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Befristeter Arbeitsvertrag:Stückwerk mit Tücken

Lieber ein befristeter Vertrag als gar keiner - diese Devise gilt vor allem in Krisenzeiten. Doch wer sich nicht von einem Job zum nächsten hangeln will, sollte die Rechtslage genau kennen.

Unbefristete Arbeitsverträge haben gerade in Krisenzeiten Seltenheitswert. Viele Arbeitgeber finden sich mit einem befristeten Vertrag ab, bevor sie gar keinen bekommen. "Befristungen sind sehr verbreitet - und zwar in allen Branchen", sagt Christian Götz, Arbeitsrechtler bei der Gewerkschaft Verdi in Berlin. Besonders häufig sind sie nach Einschätzung der Berliner Rechtsanwältin Valentine Reckow in sogenannten Tendenzbetrieben: in den Medien, der Kunst und der Wissenschaft. Auch bei Sportlern und Trainern seien sie üblich. Saisonbetriebe in Gastronomie und Tourismus arbeiten ebenfalls oft mit Befristungen.

Voll integriert

Wie vertraglich befristet werden darf, regelt ein eigenes Gesetz: das Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG). Es legt unter anderem die verschiedenen Gründe fest, die eine Befristung ermöglichen. "Es kann ohne Grund befristet werden, wenn zuvor kein Arbeitsverhältnis zum Arbeitgeber bestand, und zwar bis zu zwei Jahre", erklärt der Rechtsanwalt Michael Felser aus Brühl bei Köln. Dieser Zeitraum könne in bis zu vier befristete Verträge gestückelt werden, "ohne dass dabei ein Grund vorliegen müsste".

Zum anderen kann mit einem Sachgrund befristet werden. "Dazu gehört der nur vorübergehende betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung oder eine Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium", sagt Felser, "aber auch die Einstellung eines Mitarbeiters, der zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird."

Schriftform ist zwingend

Insgesamt ist eine befristete Beschäftigung nicht immer die schlechteste, wie Arbeitsrechtler Götz betont: "Man ist voll in den Betrieb integriert." Je nach Vertragsgestaltung bedeutet dies, dass Weihnachts- und Urlaubsgeld gezahlt werden und auch Anspruch auf Urlaub besteht.

Eines, sagen die Experten, sei allerdings wichtig beim Abschluss eines befristeten Vertrages: Befristungen bedürfen der Schriftform. Im Vertrag muss die vorhersehbare Dauer der Befristung schriftlich nachgewiesen werden. Nach höchstrichterlichem Urteil ist im Arbeitsvertrag zu vereinbaren, ob der Mitarbeiter als Zeitangestellter, als Angestellter für Aufgaben von begrenzter Dauer oder als Aushilfe eingestellt wird. Felser: "Findet sich im Arbeitsvertrag keine Regelung und damit auch kein Enddatum, ist das Arbeitsverhältnis unbefristet."

Auf der nächsten Seite: Was rechtlich möglich ist - aber nicht ratsam, und wie sich befristet Angestellte effektiv zur Wehr setzen können.

Stillschweigende Umwandlung

Es gibt noch weitere Konstellationen, in denen ein ursprünglich befristeter in einen unbefristeten Vertrag übergeht: "Wenn die Befristung unter formalen Mängeln leidet, also zum Beispiel nicht schriftlich ist, der sachliche Grund fehlt oder Veränderungen der Arbeitsbedingungen bei Verlängerung der sachgrundlosen Befristung auftreten, kann das beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden", sagt der Anwalt. Ein weiterer, oft übersehener Grund: Die Firma lässt den Kollegen unwidersprochen nach Ende der Befristung weiterarbeiten - auch damit ist der Vertrag stillschweigend in einen unbefristeten gewandelt.

Doch der unbefristete Vertrag steht nicht immer am Ende einer Karriere von Zeitjobs: Gibt es für jede Befristung einen eigenen Sachgrund, könne unendlich oft befristet werden. In der Praxis gebe es "regelrechte Elternzeitvertretungskarrieren", sagt Felser.

Taktisch kluges Aussitzen

Steckt ein Arbeitnehmer in einer Dauer-Befristung fest, kann er gerichtlich dagegen vorgehen - allerdings ist dieser Schritt mit Vorsicht zu genießen. "Eine sogenannte Entfristungsklage vor dem Arbeitsgericht kann nur bis zu drei Wochen nach Auslaufen der Befristung angestrengt werden", sagt Felser. Vorher sei das zwar möglich, aber nicht ratsam: "Das Klima im laufenden Arbeitsverhältnis wird beeinträchtigt und damit wird verhindert, dass der Arbeitgeber am Ende einen unbefristeten Vertrag oder wenigstens eine weitere Befristung anbietet."

Taktisch klüger sei in diesem Fall das Aussitzen: "Wenn man sicher ist, dass die Befristung nicht in Ordnung ist, kann man gelassen abwarten - und sollte das auch tun, um sich nicht um zusätzliche Optionen zu bringen."

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dpa/Verena Wolff/bön
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