Beruf und private Probleme:Wie man sich bei Liebeskummer im Job verhält

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So weh eine Trennung auch tut - im Berufsalltag sollten private Probleme keine Rolle spielen. Nur wer gar nicht arbeiten kann, muss das Gespräch mit dem Chef suchen. Eine beendete Partnerschaft kann aber auch Chancen für die Karriere bergen.

Eine Trennung schmerzt. Bei vielen Menschen ruft der Schlussstrich mit dem Lebenspartner sogar eine existenzielle Krise hervor, sagt die Diplom-Psychologin Birsen Köse aus Berlin. Doch im Berufsalltag kann darauf selten Rücksicht genommen werden. Denn hier zählt vor allem die Leistung. Wer Liebeskummer hat, sollte versuchen, seine privaten Problemen zu Hause zu lassen und den Job als Ablenkung zu begreifen. Vielleicht ist das Büro sogar eine Möglichkeit, das angeknackste Selbstbewusstsein wieder aufzupolieren.

Wer Liebeskummer hat, sollte versuchen, seine privaten Problemen zu Hause zu lassen und den Job als Ablenkung zu begreifen. (Foto: N/A)

So weh eine Trennung auch tut: In der Regel ist sie kein Grund, nicht bei der Arbeit zu erscheinen. Sonderregeln gelten nur, wenn der Partner stirbt. Dann gebe es die Möglichkeit, sich mehrere Tage vom Arbeitgeber freistellen zu lassen, so Köse. Gesetzliche Grundlage dafür sei Paragraf 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Außerdem gebe es in vielen Tarifverträgen explizite Regelungen für solche Sonderfälle.

Viele Arbeitnehmer seien bei Liebeskummer aber auch regelrecht froh, dass sie im Job Routine finden, während es im Privatleben kriselt, sagt Köse. Auch die Psychotherapeutin Prof. Anna Schoch aus München ist überzeugt: "In dieser Situation gibt es gar nichts Besseres als einen Job, der einen fordert. Arbeit ist das beste Heilmittel." Sie rät dazu, die Trennung nicht nur negativ zu sehen, sondern auch als Gelegenheit zu begreifen, um die Karriere anzukurbeln. Eine beendete Partnerschaft schaffe Raum, sich dem Beruf in ganz anderer Intensität zu widmen, neue Projekte anzustoßen oder Überstunden zu machen.

Einerseits sei nun schlicht mehr Zeit für den Beruf vorhanden. Andererseits strebe man vermehrt nach Erfolgserlebnissen und müsse weniger Rücksicht auf das Privatleben nehmen. Köse rät jedoch dazu, sich bei den Erfolgserlebnissen realistische Ziele zu setzen. Schon kleine Dinge - wie eine Besprechung vorzubereiten oder eine Präsentation zu halten - können helfen, das oft angeknackste Selbstbewusstsein aufzupäppeln.

Bei Liebeskummer sind aber auch die Kollegen gefragt: Denn nach einem durchweinten Wochenende können sie das private Dilemma meist gar nicht übersehen. Laut Köse tun nun auch floskelhafte Sprüche wie "Zeit heilt alle Wunden" gut. Wichtig sei, dem Trauernden zu vermitteln: "Du lieferst gute Arbeit, für die du geschätzt wirst."

Der Betroffene sollte jedoch darauf achten, dass seine Arbeitsleistung und die seiner Kollegen möglichst nicht unter der Trennung leidet, sagt der Konfliktberater Werner Schienle aus Stuttgart. Keinem sei geholfen, wenn ein Kollege in seiner Arbeit durch die privaten Belange anderer gestört werde. Er empfiehlt daher, die Kollegen etwa in der Mittagspause in das Beziehungsende einzuweihen. Eine gute Alternative sei, das Dienstende abzuwarten und von den Kollegen niemanden auszuschließen. Denn das könne in der Abteilung leicht zu Irritationen führen.

Wer es vor Kummer überhaupt nicht schafft, seine Arbeit zu bewältigen, sollte das Gespräch mit dem Chef suchen, rät Konflikt-Experte Schienle. Wichtig sei dabei, sich realistisch einzuschätzen. Sind die privaten Probleme so groß und die Arbeitsleistung so gering, dass auch ein Kollege davon betroffen ist, sollte man das ehrlich zugeben. "Man kann kein Mitleid erwarten, Verständnis aber schon", erklärt Schienle. Ein guter Chef habe nämlich Spielräume, die er nutzen könne - trotz eigener Interessen und Ziele. Möglich sei etwa, dass der Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum Verantwortung abtrete. Steht ein größeres Projekt an, könne es gerade jetzt richtig sein, einen jungen Kollegen an Führungsaufgaben heranzuführen. Ist die Krise überwunden, könne der Mitarbeiter dann wieder voll einsteigen. Sich dem Vorgesetzten privat zu öffnen, setze aber stets ein Vertrauensverhältnis voraus.

Nach einer Trennung können einige freie Tage helfen, wichtige Privatsachen zu klären. Dann könne man sich anschließend wieder voll auf den Job konzentrieren, sagt Schienle. Oft stünden organisatorische Dinge wie Wohnungsauflösung, Umzug, Gerichts- und Anwaltstermine oder die Regelung der Kinderbetreuung an. "Das kostet täglich Stunden." Neben der Arbeit bleibe zur Klärung dieser großen Probleme meist keine Zeit.

© Andreas Thieme/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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