Süddeutsche Zeitung

Arbeitsmarkt:Jung, krank, pleite

Sie arbeiten an den Wochenenden, leben am Existenzminimum und schleppen sich auch krank ins Büro: Eine DBG-Studie erklärt die Jungen zu den Verlierern der Krise.

Sibylle Haas

Die Situation junger Beschäftigter ist alles andere als gut. Sie sind die Verlierer am Arbeitsmarkt und spüren die Wirtschaftskrise besonders. Die Jungen verdienen schlecht, nur gut die Hälfte kommt monatlich auf mehr als 1500 Euro brutto. Außerdem sind sie die Ersten, die in der Krise ihre Arbeit verlieren. Da sie oft befristet oder als Zeitarbeitnehmer und Mini-Jobber arbeiten oder in Projekte eingebunden sind, haben sie einen loseren Kündigungsschutz als Arbeitnehmer mit fester Stelle.

Dies sind Ergebnisse einer am Dienstag in Berlin vorgestellten Sonderauswertung des DGB-Indexes "Gute Arbeit 2009" zur Lage junger Arbeitnehmer. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) berichtet seit 2007 jährlich über die Arbeitsbedingungen aus der Sicht der Beschäftigten und nimmt Sonderauswertungen vor. Für die Jugendstudie 2009 wurden die Angaben von 882 Beschäftigten bis 30 Jahre ausgewertet.

Der DGB hat sich diesmal vor allem mit der Gesundheit der jungen Leute beschäftigt. "Diese ist besorgniserregend", heißt es in dem Bericht. Nur 14 Prozent der Befragten geben an, dass sie keine regelmäßigen (mindestens zweimal im Monat) gesundheitlichen Beschwerden haben. Ein Großteil berichtet dagegen von gesundheitlichen Problemen.

60 Prozent der Befragten klagen über Rückenschmerzen. 26 Prozent sagen, mindestens zweimal im Monat unter Schlafstörungen zu leiden. Fast 80 Prozent der jungen Beschäftigten gehen auch dann zur Arbeit, wenn sie krank sind. 46 Prozent schlucken Medikamente, um für den Job fit zu sein.

Gesundheit und Arbeitsqualität hänge eng zusammen, heißt es weiter. Von Schlafstörungen berichten 45 Prozent derjenigen mit schlechter Arbeit, aber nur fünf Prozent jener mit guter Arbeit. Unter schlechter Arbeit versteht der DGB unsichere Arbeitsverträge, niedrige Einkommen und stark wechselnde Arbeitsbelastungen. "Dieser Unterschied von 40 Prozentpunkten zeigt den enormen Spielraum, den es für gute Arbeit immer noch gibt", sagte DGB-Bundesjugendsekretär René Rudolf. Dass bereits junge Beschäftigte unter gesundheitlichen Beschwerden litten, mache deutlich, dass "vom ersten Arbeitstag an gute Arbeitsbedingungen und Prävention angesagt" seien.

Die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ingrid Sehrbrock kritisierte, dass ein arbeitsfreier Sonntag für viele junge Menschen keine Selbstverständlichkeit mehr sei. 20 Prozent der Befragten geben an, regelmäßig an Sonntagen zu arbeiten. "Ein Teil der jungen Generation stellt sich höchst flexibel bis verzweifelt immer wieder neuen beruflichen Aufgaben, trotzdem bleibt für sie finanziell wenig hängen", sagte Sehrbrock.

Die Bundesregierung müsse daher die Lebenslage junger Beschäftigter verbessern. Dazu gehöre auch ein Mindestlohn von zunächst 7,50 Euro. "Unter dem Mindestlohn darf es nichts geben." Alles andere sei eine Einladung zum Lohndumping an die Arbeitgeber, sagte Sehrbrock.

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Quelle:
SZ vom 16.12.2009/holz
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