Arbeitszeiten:Gute Nacht, Job!

Nachtarbeit

Auch nachts wird in vielen Büros noch gearbeitet.

(Foto: Martin Gerten/dpa)

In vielen Berufen wird auch nachts gearbeitet. Ein Bäcker, eine Gastronomin und ein Hotelportier erzählen, wie sie damit klarkommen.

Protokolle von Bianca Bär

Die Nacht wird zum Tag. Das gilt für immer mehr Menschen. Weil Beschäftigungen im Dienstleistungssektor zunehmen, steigt auch der Anteil der Menschen, die Nacht- und Schichtarbeit leisten. Elf Prozent der Männer und sechs Prozent der Frauen in Deutschland arbeiten regelmäßig zur Schlafenszeit. Innerhalb von zehn Jahren ist die Zahl der Nachtarbeiter von sechs Millionen auf fast neun Millionen Beschäftigte gestiegen.

Roland Brix, 53, arbeitet als Bäcker bei der Hofpfisterei in München:

"Wer im Schicht- und Nachtdienst tätig ist, muss seiner Arbeit besonders positiv gegenüberstehen. Ich bin seit 30 Jahren Bäcker und habe mich an den Rhythmus gewöhnt. Immer am Mittwoch erfahre ich, welche Schicht ich in der nächsten Woche übernehmen muss. Die Tagschicht fängt zwischen 13 und 14 Uhr an und endet etwa um 22 Uhr. Die Nachtschicht dauert von 17 oder 18 Uhr bis drei oder vier Uhr morgens. Je nachdem, wie sich die aktuellen Produktionszahlen verändern, kann es dann auch sein, dass ich spontan eine halbe Stunde früher oder später antreten muss.

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Roland Brix, Bäcker

(Foto: Privat)

Jede Schicht hat ihre Vor- und Nachteile, aber grundsätzlich finde ich die Nachtschicht gar nicht so schlecht. Ich komme zwar erst in den frühen Morgenstunden heim und schlafe dann bis Mittag, aber danach habe ich noch etwas vom Tag. Ich kann zum Arzt gehen oder Besorgungen machen und dann am späten Nachmittag wieder zur Arbeit fahren. Wenn ich schon mittags anfangen muss zu arbeiten, schaffe ich das nicht.

Aber auf der anderen Seite fällt es mir manchmal schwer, mich nach der Nachtschicht auszuruhen. Mir geht dann noch so viel im Kopf herum, ich denke oft über die vergangene Schicht nach. Da wünsche ich mir manchmal, ich könnte einfach einen Stecker ziehen. Um ein bisschen zur Ruhe zu kommen, versuche ich, auf dem Heimweg Podcasts, meine Lieblingsmusik oder autogenes Training anzuhören. Zeit dafür habe ich genügend, denn ich wohne in Freising und bin nach Schichtende noch etwa eine Stunde unterwegs. Meistens benutze ich öffentliche Verkehrsmittel, aus Kostengründen. Auch das ist in den frühen Morgenstunden manchmal eine Herausforderung. Aber zum Glück verkehrt die S-Bahn zum Flughafen durchweg relativ regelmäßig. Der erste Shuttlebus von dort aus nach Freising fährt dann um halb fünf Uhr morgens, das passt dann meistens ganz gut."

Gatronomie: "Ich habe schon sämtliche Einschlafrituale ausprobiert"

Thais Augustin, 20, ist Azubi zur Veranstaltungskauffrau bei der R&K Gastronomie im Hacker Pschorr Bräuhaus:

"Der Schichtplan in der Großgastronomie, in der ich arbeite, ist dreigeteilt. Der Frühdienst fängt um acht Uhr an, der Mitteldienst um zwölf und der Spätdienst um 16 Uhr. Bei exklusiven Veranstaltungen und vor allem während der Wiesn werden die Schichtzeiten an die besonderen Gegebenheiten angepasst. Die Schichten wechseln oft mehrmals pro Woche. Meist folgt auf die Spätschicht die Mittelschicht und dann die Frühschicht. Unser Arbeitgeber möchte auf diese Weise dafür sorgen, dass wir zwischen den Schichten genügend Schlaf abbekommen.

