Beruf:Dienstreise mit Urlaubsplus

Bahn

Warum nicht das Berufliche mit dem Privaten verbinden? Wer seine Dienstreise mit einem Wochenendtrip verlängert, kann die Kosten dafür steuerlich geltend machen - unter bestimmten Voraussetzungen.

(Foto: dpa)

An die Geschäftsreise ein paar private Urlaubstage hängen? Kein Problem. Immer mehr Berufstätige wissen: Unter Umständen zahlt das Finanzamt dafür.

Von Berrit Gräber

Mit dem Zug zur Tagung nach Berlin, mit dem Auto zur Fortbildung nach Köln, im Flieger zur Konferenz nach Paris oder zur Messe nach New York: Für Tausende Arbeitnehmer gehören anstrengende Businesstrips längst zum Berufsleben. Immer mehr Reisende tendieren inzwischen dazu, ihre Geschäftstermine gleich mit ein paar Tagen Urlaub zu kombinieren. Eine Umfrage von hotel.de ergab, dass 60 Prozent der Portalnutzer ihre Dienstreisen privat verlängern. Wer kann, pickt sich für seine Besprechungen von vorne herein einen Freitag oder Montag heraus, um ein privates Wochenende anhängen zu können. Das ist nicht nur reizvoll, sondern mittlerweile teilweise von der Steuer absetzbar, wie Christina Georgiadis, Sprecherin der Vereinigten Lohnsteuerhilfe, weiß. Nur: Längst nicht alle Vielreisenden wissen, wann das Finanzamt mithilft - und wann nicht.

Lange war tatsächlich nicht daran zu denken, den Fiskus an den Kosten einer verlängerten Geschäftsreise zu beteiligen. Bis vor etwa vier Jahren galt ein sogenanntes Aufteilungs- respektive Abzugsverbot. Nur bei einer lupenreinen Dienstreise gab es Geld vom Staat zurück. Das hat sich mit einem Machtwort des Bundesfinanzhofs vom September 2009 geändert (BFH, Aktenzeichen: GrS 1/06). "2010 hat das Bundesfinanzministerium die Entscheidung dann umgesetzt", erklärt Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine (BDL). Seither liegt es im Trend, Privat- und Geschäftsreisen zu kombinieren und so Steuern zu sparen.

Mindestens zehn Prozent der Reise müssen dienstlich sein - sonst sind keinerlei Kosten absetzbar

Wer glaubt, er könne jetzt in jedem Fall Urlaub auf Staatskosten machen, liegt aber falsch. Grundsätzlich sind die Reisekosten nicht absetzbar, wenn der berufliche Anteil des Trips unter zehn Prozent ausmacht. Wer einen einwöchigen Aufenthalt am Chiemsee in die Steuer packen will, weil er in der Zeit ein einstündiges geschäftliches Treffen hatte, wird beim Finanzamt nicht durchkommen. Sind aber mehr als 90 Prozent der Reise dienstlich, gibt es den vollen Steuerabzug, sollte ein Arbeitgeber die Kosten nicht übernehmen, erläutert Fachmann Nöll.

Bei allem, was dazwischen liegt, heißt es: rechnen und Kosten aufteilen. Angenommen, ein Bauingenieur muss sieben Tage auf Geschäftsreise nach Dubai. Danach macht er dort drei Tage Urlaub. Im Idealfall lässt er sich zwei getrennte Rechnungen für die beruflich bedingten Übernachtungen und für die privaten geben. Oder er rechnet die Kosten für den Privataufenthalt heraus. In solchen Fällen kann der Verpflegungsmehraufwand nur für die beruflich bedingten sieben Auslandstage geltend gemacht werden, nicht jedoch für die Urlaubstage. Und die reinen Fahrtkosten, also in dem Beispiel die Flüge, sind streng genommen ebenfalls aufzuteilen.

