Auswärtiges Amt:Harte Zeiten für deutsche Diplomaten

Qualität der Botschaftsarbeit durch strenges Sparen gefährdet.

Udo Bergdoll

(SZ vom 18.4.1998) Die Qualität des Auswärtigen Dienstes im Wettbewerb mit anderen Staaten ist durch Sparmaßnahmen gefährdet. Die Antwort der Regierung auf eine Großen Anfrage der SPD führte den Abgeordneten jetzt drastisch vor Augen, daß Sparen an der falschen Stelle nationalen Interessen höchst abträglich sein kann. In der Wirkung unterscheidet es sich nämlich erheblich, ob Bundesbehörden in Deutschland oder die Botschaften im Ausland jährlich - wie seit 1995 gesetzlich geregelt - 1,5 Prozent der Stellen einsparen müssen.

Was ist passiert? Das Sparen mit dem Rasenmäher verhindert die gründliche Vorbereitung deutscher Diplomaten für ihren Dienst im Ausland. Das Auswärtige Amt kann, obwohl es ihm vom Parlament zugestanden worden ist, keine angemessene Personalreserve aufbauen. Jedes Jahr muß die Zentrale der Diplomaten 130 Stellen streichen. Natürlich werden weder Botschafter noch Hausmeister vor die Tür gesetzt, weder in Bonn noch in Nairobi oder Moskau. Man wartet Pensionierungen ab und streicht dann die Planstelle. Auf diese Weise schiebt das Auswärtige Amt eine gewaltige Welle einzusparender Stellen vor sich her.

Die Konsequenz: Von den 2000 Bewerbern, die es jedes Jahr in den höheren Dienst des Auswärtigen Amtes zieht, wurden seit 1995 nie mehr als zehn eingestellt. Nächste Konsequenz: Die qualifiziertesten Bewerber, alles Hochschul-Absolventen, wenden sich gleich ab, gehen in die Wirtschaft, wo sie besser bezahlt werden als vom Staat. Spitzenleute werden sowieso immer rarer.

Auch die Ehepartner lassen sich nicht mehr wie früher ohne Bezahlung einspannen, um etwa reisende Minister oder Abgeordnete vom Flughafen abzuholen, Kaffee zu kochen, sie herumzuführen. Gefährdungen durch Kriminalität oder Bürgerkriege mindern zudem die Attraktivität der Diplomaten-Karriere erheblich. Auf der Ministeretage im Auswärtigen Amt hängen sechs Plaketten mit Namen von Opfern terroristischer Überfälle.

Der Auswärtige Dienst hat heute nicht mehr Bedienstete als 1989 vor der Wende. Aber es gibt netto zwanzig Botschaften mehr - vierzig wurden neu eingerichtet, zwanzig gestrichen. Hinzugekommen sind außerdem 17 Millionen Deutsche, die wie die anderen gerne reisen und nicht selten konsularisch zu betreuen sind. Hinzugekommen sind Landesminister, Bundestagsabgeordnete und Unternehmen, die sich im Ausland bei Bedarf an ihre Botschaften wenden. Trotz dieser prekären Lage kann keine Personalreserve aufgebaut werden.

Was das bedeutet? Nehmen wir den Fall des britischen Botschafters Christopher Meyer, kürzlich noch Bonn, heute Washington. Die Personalreserve ermöglichte es dem Foreign Office in London, Meyer für neun Monate freizustellen, damit er Deutsch lernen und sich in Deutschland umsehen kann. Der Mann war im Bilde, als er sein Beglaubigungsschreiben überreichte.

Wenn das Auswärtige Amt heute einen Diplomaten nach Peking schickt, kann der in der Regel erst die Sprache zu lernen beginnen, nachdem er seinen Dienst im Gastland angetreten hat. Es steht eben nicht genug Personal zur Verfügung, keine Reserve, damit ein solcher Diplomat ausreichend lang freigestellt werden kann, auf daß er sich auf seine neue Tätigkeit gut vorbereite - offensichtlich nur noch für die Briten eine Selbstverständlichkeit.

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