Auswahltests an Unis:Es geht auch ohne Spitzenabi

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Kaum hat man das Abitur in der Tasche, gehen die Probleme erst richtig los. Die Abi-Note reicht nicht für den Traumstudiengang - und am Ende studiert man das falsche Fach. Damit jeder, der für ein Fach geeignet ist, auch dort landet, führen immer mehr Hochschulen individualisierte Auswahltests ein.

Um den passenden Auszubildenden zu finden, greifen Unternehmen immer öfter auf Auswahltests zurück. Auch die Hochschulen wollen sich nun nicht mehr nur auf die Abiturnote verlassen: Baden-Württemberg hat als erstes Bundesland für die staatlichen Hochschulen Studierfähigkeitstests und Auswahlgespräche beschlossen.

An Musikhochschulen wie hier in München kennt man Eignungstests schon lange. Ab dem Wintersemester 2011/12 sind sie in allen Studiengängen mit Zulassungsbeschränkung Pflicht. (Foto: dpa-tmn)

Ab dem Wintersemester 2011/12 sind sie in allen Studiengängen mit Zulassungsbeschränkung Pflicht. Eine Chance vor allem für Abiturienten mit nicht so tollem Notendurchschnitt. Mithilfe der Tests soll die Abbrecherquote gesenkt werden. Denn immerhin merkt etwa ein Viertel bis ein Drittel der Studenten in Deutschland erst nach der Aufnahme ihres Studiums, dass das Fach oder ein Studium überhaupt gar nichts für sie ist - und schmeißen es hin.

"Sinn und Zweck der Studierfähigkeitstests ist es, die optimale Passung zwischen Hochschulprofil und Bewerberprofil zu finden", sagt Christoph Heine von der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) in Hannover. Die Hochschulen würden sich geeignete Kandidaten wünschen, die ihr Studium gut und schnell beenden. Die Firma ITB Consulting in Bonn entwickelt entsprechende Tests. "Es soll schon früh sowohl für den potenziellen Bewerber als auch für die Hochschule sichtbar werden, ob die Anforderungen des Studiengangs zur Eignung und Neigung der Person passen", sagt ITB-Berater Alexander Zimmerhofer.

Die Tests seien für den Prüfling eine Hilfe bei der Frage, ob er das Studium aufnehmen soll. Meistens werden die Ergebnisse der Prüfung den Bewerbern und nicht den Hochschulen mitgeteilt. Die Prüflinge können dann selbst entscheiden, ob sie das Ergebnis einreichen und so ihre Chancen auf einen Studienplatz erhöhen oder ob sie sich doch nicht bewerben. So ist ein entsprechender Auswahltest etwa bei den betriebswirtschaftlichen Studiengängen an den Hochschulen Aalen, Albstadt-Sigmaringen, Heilbronn und Pforzheim vorgeschrieben. Der Test fragt Textverständnis, Sprachgefühl und schlussfolgerndes Denken ab. Fachkenntnisse werden nicht vorausgesetzt. Bewerber können sich mit der Prüfung nur verbessern. Liegt das Ergebnis der Prüfung unter der Abiturnote, wird es nicht berücksichtigt.

Überhaupt helfen gute Noten bei der Bewerbung um einen Studienplatz immer noch am meisten. "Nach wie vor spielt das Abitur die entscheidende Rolle bei der Auswahl der Bewerber, vor allem bei der Zulassung zum Bachelorstudium", sagt Stefanie Busch von der Hochschulrektorenkonferenz in Bonn. Die Auswahltests seien jedoch vor allem für jene ohne Spitzen-Abi eine weitere Chance.

Abgefragt werden in den Prüfungen je nach Studienrichtung ganz unterschiedliche Fähigkeiten. Test-Berater Zimmerhofer nennt Beispiele: "Bei einigen Tests wird die Arbeit mit Texten erfasst und geschaut, inwieweit der Bewerber komplizierte Texte lesen, verstehen und interpretieren kann." Andere Tests prüfen, ob sich der Bewerber Material gut merken und logische Schlüsse ziehen kann oder ob er ein gut ausgeprägtes räumliches Vorstellungsvermögen hat.

Motivation ist gefragt

Genauere Informationen erhält man bei den jeweiligen Studierendensekretariaten der Hochschulen. So müssen Bewerber im Bachelor-Fach "Deutsch als Fremdsprache" an der Ludwig-Maximilians-Universität München etwa einen Aufsatz zu einem vorgegebenen Thema schreiben und kurze Texte interpretieren. Wer in München Bioinformatik studieren möchte, wird in einem Eignungsgespräch zu seinen Vorstellungen zum Studium und seiner Motivation befragt.

Bewerber im Bachelor-Fach Psychologie der Freien Universität Berlin werden zu einem Test gebeten, den die Deutsche Gesellschaft für Psychologie entwickelt hat und der bald auch an anderen Hochschulen angewandt werden könnte. Der Test fragt kognitive Fähigkeiten ab, aber auch fachspezifisches Wissen wie die Grundlagen der Wahrscheinlichkeitstheorie, Statistik und Neurobiologie. Auch das das Psychologie-Verständnis wird getestet. "Der Einsatz von Auswahlgesprächen und -tests wird in Deutschland sehr heterogen gehandhabt", sagt Stefanie Busch von der HRK. "Erfahrungsgemäß ist das beim grundständigen Studium aber weniger verbreitet als beim Master."

© sueddeutsche.de/dpa/Vivien Leue/dato - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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