Süddeutsche Zeitung

Babypause und Wiedereinstieg:Wie sage ich es dem Chef?

Schwanger? Nicht nur für die werdenden Eltern wird sich viel ändern, sondern auch für ihre Vorgesetzten. Denn für sie bedeutet eine "Ich bin schwanger"-Nachricht vor allem eines: Umstände.

Von Dorothea Grass

Die kritischen Wochen der Frühschwangerschaft sind vorüber, die Sache wird konkret und vor allem auch bald äußerlich sichtbar. Bevor die Kollegin mit dem Kennerblick den Flurfunk benachrichtigt, muss sich die Schwangere mit der Frage auseinandersetzen: "Wie sage ich es dem Chef?"

Nicht immer können Vorgesetzte souverän mit so einer Mitteilung umgehen. "Für die meisten ist die Nachricht erst einmal ein Schock", weiß Sascha Schmidt, Coach für Karriere und Familie, schließlich tauchten plötzlich viele ungeklärte Fragen für die weitere Planung auf. "Von der Gefühlssituation her ist das für den Chef ein bisschen wie bei einer Kündigung", schiebt Schmidt hinterher.

Ganz schlecht: Wenn der Chef die Nachricht als Letzter erfährt

Es sind also Fingerspitzengefühl und diplomatisches Geschick gefragt. Besonders wichtig: Der direkte Vorgesetzte sollte die freudige Botschaft so früh wie möglich erfahren. Gut sei ein ruhiger Moment unter vier Augen, rät Sascha Schmidt - also nicht die zufällige Begegnung vor dem Aufzug, auf dem Weg ins Büro oder unmittelbar nach einer Sitzung. Ziehen Sie die Benachrichtigung nicht unnötig in die Länge. Alles Weitere kann beim nächsten Gespräch vereinbart werden, am besten so zeitnah wie möglich.

Gesprächstermin gründlich vorbereiten

Nach der ersten Übermittlung der Botschaft ist dieser zweite Termin der weitaus wichtigere, denn er verlangt eine gute Vorbereitung.

Cornelia Spachtholz, Vorsitzende im Verband berufstätiger Mütter (VBM), rät für diesen wichtigen Termin: "Denken Sie mit! Überlegen Sie sich im Vorfeld, welche Herausforderungen die Nachricht Ihrer Schwangerschaft für den Chef bedeutet. Nur 'Ich will'-Botschaften zu senden, ist schwierig."

Das Bundesfamilienministerium empfiehlt in der Infobroschüre "So sag ich's meinem Vorgesetzten" für das Elternzeit-Gespräch mit dem Arbeitgeber, an einem Ziel festzuhalten, nämlich "gemeinsam Erwartungs- und Planungssicherheit" zu schaffen. Schwangere Frauen und werdende Väter, die in Elternzeit gehen möchten, sollten vor dem Gesprächstermin konkrete Vorstellungen und Kenntnisse zu folgenden Punkten haben:

  • Wie sind die rechtlichen Rahmenbedingungen und Fristen zu Mutterschutz, Elternzeit (mehr dazu in diesem Ratgeber) und Inanspruchnahme von staatlichen Hilfen (Elterngeld, Mutterschaftsgeld)?
  • Wie lange soll der geplante Ausstieg dauern?
  • Welcher Arbeitsumfang und Zeitpunkt ist für den Wiedereinstieg geplant (Teilzeit während der Elternzeit - ja oder nein?)?
  • Welche Aufgabenbereiche umfasst die aktuelle Stelle (am besten auflisten), welche Projekte stehen an?
  • Die vorherrschende Firmenkultur: Wie ist in anderen Fällen mit Auszeiten umgegangen worden, wie ist das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeitern, in welcher Branche ist das Unternehmen angesiedelt?
  • Wer ist ein möglicher Vertreter während der Elternzeit?
  • Wann ist ein guter Zeitpunkt und Rahmen für die Übergabe?
  • Welche Dinge müssen vor der Elternzeit im Job noch erledigt werden?
  • Wie sieht es mit der Erreichbarkeit während der Elternzeit aus? Wenn ja, wie?
  • Was wünschen Sie sich von Ihrem Arbeitgeber an Austauschmöglichkeiten, damit Sie beruflich im Bilde bleiben (Zugang zu Mails und Intranet während der Elternzeit, Einladung zu Firmenevents oder anderen Veranstaltungen)?
  • Gibt es in der Firma spezielle Programme für den Wiedereinstieg?
  • Möchten Sie die Elternzeit eventuell für Fortbildungen nutzen oder sich danach in der Firma neu ausrichten?

Die vereinbarten Eckpunkte für Elternzeit und Wiedereinstieg sollten schriftlich festgehalten und bestätigt werden. Das geht am praktischsten mit einer E-Mail. Rechtlich bietet sie zwar keine Garantie im Falle eines Führungskraftwechsels, als Erinnerungsstütze für vergessliche Vorgesetzte kann sie aber durchaus dienlich sein.

Proaktivität ist der Schlüssel zum Erfolg, weiß Personalreferentin Annette Sulger, die beim Fahrzeugkonzern MAN das Wiedereinstiegstraining betreut und empfiehlt: "Entwickeln Sie schon vor dem Elternzeit-Gespräch konkrete Vorstellungen und äußern Sie sie klar und deutlich!"

Mitentscheidend - sowohl für das Gespräch als auch den Wiedereinstieg - ist aber auch etwas, das nicht immer beeinflussbar ist: das bisherige Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeiter und Vorgesetztem. Coach Sascha Schmidt appelliert an den "gesunden Menschenverstand" des Einzelnen, damit das Gespräch für beide Seiten erfolgreich verläuft.

Und nicht zuletzt beeinflusst auch die eigene innere Einstellung den Gesprächsverlauf. Wenn ein Mitarbeiter Nachwuchs erwartet, ist das eine frohe Botschaft, die ebenso positiv kommuniziert werden sollte. Niemand muss sich für sein Recht auf Elternzeit entschuldigen. Ein zu besorgtes Herangehen an ein Elternzeit-Gespräch mit dem Vorgesetzten könnte als Stimmung schnell auf ihn übergehen - und ist darüber hinaus kontraproduktiv.

Gefeit vor Überraschungen sei dennoch niemand, weiß Sascha Schmidt. Selbst die umfassendsten Arbeitsschutzgesetze und detailliertesten Planungsgespräche könnten Vorgesetzte zuweilen nicht daran hindern, eine familienbedingte Auszeit als Möglichkeit zu sehen, den Mitarbeiter loszuwerden. In solchen Fällen lässt sich der Gang zum Anwalt nicht immer vermeiden. Schmidt gibt allerdings zu bedenken, dass geschasste Arbeitnehmer oft mehr von einem Jobwechsel profitieren, als auf eine Stelle zu pochen, in der es an Wertschätzung für die Mitarbeiter fehlt.

Weiterführende Links und Ratgeber:

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