Auszeichnung "Top-Arbeitgeber":Wie man Bewerber beeindruckt

Normalerweise sind es die Absolventen, die bei den Unternehmen Eindruck schinden wollen.Im Kampf um den Titel "Bester Arbeitgeber" ist es umgekehrt. Wer gewinnen will, muss einige Kriterien erfüllen.

Alexandra Straush

Kluge Köpfe, die frei sind für gute Leistungen - so wünscht sich die Firma Henkel ihre Mitarbeiter. Damit das auch funktioniert, hat das Düsseldorfer Traditionsunternehmen, das vor mehr als 100 Jahren mit einer Waschmittelmarke groß geworden ist, vorgesorgt: Es gibt zwei Kindertagesstätten, einen "Arbeitskreis Familie und Beruf" und betriebliche Sozialarbeiter, die bei Problemen mit der Pflege von Angehörigen weiterhelfen. In Sachen Teilzeitarbeit ist alles möglich, was sich im Team und mit dem Vorgesetzten vereinbaren lässt. Dieses Fürsorgepaket brachte Henkel in diesem Jahr den ersten Platz beim Wettbewerb "Top Arbeitgeber" ein - sowohl in der Kategorie Work-Life-Balance als auch im Gesamtranking.

Top-Arbeitgeber

Der Konsumgüter-Konzern Henkel - hier ein Mitarbeiter in der Verpackungsherstellung - schmückt sich mit dem Gütesiegel "Top Arbeitgeber".

(Foto: Henkel/oh)

Mit dem Wettbewerb "Top Arbeitgeber" zeichnet das Düsseldorfer CRFInstitut jedes Jahr etwa 90 Unternehmen für ihr strategisches Personalmanagement aus. Die Teilnehmer des Audits müssen einen langen Fragebogen zur Arbeitssituation im Unternehmen ausfüllen. Außerdem benennen sie drei Interviewpartner aus der Personalabteilung, der Führungsebene und dem Juniormanagement, die für Gespräche zur Verfügung stehen. Aus der Zusammenschau von Fragebogen und persönlichen Interviews entsteht dann die Bewertung in sechs Kategorien: Entwicklungsmöglichkeiten, Jobsicherheit, Marktposition und Image, Unternehmenskultur, Vergütung und Work-Life-Balance.

Da die Firmen für die Beteiligung an dem Audit mehrere tausend Euro zahlen, spielt der Wettbewerb eine wichtige Rolle in ihrer Rekrutierungsstrategie. "Employer Branding" heißt der Fachbegriff dafür, dass sich Unternehmen auf dem Bewerbermarkt wie eine Marke präsentieren - vor allem, wenn sie Probleme haben, die richtigen Kandidaten zu finden. "Wir möchten so wahrgenommen werden, wie wir wirklich sind", sagt Jessica Thiel, Global Head of Talents, Leadership and Learning bei Henkel. Eben nicht nur als ein deutscher Waschmittelhersteller. Sondern auch als ein internationaler Konzern, der 80 Prozent seines Umsatzes im Ausland macht und über Standorte in 75 Ländern verfügt; der Kosmetikprodukte in Südostasien vertreibt, aber auch Klebstoffe, die deutsche Flugzeuge zusammenhalten.

Gerne präsentiert das Unternehmen deshalb Karrieren wie die von Robert Schäffler. Der 27 Jahre alte Stuttgarter arbeitet als Brand Manager in Irvine nahe Los Angeles, wo er eine Haargelmarke von Henkel an den jungen Mann bringen soll. Zu seinem Job kam er, weil er in einer internationalen Zeitung in China von einer Karrieremesse in Brüssel gelesen hatte. Er bewarb sich per Mail bei den Organisatoren, die ein Gespräch mit Henkel einfädelten. Ein Werdegang wie der von Robert Schäffler duftet nach weiter Welt und nicht mehr nach Prilblumen.

Der Wettbewerb hilft Arbeitgebern dabei, sich ein Gesicht zu geben. Alle 93 Zertifizierten dieses Jahres werden in ein Handbuch aufgenommen, das Kurzporträts der Unternehmen und ihre Bewertung durch das CRF-Institut enthält. Das Top-Arbeitgeber-Siegel können die Teilnehmer auf ihre Homepage stellen oder auf Plakate für Karrieremessen drucken. Die Inhaber der ersten fünf Plätze im Gesamtranking oder in den Unterkategorien können sich als die Besten der Besten präsentieren: Bei ihnen lässt sich schon im Logo ablesen, wie sie abgeschnitten haben.

