Aufregung in Österreich:Gymnasium für alle!

Die konservative österreichische Bildungsministerin Beatrix Karl will eine gemeinsame Schule für alle Kinder. Ihre eigene Partei reagiert empört.

Neuer Ansatz zum Thema Bildungsgerechtigkeit: Mit der Forderung eines "Gymnasiums für alle" hat die konservative österreichische Bildungsministerin Beatrix Karl in ihrem Land für Aufsehen gesorgt. Die heftigste Kritik kam dabei aus ihrer eigenen Partei, der österreichischen Volkspartei ÖVP. Der sozialdemokratische Regierungspartner SPÖ zeigte sich dagegen hocherfreut und lobte die Idee.

Beatrix Karl Österreich Gymnasium

Beatrix Karl, österreichische Bildungsministerin, stieß mit ihrem Vorschlag eines "Gymnasiums für alle" auf herbe Kritik.

(Foto: Foto: Reuters)

Gleiche Chancen für alle

Österreich hat ein ähnliches Bildungssystem wie Deutschland, auch im Alpenland werden Kinder im Alter von etwa zehn Jahren je nach Leistung in verschiedene Schulformen aufgeteilt. Karl schlug nun vor, die Kinder bis zum Alter von 14 Jahren gemeinsam zu unterrichten. Man solle die beste einheitliche Schule für alle Zehn- bis 14-Jährigen schaffen, damit alle Kinder unabhängig von ihrer sozialen Herkunft die gleichen Chancen haben, sagte sie dem ORF-Radio.

Für die ÖVP ist das ein Tabubruch: Die Konservativen lehnen eine gemeinsame Schule nach dem Alter von zehn Jahren seit Jahrzehnten vehement ab. Prompt tat auch der österreichische Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll den Vorstoß Karls als persönliche Meinung ab: "Das ist definitiv kein Schwenk Richtung Gesamtschule." Er sehe ihre Äußerung als Diskussionsbeitrag und nicht als Neupositionierung der österreichischen Volkspartei.

Lob von den Medien

Die Medien lobten den Vorstoß Karls dagegen am Freitag überwiegend als mutig, wenn auch parteipolitisch nicht besonders klug. Die OECD rate Österreich in ihren Studien seit Jahren zu einer Gesamtschule, schreibt der liberale Standard: "Die im internationalen Vergleich frühzeitige erzwungene Bildungsweg-Entscheidung reproduziert Ungleichheit." Selbst die konservative Presse sieht Reformbedarf: Wer ermögliche, dass alle Kinder bis zum 14. oder 15. Lebensjahr Chancengleichheit hätten, handle volkswirtschaftlich vernünftig.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: