Ein größerer Dienstwagen gefällig? Eine entspannende Nackenmassage in der Mittagspause? Oder ein Platz für den Sprössling im betriebseigenen Kindergarten? Vor nicht allzu langer Zeit haben die Unternehmen alles gegeben, um ihre Fach- und Führungskräfte bei Laune zu halten. Das war vor der Krise. Damals waren Personalchefs bestrebt, ihren "Human Resources" Gutes zu tun, aufs Betriebsklima zu achten, Zugeständnisse bei der Gestaltung von Arbeits- und Privatleben zu machen. Was aber ist von der Harmonie geblieben, jetzt, wo die Controller wieder das Sagen haben?
Früher fiel ein schlechter Chef nicht so auf
3,41 Millionen Menschen waren laut Bundesagentur für Arbeit (BA) im Juni arbeitslos, acht Prozent mehr als im Vorjahr. Das macht Angst, auch den Mitarbeitern, die der ersten Kündigungswelle entkommen sind. Und wo Angst herrscht, geht die Motivation flöten. Die Führungskräfte wissen das. Nach einer Studie der Personalmanagement-Beratung Hewitt Associates sind 31 Prozent der Firmen in Zentral- und Osteuropa sich darüber im Klaren, dass die Leistungsbereitschaft aufgrund der aktuellen Wirtschaftslage sinkt. Die Studie zeigt aber auch deutliche Defizite der Chefs, die zur Demotivation beitragen. Dabei ist eine unmotivierte Belegschaft das, was ein Unternehmen in Krisenzeiten am wenigsten brauchen kann.
Am Sigmund-Freud-Institut der Universität Frankfurt hat man herausgefunden, dass Führungskräfte sich in "Anpassungsprozessen primär als hart drängende Change-Agents" verstehen, die den ökonomischen Druck nach unten weitergäben und ihre Mitarbeiter mit den Folgen weitgehend alleinlassen. Die Beschäftigten beklagen, dass ihre Chefs oft die nötigen Führungskompetenzen nicht mitbringen, um den Wandel erträglich zu machen. "Führungskräfte scheinen in vielen Bereichen selber überfordert", sagt die Sozialpsychologin Bettina Daser.
Laut Hewitt-Studie versäumen die Chefs es, ihre Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einzubinden oder ausreichend zu informieren. 19 Prozent empfänden keine Wertschätzung seitens des Arbeitgebers. Lediglich 46 Prozent fühlten sich gut über Veränderungen informiert, und nur 45 Prozent fühlten sich aus der Führungsetage heraus offen und ausreichend über die Zukunftsaussichten des Unternehmens unterrichtet. Dabei wird schon drohende Arbeitslosigkeit oft als extrem unangenehm erlebt. Gerade die Unsicherheit, nicht zu wissen, wie es weitergeht, sei belastend, sagt Nathalie Galais, Wirtschaftspsychologin an der Universität Erlangen-Nürnberg. Beteuerungen der Unternehmensführung, die Arbeitsplätze seien sicher, werde dann oft kein Glauben geschenkt.
Die Wahrheit ist: Diese Glaubenskrise, verursacht durch schlechtes Personalmanagement, währt schon länger als die Wirtschaftskrise. Das fiel in besseren Zeiten nur nicht weiter auf. In vielen Unternehmen sind die Mitarbeiter seit Jahren immer neuen Restrukturierungen ausgesetzt. Das Problem dabei: Veränderungsprozesse werden oft abgebrochen und durch neue ersetzt, ohne dass man die Ergebnisse der alten abwarte, sagt Rolf Haubl vom Sigmund-Freud-Institut. Diese Überlagerung sei nicht zuletzt eine Folge eines simplen Mechanismus: Wer über Veränderungsideen verfüge, steige auf und müsse seinen Aufstieg mit neuen Veränderungsideen rechtfertigen. "Können sich die Beschäftigten dem Innovationstempo nicht so schnell anpassen, neigen sie dazu, lediglich die Rhetorik zu wechseln, um sich selbst zu schützen", sagt Haubl. Schlimmstenfalls führt ein chaotisches Change-Management in die innere Kündigung - und bei den Topleuten zu Firmenhopping.
Fazit: Mit der Mitarbeitermotivation stimmte es schon vor der Krise nicht so richtig. Jetzt ist sie ganz im Keller.
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