Aufmerksamkeit ist das A und O

Aufmerksamkeit ist das A und O des Wettbewerbs. Deshalb bietet das CRFInstitut für kleine Unternehmen ohne eigene PR-Abteilung als zusätzliches Service-Paket Pressearbeit an. Henkel übernimmt diese Aufgabe selbst: Personalabteilung und Unternehmenskommunikation arbeiten beim Top-Arbeitgeber-Wettbewerb eng zusammen, um vor allem vor Absolventen der Wirtschaftswissenschaften zu glänzen. Dass die Botschaft ankommt, merkt Jessica Thiel in Bewerbungsgesprächen. Manche Kandidaten melden ihr zurück, dass sie durch das Arbeitgeber-Ranking auf Henkel aufmerksam geworden sind.

Bei der B. Braun Melsungen AG schlägt sich die Auszeichnung in ganz klaren Zahlen nieder. Der Hersteller von Medizinprodukten war 2005 zum Wettbewerb angetreten und hatte damals den ersten Platz belegt. "In diesem Jahr hatten wir 2000 Bewerbungen mehr", sagt Jürgen Sauerwald, Director Human Resources. Das Ranking hat auch eine langfristige Wirkung: Die Zahl der Initiativbewerbungen habe sich seit 2005 verdoppelt, es kämen mehr Anfragen aus dem Ausland und mehr Bewerbungen um Praktikumsplätze.

Damit dieser Effekt nicht verpufft, hat die B. Braun Melsungen AG auch 2009 und 2010 am Audit teilgenommen. Das Unternehmen im nördlichen Hessen wurde zwar von Platz eins im Gesamtranking auf Platz vier verwiesen, doch das stört Sauerwald nicht. Die Aufmerksamkeit, die den Bestplatzierten zuteil wird, reicht für seine Ziele vollkommen aus: Der Personalchef will Hochschulabsolventen insbesondere aus naturwissenschaftlichen Fächern für das Unternehmen interessieren.

Es geht nicht nur um die Auszeichnung

Henkel

Mehr als nur Waschmittel: Das Unternehmen Henkel will sich potentiellen Bewerbern so positiv präsentieren wie möglich.

(Foto: ag.dpa)

Denn trotz eines jährlichen Personalzuwachses von bis zu vier Prozent wird die Firma auf dem Bewerbermarkt nicht gut wahrgenommen. Das liegt vor allem daran, meint Sauerwald, dass der Familienbetrieb seine Produkte nicht direkt an den Endverbraucher vermarktet. Das Audit sei eine "sehr effiziente Maßnahme" und eine kostengünstige Alternative zu teuren Imageanzeigen.

Nur wegen der Auszeichnung teilzunehmen, ist Manfred Koch zu wenig: "Wir möchten uns im Benchmarking mit den Besten dynamisch vergleichen", sagt der Human Resources-Direktor von Abbott Deutschland. Deshalb stellt sich das forschende Gesundheitsunternehmen international gestreut und regelmäßig verschiedenen Wettbewerben. Beim "Top Arbeitgeber"-Audit ist Abbott zum vierten Mal dabei, stolz auf den zweiten Platz im Gesamtranking und die jeweils dritten Plätze in den Kategorien Jobsicherheit und Vergütung.

Im Rahmen des Wettbewerbs nutzt Abott auch die Benchmarking-Reports. Aus dem Vergleich mit fünf ausgewählten Wettbewerbsteilnehmern zieht das Unternehmen Schlüsse für die eigene Entwicklung. "Wir versuchen uns zu verbessern, wenn es zur Personalstrategie passt", sagt Koch. So hat das Unternehmen zum Beispiel 30 Prozent mehr in Training und Coaching investiert.

Gutes zu tun, sagt der Personalchef, reiche aber nicht aus. Man müsse auch darüber reden. Das gilt nicht nur für den externen Bewerbermarkt, sondern auch für die eigenen Mitarbeiter. "Wir wollen auch ihnen gegenüber dokumentieren, wie gut wir sind." Denn gerade für die, die der Firma schon lange angehören, sei es oft schwierig, die Leistungen des eigenen Arbeitgebers mit denen anderer zu vergleichen. "Retention Management" nennen Personaler die Kunst, gute Kollegen zufriedenzustellen und zu halten. In diesem Zusammenhang sei auch die emotionale Wirkung des Wettbewerbs unter den Henkel-Mitarbeitern nicht zu unterschätzen, meint Jessica Thiel: "Das Ergebnis erfüllt mit Stolz und Freude."

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