Singapur statt Stuttgart. Moskau statt München. Die Deutschen schweifen in die Ferne - auch beruflich. Laut einer Studie des Personalberatungsunternehmens ECA International ist die Zahl der Expatriates, also jener Angestellten, die ihren Job fern der Heimat verrichten, in den vergangenen zehn Jahren um 25 Prozent gestiegen. Der Trend dürfte anhalten. "Viele Arbeitnehmer versprechen sich von einem Auslandseinsatz einen Karriereschub", sagt Stefanie Andrelang, Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der Kanzlei Keller Menz Rechtsanwälte in München. Die Auswanderung auf Zeit will allerdings gut geplant sein. Es gilt nicht nur, Visa-, Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen zu besorgen. Zudem müssen diverse juristische Fragen geklärt werden.
Dürfen Unternehmen jeden Mitarbeiter ins Ausland schicken?
Nicht ohne weiteres. "Das Direktionsrecht erlaubt es Arbeitgebern normalerweise nicht, Beschäftigte gegen deren Willen ins Ausland zu schicken", sagt Andrelang. Ohne klare Regeln im Arbeitsvertrag könne selbst eine Dienstreise von wenigen Tagen Probleme machen - abgesehen davon, dass ein solches Vorgehen relativ unsinnig wäre. "Als Botschafter des Unternehmens im Ausland macht sich niemand besonders gut, dem man diese Rolle aufgezwungen hat", sagt die Juristin.
Wird der Arbeitsvertrag verändert?
Auch wenn der Arbeitsvertrag Auslandseinsätze grundsätzlich ermöglicht: "Eine Vertragsanpassung, die die Details der Entsendung und die rechtliche Situation bei der Rückkehr des Mitarbeiters regelt, ist in jedem Fall zu empfehlen", sagt Rechtsanwältin Andrelang. Weit verbreitet sind zum Beispiel Regelungen, nach denen Expatriates zwar Mitarbeiter des inländischen Arbeitgebers bleiben, ihr deutsches Beschäftigungsverhältnis aber für die Zeit des Auslandseinsatzes ruhen lassen. Zu einem bestimmten Stichtag - meist mit der Rückkehr des Beschäftigten - lebt der alte Vertrag mit allen Rechten und Pflichten wieder auf. So hat der Arbeitnehmer die Gewissheit, dass er zu Hause entweder seinen angestammten Job zurückbekommt oder zumindest eine gleichwertige Stelle in der alten Firma erhält.
Wie hoch ist die Bezahlung im Ausland?
Generell können die Parteien diesen Punkt frei verhandeln. Die Chancen, im Ausland besser zu verdienen, stehen allerdings gut - vor allem, wenn nicht nur der Beschäftigte selbst, sondern die ganze Familie der Heimat den Rücken kehrt. Der Hintergrund: Familienprobleme gehören laut einer Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young zu den Hauptursachen, warum Arbeitnehmer einen Auslandsaufenthalt vorzeitig abbrechen - für Unternehmen ein erhebliches Kostenrisiko. Um das zu senken, beteiligen sich Arbeitgeber oft nicht nur an den Umzugskosten oder den Mehrausgaben für eine Unterkunft vor Ort. "Vielfach unterstützen sie Eltern auch bei der Suche nach einer passenden Schule für den Nachwuchs und übernehmen sogar einen Teil der im Zielland anfallenden, oft sehr hohen Schulgebühren", weiß Expertin Andrelang. Auch beim eigentlichen Gehalt liegen Expatriates vielfach über dem Niveau ihrer Kollegen zu Hause. Dafür müssen sie in der Regel aber auch mehr leisten. "Normalerweise sind mit dem Gehaltsplus die Übernahme neuer Aufgaben und mehr Verantwortung des Angestellten verbunden", sagt Andrelang. Oft haben Mitarbeiter im Ausland weniger Unterstützung durch die Zentrale und müssen viele Entscheidungen in Eigenregie treffen.
Muss der Chef über die rechtlichen Risiken der Auslandstätigkeit aufklären?
Jein. "In der Regel wird sich der Arbeitgeber zwar bemühen, die meisten juristischen und steuerlichen Probleme zu lösen", sagt Christoph Fritz, Rechtsanwalt und Leiter des Bereichs "globale Beschäftigungsverhältnisse" bei der Kanzlei Heuser & Collegen in Duisburg. Zudem hat sich inzwischen eine ganze Branche auf sogenannte Relocation Services, also die Betreuung von Expatriates, spezialisiert - ein Angebot, das auch viele Arbeitgeber nutzen. Einen generellen Anspruch der Beschäftigten, vonseiten des Unternehmens umfassend über alle steuerlichen und sonstigen Besonderheiten des Ziellandes aufgeklärt zu werden, hat das Bundesarbeitsgericht jedoch verneint (Az.: 8 AZR 161/08).
Können die Mitarbeiter in Deutschland krankenversichert bleiben?
Manchmal. Relativ leicht haben es Kassenpatienten, die im Rahmen ihres deutschen Beschäftigungsverhältnisses für maximal zwei Jahre in ein EU-Land oder nach Liechtenstein, Island, Norwegen oder die Schweiz entsandt werden. Sie können sich auch im Ausland auf Kassenkosten behandeln lassen. Allerdings kommen AOK und Co. im Normalfall nur für diejenigen Leistungen auf, die sie auch im Inland bezahlen würden. Überschießende Kosten für landestypische Gesundheitsspezialitäten sollten angehende Expatriates daher über eine private Zusatzpolice abdecken.