Bachelor-Reform:"Überfüllte Seminare, schlechte Betreuung"

Studenten an der Uni Leipzig protestieren gegen die schlechten Studienbedingungen. Student Daniel Palm über die misslungene Bachelor-Reform.

J. Osel

SZ: Verfluchen Sie manchmal, nicht mehr auf Diplom studieren zu können?

Bachelor-Reform: Proteste an der Universität Leipzig: Die Studenten wehren sich gegen überfüllte Seminare und schlechte Betreuung.

Proteste an der Universität Leipzig: Die Studenten wehren sich gegen überfüllte Seminare und schlechte Betreuung.

(Foto: Foto: dpa)

Daniel Palm: Nicht unbedingt. Ich denke, es wäre nicht das Allheilmittel, alles zu revidieren und zum alten System zurückzukehren. Der Protest hat ja verschiedene Gründe. Da sind Probleme dabei, die der Bachelor verschärft hat, die es aber auch schon vorher gab: überfüllte Seminare, schlechte Betreuung, zu wenig Selbstbestimmung. Und die enorme Prüfungslast, zu wenig Master-Plätze nach dem Bachelor oder die Verschulung des Studiums. Da hat sich einfach Unmut aufgestaut.

SZ: Inwiefern ist denn zum Beispiel Ihr Studium verschult?

Palm: Es gibt strikte Modulvorgaben, es fehlt oft die Möglichkeit, den Stundenplan nach eigenen Interessen zu gestalten. Sich in ein Thema einzulesen und dann zu entscheiden, ob man es weiter verfolgen will, ist schlecht möglich. Wenn man sich am Anfang des Semesters in ein Modul einschreibt, ist man drin, mit Anwesenheitsliste. Erweist sich das Thema dann als weniger interessant, hat man Pech. Das ist nicht das, was ich mir unter einer universitären Bildung vorstelle.

SZ: Wie protestieren die Studenten?

Palm: Mit Raumbesetzungen, aber es geht uns vor allem um die inhaltliche Diskussion. Primär soll der Protest auf die Probleme aufmerksam machen. Es soll mobilisiert werden, es gibt Workshops und Info-Abende zur Bildungspolitik. Abends kommen oft über 100 Leute, ich sehe da auch wechselnde Gesichter. Das ist nicht nur ein harter Kern, der sich mit sich selbst beschäftigt. Die Unterstützung ist jedenfalls enorm. Wir haben Solidaritätsbekundungen aus ganz Deutschland und sogar Europa bekommen.

SZ: Die Hochschulleitung hat sich gleich zu Beginn mit Ihnen solidarisiert.

Palm: Das ist nicht ganz richtig. Sie hat Verständnis geäußert und die Verantwortung der nächsten Ebene, der Politik, zugewiesen. Die Unis dürfen sich nicht länger von Politik und Arbeitsmarkt instrumentalisieren lassen. Es gibt aber bei der Umsetzung der Bologna-Reformen durchaus Kritik an unserem Rektorat.

SZ: Zum Beispiel?

Palm: Durch das Einschreibesystem kann es dazu kommen, dass Studierende Module belegen müssen, die sie nicht wollen. Es gibt sogar Politikstudierende, die unfreiwillig in Chemie-Seminaren sitzen. Und die Prüfungslast: Ich kenne Biologen, die in einer Veranstaltung in einem Semester 14 und mehr Einzelleistungen erbringen - das ist im Wochentakt ein bloßes Ableisten von Wissen.

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