Auslandsentsendung:Der Expat-Blues

Auslandsentsendung: Constance Grunewald-Petschke.

Constance Grunewald-Petschke.

(Foto: privat)

Wer den Partner ins Ausland begleitet, muss sich eigene Aufgaben suchen. Ein Coach erklärt, welche Probleme auftreten können.

Interview von Gunda Achterhold

Constance Grunewald-Petschke ist Wirtschaftsromanistin und interkultureller Coach. Seit 2013 lebt sie mit ihrer Familie in der Türkei, bloggt über ihr Leben als "Expat-Frau" und hat ein Programm entwickelt, das andere mitreisende Partner bei Auslandsentsendungen unterstützt.

SZ: Als Ihr Mann ein Jobangebot in Istanbul bekam, sind Sie mitgegangen. War Ihnen klar, worauf Sie sich einlassen?

Constance Grunewald-Petschke: Ich arbeite seit 15 Jahren als interkulturelle Trainerin und war für viele Firmen im Entsendungsmanagement tätig. Insofern wusste ich, dass es ein gravierender Schritt sein würde. Trotzdem ist es mir nicht leicht gefallen, auf einmal überwiegend auf das Einkommen meines Mannes angewiesen zu sein. Ich hatte mir allerdings schon vor dem Wechsel Gedanken gemacht, wie es für mich beruflich weitergehen könnte.

Vor allem mitreisende Partner haben mit dem Wechsel zu kämpfen? Warum?

Die meisten mitreisenden Partner, zum Großteil nach wie vor Frauen, waren vorher berufstätig und haben ein selbständiges Leben geführt. Jetzt sind sie ans Haus gebunden, häufig ohne Job und ohne Arbeitserlaubnis, und müssen sich erst mal neue Strukturen aufbauen. Ihr Partner ist den ganzen Tag unterwegs, sie sitzen womöglich mit Kindern da, die sich auch nicht so richtig an das neue Umfeld gewöhnen können - da fühlt man sich oft ziemlich alleingelassen und gerät manchmal sogar in eine tiefe Krise.

Kann man sich darauf vorbereiten?

Viele entsendende Firmen bieten Expats und deren Familien Sprachkurse und interkulturelle Trainings an. Aber viele Mitreisende haben vor der Abreise noch gar keinen Bezug zu ihrem künftigen Alltag. Die eigentlichen Herausforderungen fangen erst an, wenn sie mittendrin stecken.

Wie lässt sich so ein Expat-Blues denn vermeiden?

Hier in Istanbul stelle ich fest, dass immer mehr Frauen aktiver an die Sache herangehen. Nach dem Motto: Lasst uns doch mal sehen, was sich daraus machen lässt! Genau das ist auch der Ansatz unseres Coaching-Programms. Wir helfen dabei, andere berufliche Wege zu finden und ganz neu darüber nachzudenken, was diese Zeit im Ausland für Möglichkeiten bieten könnte.

Zum Beispiel?

Eine Expat-Partnerin in Istanbul hat eine Firma gegründet und vermietet Baby-Ausrüstung an Touristen: Vom Kindersitz bis zum Windelpaket bringt sie alles direkt ins Hotel. Eine andere hat ihre Backleidenschaft zum Business gemacht und verkauft sehr erfolgreich Cupcakes. Wer es sich zutraut, kann was Eigenes hochziehen. Es kann aber auch ein Fernstudium oder ein Ehrenamt sein. Wer Mut, Neugier und Eigeninitiative mitbringt, hat die außergewöhnliche Chance, Dinge tun zu können, für die es in der Heimat vielleicht niemals Raum gegeben hätte.

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