Süddeutsche Zeitung

Arbeitsorganisation:Fangen Sie endlich an!

Lesezeit: 3 Min.

Über kaum etwas stöhnen die Menschen so sehr wie über ihre geradezu übermenschliche Fähigkeit, sich von der Arbeit abzulenken. Vier Strategien gegen Aufschieberitis.

Von Christina Waechter

Die Zwei-Minuten-Regel

Die Zwei-Minuten-Regel ist Teil der "Getting Things Done"-Methode des Arbeitsorganisations-Gurus David Allen. Er empfiehlt Menschen, sämtliche Tätigkeiten, die sie vor sich haben, in ihre einzelnen Schritte aufzuschlüsseln und schriftlich festzuhalten - und zwar wirklich alle, auch die Verabredung mit Freunden, den Wocheneinkauf und das Arbeitsessen.

Sobald man die Liste für den Tag erstellt hat, geht man sämtliche Aufgaben durch und identifiziert diejenigen, die sich in zwei Minuten oder weniger erledigen lassen - die soll man sofort machen. Und in zwei Minuten kann man erstaunlich viel erledigen: Einen Rückruf, Mails beantworten, einen Friseurtermin ausmachen, die Spülmaschine ausräumen - all das dauert weniger als zwei Minuten. Hat man diesen Berg an Klein-Klein erst einmal weggearbeitet, sieht die To-Do-Liste für den Tag schon sehr viel übersichtlicher aus und man kann sich daran machen, konzentriert die größeren Brocken anzugehen.

Die 3-Minuten-Regel

Die Drei-Minuten-Regel ist nahezu identisch mit der Zwei-Minuten-Regel, mit einem Unterschied: Auf die To-Do-Liste kommen diesmal nur die Aufgaben, die länger als drei Minuten dauern. Kann man absehen, dass man eine Aufgabe sofort erledigen kann und alle dazu erforderlichen Informationen innerhalb von drei Minuten beschaffen kann, dann erledigt man sie einfach, statt sie umständlich auf die Liste zu schreiben. So bleibt die To-Do-Liste übersichtlich und man muss nicht den ganzen Kleinkram aufschreiben, den man in derselben Zeit locker erledigt hätte.

Wichtiger Seitenaspekt der Drei-Minuten-Regel: Manchmal unterschätzt man eine Aufgabe und merkt, dass man zum Beispiel doch länger als drei Minuten braucht, um eine wichtige Mail zu beantworten. Wenn man sich dabei ertappt, muss man die Aufgabe abbrechen und sie auf der To-Do-Liste notieren. So vermeidet man Frustrationen und sieht realistisch, welche Aufgaben wie viel Zeit benötigen.

Die Fünf-Minuten-Regel

Einen Haufen unerledigter Dinge vor sich herzuschieben, ist unfassbar demotivierend. Der Berg, der sich dabei anhäuft, erscheint uns irgendwann so unüberwindlich, dass wir lieber gleich wieder ins Bett gehen, anstatt uns auf den Hosenboden zu setzen und unsere Arbeit zu erledigen. Eine Strategie, die in dem Fall erstaunlich gut funktioniert, ist die Fünf-Minuten-Regel.

Die ist sehr simpel und sagt ganz einfach: Egal, was du vor dir her schiebst, setz dich an den Schreibtisch und mach es - für die nächsten fünf Minuten. Und dann kannst du wieder aufhören.

Der Trick ist: Wenn man sich erst mal hingesetzt und angefangen hat, dann hört man in der Regel nach den festgesetzten fünf Minuten nicht sofort wieder auf, sondern macht weiter und merkt, dass es doch gar nicht so schlimm ist. Durch den kleinen Selbstbetrug mit dem Zeitlimit schafft man es, die größte Hürde zu nehmen - nämlich einfach anzufangen. Außerdem kann man in diesen fünf Minuten relativ konzentriert arbeiten, weil man weiß, dass man sich nur für einen sehr kurzen Zeitraum zusammenreißen muss. Und wenn man mal fünf Minuten konzentriert gearbeitet hat, schafft man einiges weg, was wiederum ungemein motiviert.

Die Zehn-Minuten-Regel

Die Regel nutzt das Prinzip der verzögerten Belohnung. Statt gleich Mails zu checken, kurz auf Facebook zu schauen oder Candy Crush zu spielen, bleiben sie noch exakt zehn Minuten an der aktuellen Aufgabe dran - danach dürfen Sie wieder allen Blödsinn machen, den das Internet so hergibt. Auf diese Art beruhigen Sie den inneren Schweinehund und schaffen es, weitere zehn Minuten fokussiert zu bleiben.

So lässt sich ein großes Problem umschiffen: Unglücklicherweise ist unser Gehirn auf Belohnung aus - möglichst viel und möglichst billig, also ohne große vorherige Bemühungen, will es die bekommen. Und da kommt die Ablenkungsmaschine Internet ins Spiel. Mit blinkenden Spielen, Gossip und den unzähligen Social-Media-Angeboten ist es so etwas wie ein riesiger Süßigkeitenladen fürs Hirn - sehr begehrenswert und ungefähr genauso ungesund. Was das für problematische Folgen für unsere Produktivität hat, wissen Sie ja bereits.

Bevor Sie also nun wieder am Schreibtisch sitzen und nach ewiger Nonsense-Recherche herausfinden, an welchem Strand Ihre Grundschulfreundin Freunde aus Bregenz getroffen hat und warum Angelina Jolie und Brad Pitts Beziehung eventuell kurz vor dem Aus steht, reißen Sie sich doch einfach zehn Minuten zusammen und belohnen sich danach. Wer weiß - womöglich brauchen Sie im Anschluss daran die billige Online-Belohnung gar nicht mehr, weil es genug Spaß gemacht hat, eine Zeit lang produktiv an der Lösung eines Problems gearbeitet zu haben.

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