Auszeit vom Job:Lizenz zum Blaumachen

Viele wünschen es sich, aber die wenigsten tun es: Nur drei bis vier Prozent der deutschen Angestellten gönnen sich eine längere Auszeit vom Job. Das sogenannte Sabbatjahr ist Arbeitgebern und -nehmern hierzulande nicht ganz geheuer. Dabei bietet es einige Chancen - für beide Seiten.

Georg Etscheit

Wer träumt nicht davon? Raus aus der Mühle, mal wieder das tun, was man im Berufsleben vernachlässigt hat - Zeit für ein Sabbatical. Laut einer Forsa-Umfrage wünschen sich 38 Prozent der Arbeitnehmer in Deutschland eine Auszeit, nur drei bis vier Prozent nehmen sie auch.

Sommer am Bodensee

Endlich mal das tun, wozu man wegen der Arbeit sonst nie kommt: Ein Sabbatjahr macht es möglich.

(Foto: dpa)

"Ein Sabbatjahr gilt hier oft als exotisch", sagt Falk Runge, Mitglied der Geschäftsleitung der Personalberatung Kienbaum. "Anders als in Ländern wie Holland oder Dänemark spürt man in Deutschland gegenüber Sabbaticals noch erhebliche Vorbehalte. Und zwar auf beiden Seiten."

Viele Arbeitgeber sähen in dem Wunsch nach einer längeren Auszeit immer noch mangelnde berufliche Motivation. Arbeitnehmer wiederum befürchteten einen Karriereknick. Dabei böten einvernehmlich vereinbarte Auszeiten Chancen, meint Runge. Unternehmer könnten mit den befristeten Vakanzen etwa Krisenzeiten abpuffern oder neue Mitarbeiter auf vorübergehend freien Stellen weiterentwickeln. Und sie profitierten davon, wenn sich ein Mitarbeiter in einem Sabbatical weiterbilde.

Grundlage eines Sabbaticals kann das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) sein, das eine flexible Gestaltung der Arbeitszeit erlaubt. Voraussetzung für seine Anwendung ist eine Betriebsgröße von mehr als 15 Mitarbeitern und eine bisherige Beschäftigungsdauer von mehr als sechs Monaten. Aus dem TzBfG leitet sich kein gesetzlicher Anspruch ab. Ein Sabbatical kann jederzeit aus betrieblichen Gründen abgelehnt werden.

Die Rückkehr regeln

Ist der Chef aber einverstanden, sollte man unbedingt eine geordnete Rückkehr regeln. Zunächst gilt: Wenn nicht rechtswirksam gekündigt wird, bleibt das alte Arbeitsverhältnis bestehen. Empfehlenswert ist es, einen Sabbatical-Vertrag zu schließen, der etwa klärt, ob man einen Anspruch auf den alten Arbeitsplatz hat oder ob während der Auszeit der rechtliche Kündigungsschutz gilt.

Durchaus üblich sind laut Runge kürzere Auszeiten, etwa das "Abfeiern" angesparter Überstunden am Stück. Grundlage dafür sind die sogenannten Langzeitkonten. Dies sind vom Arbeitgeber in Geldwerten geführte Konten, auf denen zu viel geleistete Arbeitszeit oder auch Prämien und andere nicht ausgeschüttete Gehaltsanteile gebucht werden können. Der Gegenwert dieser Langzeitkonten sichert die Finanzierung einer Auszeit im Sinne einer Lohnfortzahlung.

Die gesetzlichen Grundlagen für solche Langzeitkonten wurden 2008 mit dem "Gesetz zur Verbesserung der Rahmenbedingungen der sozialrechtlichen Absicherung flexibler Arbeitszeitregelungen", kurz Flexi II, geschaffen. Das Gesetz sieht vor, dass die Guthaben von Langzeitkonten sicher angelegt und im Falle einer Auszeit auch garantiert ausgezahlt werden. Und dass die Guthaben im Falle eines Jobwechsels oder einer Insolvenz nicht verlorengehen.

Doch führen längst nicht alle Firmen Langzeitkonten für ihre Mitarbeiter. Eugen Spitznagel vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg schätzt, dass erst fünf Prozent der Arbeitnehmer über ein Langzeitkonto verfügen können. Die meisten dieser Konten seien darauf ausgerichtet, einen vorzeitigen Renteneintritt abzufedern, ergänzt Alexander Herzog-Stein von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

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