Der private Reiseanteil des Bauingenieurs aus dem Beispiel liegt bei 3/10, er kann also seine Reisekosten zu 70 Prozent absetzen oder vom Arbeitgeber steuerfrei erstatten lassen. In vielen Fällen übernimmt die Firma aber von vornherein die vollen Fahrt- oder Flugkosten, selbst wenn der Arbeitnehmer die Dienstreise privat verlängert.

Viele Freiberufler und Selbständige profitieren von neuen Möglichkeiten

Auch wer vor und nach der Dienstreise ausgiebig Urlaub macht, kann profitieren, vor allem Freiberufler und Selbstständige. Fliegt ein niedergelassener Arzt beispielsweise zu einem Kongress nach London, kann er Samstagfrüh anreisen, Dienstag bis Donnerstag am Kongress teilnehmen und Sonntagabend wieder nach Hause fliegen. Die Hotelkosten für zwei Übernachtungen sowie die Tagungsgebühren lassen sich als Betriebsausgaben voll absetzen. Die Flugkosten sind gemischt veranlasst und aufzuteilen. Für den Arzt heißt der Schlüssel 3/9. Aber: Reist der Arzt nicht als Besucher, sondern als Mitveranstalter, darf er seine Flüge voll in die Steuer packen. Verpflegungspauschalbeträge gibt es in jedem Fall nur für die Kongresstage.

Auch Angestellte auf Fortbildung müssen auf ein Urlaubsplus nicht verzichten. Beispiel: Eine Produktmanagerin fährt am Vorabend mit dem Zug zu einer zweitägigen Fortbildung nach Dresden. Anschließend macht sie drei Tage Urlaub in der Stadt mit ihrem Ehemann. Sollte die Firma die Fortbildung nicht sowieso zahlen, kann die Angestellte die Hinfahrt, die beiden Übernachtungen und die Verpflegung für die Seminartage als Werbungskosten absetzen, wie Georgiadis vorrechnet. Das Paar zahlt die Anreise des Mannes und den Privataufenthalt aus der eigenen Tasche.

Stadtrundfahrten sollten nicht mit Firmenkreditkarte bezahlt werden

Am meisten können Angestellte profitieren, wenn zwischen zwei Geschäftsterminen ein oder zwei Tage Pause sind. Beispiel: Ein Vertriebsfachmann fährt für vier Tage nach Berlin, um die ersten beiden Tage an einer Messe teilzunehmen. Dann hat er einen Tag Leerlauf und am vierten Tag eine Besprechung. "Weil es wirtschaftlich Unfug wäre, wenn der Mann dazwischen noch einmal hin und her fliegt oder mit dem Auto fährt, wird der Arbeitgeber die Kosten gleich ganz übernehmen", so Nöll. Die Firma spart dadurch Geld. In diesem Fall wird der Beschäftigte alle Kosten vom Chef zurückbekommen. Private Ausgaben am Brückentag wie Stadtrundfahrten oder Taxifahrten müssen aber extra laufen und sollten nicht mit der Firmenkreditkarte gezahlt werden.

Zahlt der Berufstätige seine Reisekosten selbst, weil er etwa Freiberufler ist, muss er beim Beispiel der Berlinreise alle Kosten für den "Dienstreisebrückentag" aus den Reisekosten herausrechnen. Nur die übrigen Aufwendungen dürfen in die Steuererklärung. Kann er nachweisen, dass er am Tag mit terminlichem Leerlauf beruflich aktiv war und zum Beispiel Neukunden akquirierte, kann die Reise zu über 90 Prozent geschäftlich veranlasst sein. Ist das der Fall, dürfte das Finanzamt alle Tage als Dienstreise akzeptieren. "Wer seine Dienstreise mit Urlaubsplus in seine Steuer packt, sollte darauf gefasst sein, dass das Finanzamt manchmal etwas genauer hinschaut, sagt Georgiadis. Ihr Tipp: Alle relevanten Belege der Geschäftsreisen übers Jahr sorgfältig aufbewahren, wie etwa Tickets, Rechnungen von Seminaren oder Essensbelege. Private Ausgaben und geschäftliche Spesen müssen stets voneinander abgrenzbar sein."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: