Arbeiten bei der Feuerwehr:Sportliche Leistung

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Die Feuerwehr wirbt mittlerweile auch um jüngere Azubis. (Foto: dpa)

Feuerwehrleute mussten bisher Handwerker sein, bevor sie zu Rettern ausgebildet wurden. Neuerdings können Schulabgänger auch direkt bei den Helfern einsteigen. Voraussetzung ist eine enorme körperliche Fitness.

Von Marco Völklein

Hannes Kuffer wusste, was ihn erwartet beim Sporttest: Unter anderem musste er innerhalb von 30 Sekunden mehr als 40 mal über eine Bank hopsen. Eine 30 Meter hohe Drehleiter möglichst schnell erklimmen. Und 50 Meter in weniger als 40 Sekunden schwimmen, um noch eine gute Note zu erreichen. "Gerade beim Schwimmen wusste ich, dass ich da nicht gut bin", erzählt der 16-Jährige. Also ging er ins Schwimmbad und trainierte intensiv und ausdauernd, schließlich ging es um seinen Traumberuf.

Wer Feuerwehrmann werden will, der muss fit sein. Wer den Sporttest nicht packt, für den ist der Traum rasch vorbei. "Ohne sich intensiv auf den Einstellungstest vorzubereiten, schafft das eigentlich kein Bewerber", sagt Jochen Stein, Chef der Berufsfeuerwehr in Bonn und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren im Deutschen Städtetag. "Selbst gut trainierte Sportler nicht."

Dass schon 16-Jährige wie Hannes Kuffer den Feuerwehrberuf erlernen können, ist allerdings erst seit einigen Jahren möglich. Davor lief es in den meisten Berufs- und Werkfeuerwehren so: Wer sich für den Dienst interessierte, der musste zuvor eine Ausbildung im Handwerk absolviert haben. Zimmerer oder Schreiner waren gerne gesehen, ebenso Metallbauer und Elektriker. Wer dann den Aufnahmetest - der nicht nur die körperliche Fitness, sondern auch einiges an Grips abverlangt - bestand, der wurde auf Feuerwehrschulen mit allem nötigen Können und Wissen ausgestattet für den späteren Blaulicht-Einsatz. Eineinhalb Jahre zog sich diese Zusatzausbildung meist noch hin.

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Seit einigen Jahren allerdings denken viele Feuerwehren bei der Nachwuchsgewinnung um, Vorreiter waren unter anderem die Werkfeuerwehren in Nordrhein-Westfalen. Beim Waschmittelhersteller Henkel in Düsseldorf etwa stellte dessen Werkfeuerwehr-Chef Raimund Bücher schon vor einigen Jahren fest, dass er dringend junge Nachwuchskräfte braucht. Zum einen, weil viele seiner Mitarbeiter allmählich auf die Rente zusteuerten, zum anderen aber auch, weil aus den Handwerksberufen, dem klassischen Reservoir für den Feuerwehrnachwuchs, immer weniger Interessenten zu rekrutieren waren.

"Auch das Handwerk selbst hat ja große Probleme, genügend junge Leute zu finden", sagt Bücher. Deshalb dachte er vor einigen Jahren er zusammen mit Kollegen darüber nach, wie die Feuerwehren künftig "früher an den immer kleiner werdenden Kreis an Nachwuchskräften" herankommen können. Zusammen mit Fachleuten der Industrie- und Handelskammer und anderer Institutionen entwickelten sie den neuen Ausbildungsberuf des Werkfeuerwehrmanns beziehungsweise der Werkfeuerwehrfrau. Für den können sich nun auch Schulabgänger direkt bewerben. So wie der 16-jährige Hannes Kuffer.

Der hat erst vor einigen Wochen seine Ausbildung bei der Feuerwehr am Münchner Flughafen begonnen. Drei Jahre Ausbildung liegen nun vor ihm. In den ersten eineinhalb Jahren erhält er zunächst eine grundlegende handwerkliche Ausbildung in diversen Bereichen, unter anderem in der Holz- und der Metallverarbeitung, aber auch in der Elektrik. "Das sind Grundlagen, die jeder Feuerwehrmann braucht", sagt Alexander Tuman, Ausbildungsleiter bei der Münchner Flughafenfeuerwehr - beispielsweise wenn es darum geht, einen Dachstuhl zu öffnen, um dort verborgene Brandnester abzulöschen.

Nach einer Zwischenprüfung lernen die Nachwuchskräfte das spezielle Feuerwehr-Handwerk. Der Umgang mit Rettungsmitteln gehört dazu, aber auch ein Atemschutz-, ein Sanitätslehrgang sowie eine Ausbildung zum Rettungsschwimmer. Das Ganze sei sehr anspruchsvoll, sagt Ausbildungsleiter Tuman. Bewerber müssten daher nicht nur körperlich fit sein, sondern auch gern im Team arbeiten. Gute Noten in den naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern werden verlangt, und die Bewerber müssten zuverlässig sein, bereit sein, Verantwortung für sich und die Kollegen zu übernehmen. "Als Feuerwehr arbeiten wir in einem Null-Fehler-Bereich", sagt Tuman. Die Dienstvorschriften müssten absolut verinnerlicht und sämtliche Abläufe immer wieder trainiert werden, damit im Einsatz alles klappt.

Entsprechend verantwortungsbewusst wirkt auch Niklas Hallermeier, trotz seines jungen Alters. Der 19-Jährige hat erst vor Kurzem seine Ausbildung bei der Werkfeuerwehr von Bayernoil in der Nähe von Ingolstadt beendet. "Brutal viel im Auto unterwegs" sei er in der Zeit gewesen, erzählt er. Denn die insgesamt zwölf Werkfeuerwehren in Bayern, die mittlerweile den Ausbildungsberuf anbieten, arbeiten eng zusammen. So absolvierte Hallermeier seine Metallerausbildung beispielsweise bei Audi in Ingolstadt, seine Praktikumszeit als Sanitäter verbrachte er auf einer Rettungswache des Roten Kreuzes in Burghausen. Im Gegenzug kommen andere Werkfeuerwehr-Azubis zu Bayernoil, um dort unter anderem den Umgang mit chemischen und Petrolstoffen zu lernen.

Aber nicht nur viele Werkfeuerwehren orientieren sich bei der Suche nach Nachwuchs um, auch Berufsfeuerwehren, beispielsweise in Hamburg, Berlin oder Frankfurt am Main, bieten Schulabgängern den Direkteinstieg. Denn ähnlich wie bei den Werkfeuerwehren ist auch bei den kommunalen Rettern absehbar, dass sich in den kommenden Jahren zahlreiche Mitarbeiter in den Ruhestand verabschieden, sagt der Bonner Feuerwehrchef Jochen Stein.

Hinzu kommt: Viele Städte wachsen, die Einwohnerzahlen steigen. Und damit auch die Anforderungen an die Feuerwehr. So müssen zum Beispiel zusätzliche Fahrzeuge besetzt oder ganze Feuerwachen neu in Betrieb genommen werden, um zum Beispiel Neubauviertel abzudecken. Die Feuerwehren stünden vor "herausfordernden Jahren", sagt Stein. Mancherorts sind Wachen unterbesetzt, Überstunden und Arbeitsverdichtung sind die Folge, klagen Personalräte. Und: Manch ein Feuerwehrmann tut sich schwer, mit seinem Beamtensalär in teuren Metropolen eine bezahlbare Wohnung zu finden. Etwa 3000 Euro brutto im Monat verdient ein Feuerwehrmann im mittleren Dienst zu Beginn seiner Laufbahn, sagt Stein - die Höhe sei von Bundesland zu Bundesland verschieden und von der Familiensituation abhängig.

Die Kollegen bei den Werkfeuerwehren verdienen teils besser, denn deren Gehälter werden nach dem jeweiligen Branchentarif bezahlt - die Brandbekämpfer von Bayernoil und BASF beispielsweise nach dem Chemie-, die von BMW oder Bosch nach dem Metalltarif. Mitunter gibt es auch noch zusätzliche Haustarife.

Wichtig sei auch, findet Stein, künftig weibliche Kandidaten für den Beruf zu begeistern. "Mehr Frauen - das kann der Feuerwehr als System nur guttun." Eine der wenigen, die als Frau den Einstieg in den Beruf gewählt hat, ist Victoria Werner aus Regensburg. Die 20-Jährige hat ebenfalls erst vor Kurzem als Azubi bei der Münchner Flughafenfeuerwehr angefangen; zuvor hat sie eine Ausbildung zur biologisch-technischen Assistentin absolviert.

Den Traum, zur Feuerwehr zu gehen, hegte sie schon lange, "wegen des harten Auswahlverfahrens habe ich mich aber die ganzen Jahre nicht getraut". Dann fasste sie sich ein Herz, bereitete sich intensiv vor - und freut sich nun darauf, bald "eines der großen FLF zu fahren", wie sie sagt. FLF - das sind die bis zu 1000 PS starken, extrem geländegängigen Flugfeldlöschfahrzeuge, mit denen die Retter mehrere Tausend Liter Wasser an die Einsatzstelle bringen können. Als sie davon erzählt, leuchten ihre Augen. Ein Job bei der Feuerwehr - es ist ihr Traumjob.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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