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Thais Augustin, angehende Veranstaltungskauffrau

(Foto: Privat)

Doch der ständige Wechsel ist anstrengend. Gerade am Anfang war es schwer, immer zu unterschiedlichen Zeiten körperlich und geistig fit zu sein. Auch meinem Schlafrhythmus macht die Schichtarbeit zu schaffen. Beim Wechsel von Spät- auf Mittelschicht fällt es mir schwer, früh schlafen zu gehen. Ich brauche einige Zeit, um mich einzupendeln. Um den Übergang zu erleichtern, habe ich schon sämtliche Einschlafrituale ausprobiert, zum Beispiel warme Milch mit Honig trinken, ein Buch lesen, beruhigende Musik hören. Manchmal hilft das tatsächlich. Mein Körper weiß dann, es ist Zeit zum Zubettgehen. Ich habe mich also schon ein Stück weit daran gewöhnt, aber ich weiß nicht, ob ich mein Leben lang Schicht arbeiten könnte. Aber im Moment ist es in Ordnung, denn der Job gefällt mir.

Mit der Spätschicht an sich habe ich keine großen Probleme, im Gegenteil. Ich bin Langschläferin, ich fange gern erst am späten Nachmittag an zu arbeiten. Nur leider haben viele meiner Freunde ganz normale Bürojobs. Da ist es oft gar nicht so leicht, sich zu verabreden. Der Spätdienst endet in der Regel gegen ein Uhr morgens, manchmal kann es aber auch später werden. Auf dem Heimweg finde ich es spannend, zu beobachten, wie ruhig die Stadt und wie leer die Straßen sind. Und gleichzeitig ist die Tram oft voller Menschen, die genau wie ich gerade auf dem Heimweg von der Arbeit sind."

Nachtportier: "Ich habe mich meiner Familie zuliebe für Nachtarbeit entschieden"

Dimitrije Tasovac, 55, arbeitet als Nachtportier im Hotel New Orly in München:

"Seit über zwanzig Jahren arbeite ich ausschließlich nachts. Erst als Taxifahrer, dann im Sicherheitsdienst und jetzt seit knapp zehn Jahren im Hotel. Ich hatte zwar zuvor BWL studiert und als Industriekaufmann gearbeitet, aber der Familie zuliebe habe ich mich bewusst für die Nachtarbeit entschieden. Meine Frau und ich hatten damals eine kleine Tochter und standen daher vor der Herausforderung, sie rund um die Uhr zu betreuen. Da kam uns die Idee, dass ich nachts arbeiten und dafür nachmittags auf unser Kind aufpassen könnte, während meine Frau arbeitet. Das hat so gut geklappt, dass wir dann noch ein Kind bekommen haben.

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Dimitrije Tasovac, Nachtportier

(Foto: Privat)

Im Hotel arbeite ich fünf Tage pro Woche von elf Uhr abends bis sieben Uhr früh. Meistens habe ich Montag und Dienstag frei. Diese regelmäßige Arbeitszeit ist meiner Meinung nach ein großer Vorteil. Es ist nämlich vielmehr die ständige Umstellung zwischen verschiedenen Schichten und nicht so sehr die Nachtarbeit an sich, die den Menschen kaputtmacht. Aber natürlich werde ich auch manchmal während der Schicht müde. In solchen Fällen mache ich einen Rundgang durchs Gebäude, um wieder wach zu werden. Danach widme ich mich meinen anderen Aufgaben: Unter anderem empfange ich spät ankommende Gäste oder kontrolliere die Belegung des Hotels.

Nach getaner Arbeit gehe ich erst mal eine Runde mit dem Hund spazieren, bevor ich mich hinlege. Gegen 14 Uhr bin ich dann wieder munter und nutze den Tag. Nur ins Theater und zu anderen Abendveranstaltungen komme ich leider selten. Sie beginnen oft erst um 21 Uhr, ich würde es dann nicht schaffen, rechtzeitig zu Schichtbeginn auf der Matte zu stehen. Manchmal gehe ich dann in eine Nachmittagsvorstellung. Ab und zu ist mein Akku auch komplett leer, dann verschlafe ich den ganzen Tag. Vermutlich sind wir Menschen doch eher dafür geschaffen, tagsüber zu arbeiten."

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