Süddeutsche Zeitung

Arme Kinder:Viel Bildungspaket - wenig Inhalt

Die umtriebige Sozialministerin von der Leyen freut sich über die steigende Zahl bewilligter Anträge beim Bildungspaket. Doch die sagt nichts über den Erfolg des Programms aus - denn der ist gering. Das Bildungspaket ist Teil einer Bürokratie für Bedürftige, die vor lauter Formblättern und Kennziffern den Kontakt zu den Menschen verliert.

Tanjev Schultz

Um ihr Bildungspaket hat Ursula von der Leyen von Anfang an viel Wind gemacht. Wahrscheinlich würde die umtriebige Ministerin die Wohltaten am liebsten höchstpersönlich an Kinder verteilen, um die Statistik schöner aussehen zu lassen.

Denn alle schauen ja nur noch auf die Zahl der bewilligten Anträge, als lasse sich damit wirklich der Erfolg des Programms messen. Entscheidend ist aber, was im Paket drinsteckt. Und da findet sich leider nicht allzu viel. Jedenfalls nicht viel, das den Namen "Bildungspaket" wirklich verdient.

Großspurig versprach von der Leyen den Kindern, die in der Schule Probleme haben, Angebote zur "Lernförderung". Eine solche Nachhilfe gut, effektiv und gerecht zu organisieren, ist ihr allerdings nicht gelungen. Zum Teil hängt das damit zusammen, dass von der Leyen nicht in die Schulpolitik der Länder hineinregieren darf.

Doch den Kindern dürfte dieses Gerangel um Zuständigkeiten herzlich egal sein. Auch sonst schafft das Bildungspaket Verdruss: Für Sportvereine oder Musikunterricht kann jedes Kind nur zehn Euro im Monat bekommen. Aber den Flötenlehrer, der für eine Stunde zwei oder drei Euro nimmt, muss man erst mal finden. Das Programm verbraucht viel Geld für wenig Wirkung.

Es ist Teil einer Bürokratie für Bedürftige, die vor lauter Formblättern, Kennziffern und Anspruchsberechtigungen den Kontakt zu den Menschen verliert, um die es eigentlich geht. Die Ministerin hat jetzt versprochen, zumindest die Anträge zu vereinfachen.

Das ist bitter nötig. Bisher musste das Bildungspaket hohe Hürden überwinden, ehe es zugestellt werden konnte: die Bürokratie der Jobcenter und die Ignoranz vieler Eltern. Arme Kinder.

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Quelle:
SZ vom 03.11.2011/gal
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