Befristete Verträge:Lebenslänglich Zeitarbeit

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Die Chance von Zeitarbeitern auf eine dauerhafte Anstellung liegt bei nur sieben Prozent. Der Ausbruch aus dem System ist schwierig.

Thomas Öchsner

Zeitarbeit ist nur selten ein Sprungbrett für eine Festanstellung. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Bertelsmann-Stiftung am Dienstag vorlegte. Zeitarbeit stelle selten "eine Brücke in reguläre Arbeitsverhältnisse" dar, kritisierte Stiftungschef Gunter Thielen. Die Untersuchung, bei der die Arbeitsverhältnisse in 23 europäischen Ländern miteinander verglichen wurden, bestätigt damit zum Teil die Kritik der Gewerkschaften an der Zeitarbeit.

Zeitarbeit ist kein Sprungbrett in die Festanstellung. (Foto: Foto: iStock)

Kein Königsweg

In Deutschland sind derzeit fast 670.000 Menschen als Zeitarbeiter tätig. Sie werden von ihrem Arbeitgeber an andere Betriebe verliehen. Die frühere rot-grüne Bundesregierung hatte die Regeln für die Zeitarbeit im Zuge der Hartz-Reform deutlich gelockert, um neue Jobs zu schaffen und Unternehmen den Einsatz von Leiharbeitern zu erleichtern.

Aus der Studie geht jedoch hervor, dass diese Arbeitnehmer oft nicht mehr nur als Puffer dienen, wenn Unternehmen gerade besonders viele Aufträge haben; vielmehr habe sich die Zeitarbeit zu einem eigenständigen, dauerhaften Segment auf dem Arbeitsmarkt entwickelt, das sich in zwei Gruppen von Beschäftigten aufteile: Ein Teil werde "quasi dauerhaft" als Personal in der verarbeitenden Industrie eingesetzt. Der andere bekomme häufig nur Jobs mit sehr kurzfristiger Beschäftigungsdauer, "die von Phasen der Nichterwerbstätigkeit unterbrochen werden", heißt es in der Studie. Die Beschäftigungsform sei deshalb "kein Königsweg für die Eingliederung von Nichterwerbstätigen in den Arbeitsmarkt".

Tendenz zur Spaltung

Die Bertelsmann-Stiftung sieht eine "deutliche Tendenz zur Spaltung zwischen Rand- und Kernbelegschaften" und spricht sich deshalb dafür aus, Löhne und Arbeitsbedingungen in der Zeitarbeit an die der Stammbelegschaften anzunähern. Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte mehrmals angedroht, die Regeln für die Zeitarbeit zu verschärfen, um einen Missbrauch zu verhindern. Bislang hat sie aber noch keinen Gesetzentwurf vorgelegt.

Befürworter der Beschäftigungsform verweisen darauf, dass Leiharbeiter die Chance hätten, bei ihrem Einsatzbetrieb einen festen Job zu erhalten. Dieser sogenannte "Klebeeffekt" ist jedoch offenbar gering: Die Wahrscheinlichkeit, übernommen zu werden, liegt bei sieben Prozent. Diese Zahl nennt der jüngste Leiharbeitsbericht der Bundesregierung. Insgesamt spielt die Zeitarbeit in Deutschland noch eine untergeordnete Rolle. Trotz einer Verdopplung zwischen 2000 und 2007 beläuft sich ihr Anteil auf 1,6 Prozent aller Arbeitsstunden. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland damit im Mittelfeld.

Ausgeprägte Lohnspreizung

In ihrer Studie weist die Stiftung auch darauf hin, dass der Niedriglohnsektor deutlich zugenommen habe. Dies hänge vor allem mit dem Wachstum des Dienstleistungssektors zusammen. Dort seien Tarifverträge weniger häufig, atypische Beschäftigungsformen, besonders Minijobs und Zeitarbeit, dagegen stärker verbreitet.

Deutschland weise in Europa mittlerweile eine "ausgeprägte Lohnspreizung" auf. Vor allem Arbeitnehmer ohne Berufsabschluss, Frauen, jüngere Beschäftigte und Ausländer müssten sich mit Niedriglöhnen zufriedengeben. Die Stiftung schlägt vor, bessere Anreize für die Aufnahme von Vollzeitjobs zu schaffen. Auch ein moderater Mindestlohn sei "für den Arbeitsmarkt nicht unter allen Umständen schädlich".

© SZ vom 28.04.2010/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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