekerkammern anbieten.

An der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz können Studenten seit 2010 in der universitären Trainingsapotheke üben, ob es ihnen liegt, Kunden zu informieren und zu beraten. Sie schlüpfen abwechselnd in die Rolle von Apotheker und Patient und spielen verschiedene Situationen durch - ein Konzept, das es an deutschen Universitäten noch selten gibt. Eine weitere Besonderheit in Mainz ist eine digitale Lernplattform, die in den kommenden zwei Jahren aufgebaut wird. Sie soll einen Überblick über alle pharmazeutischen Themenbereiche vermitteln. "Der Studiengang ist so vollgepackt, dass teilweise die Zusammenhänge der fünf Kernfächer verloren gehen", erläutert Schirmeister. Gemeinsam mit Dozenten arbeiten kleine Gruppen von zwei bis fünf Teilnehmern ein Thema fächerübergreifend aus und stellen die Ergebnisse Kommilitonen online zur Verfügung.

Neues Vergabeverfahren

Pharmazie ist ein zulassungsbeschränkter Studiengang. Die Stiftung für Hochschulzulassung vergibt die Plätze. 20 Prozent gehen an Bewerber mit der besten Abiturnote - im Wintersemester 2019/2020 lag die erforderliche Durchschnittsnote zwischen 1,0 und 1,5. Im Sommersemester ist sie etwas niedriger, da es weniger Bewerber gibt. Weitere 20 Prozent der Plätze gehen an diejenigen mit der längsten Wartezeit, die übrigen 60 Prozent vergeben die Hochschulen nach eigenen Kriterien. Dazu gehören beispielsweise das Ergebnis eines Auswahlgesprächs oder eines fachspezifischen Tests. Vom Sommersemester 2020 an wird das Vergabeverfahren umgestellt. Dann soll die sogenannte Abiturbestenquote von 20 Prozent auf 30 Prozent erhöht werden. Jeder zehnte Platz soll mittels einer Eignungsquote vergeben werden, die zusätzlich eingeführt wird. Diese Quote dient dem Ziel, Bewerbern unabhängig von ihrer Abiturnote eine Chance zu eröffnen. Die bisherige Möglichkeit, allein über Wartesemester einen Studienplatz zu bekommen, soll abgeschafft werden. Für Bewerber, die noch auf Wartelisten stehen, sind Übergangsregeln geplant. Theresa Tröndle

Wer sich nach dem Studium als Apotheker selbständig machen möchte, muss formal gesehen nur über die Approbation und eine Betriebserlaubnis verfügen. Eckert-Lill rät jedoch dazu, sich vorab den Standort gut anzuschauen und sich Rat beim Steuerberater einzuholen. Betriebswirtschaftliche Kenntnisse vermittelt unter anderem die Wirtschaftsakademie Deutscher Apotheker (WDA) in der berufsbegleitenden Weiterbildung zum Praktischen Betriebswirt für die Pharmazie. Während drei Semestern geht es um kaufmännischen Fragen sowie das Marketing und Management von Apotheken. Mit einem zusätzlichen Semester und einer Masterarbeit kann man den MBA Health Care Management erwerben.

Neben dem Pharmaziestudium gibt es weitere Wege, um im pharmazeutischen Bereich tätig zu werden. Etwa mit einem Abschluss in Pharmatechnik oder Pharmaceutical Sciences and Technology - Studiengänge, die im Gegensatz zum Pharmaziestudium oft zulassungsfrei sind. Auch um in einer Apotheke zu arbeiten, braucht es nicht immer ein Pharmaziestudium. Zwei Ausbildungswege führen ebenfalls dorthin. "Pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) dürfen unter Aufsicht der Apothekenleitung pharmazeutische Tätigkeiten ausüben", sagt Eckert-Lill von der ABDA. Pharmazeutisch-kaufmännische Angestellte (PKA) hingegen sind zwar ebenfalls in Apotheken tätig, dürfen aber keine pharmazeutischen Tätigkeiten ausüben. Stattdessen kontrollieren sie das Warenlager, überprüfen Medikamente auf ihr Verfallsdatum, optimieren das Bestellwesen oder kümmern sich um das Marketing.

Wer sich nach der mittleren Reife zunächst für eine Ausbildung zum PTA, PKA, Chemikant oder chemisch-technischen Assistenten entscheidet, kann später ein Pharmaziestudium anschließen, denn bestimmte Berufsausbildungen qualifizieren auch ohne Abitur oder Fachhochschulreife für das Studium. Die Voraussetzungen variieren dabei von Hochschule zu Hochschule. In Mainz werden Interessierten in einem verpflichtenden Beratungsgespräch Fragen aus dem ersten Semester gestellt. Das Testergebnis soll ihnen zeigen, wo sie stehen und ob das Pharmaziestudium tatsächlich etwas für sie ist.

Pro Semester gibt es in Mainz bis zu drei Plätze, auf die sich Interessierte bewerben können. Die Bewerber ohne Abitur seien meist extrem motiviert und diszipliniert, sagt Schirmeister.

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