Süddeutsche Zeitung

Arbeit und Familie:Eizellen einfrieren - warum nicht?

Apple und Facebook bieten Mitarbeiterinnen finanzielle Unterstützung an, wenn sie ihre Eizellen einfrieren lassen möchten. Warum nicht - es ist es nur eine zusätzliche Option bei einer schwierigen Entscheidung.

Kommentar von Hannah Wilhelm

Wenige Entscheidungen im Leben einer Frau sind wichtiger als diese: Macht sie Karriere oder kriegt sie Kinder? Oder schafft sie es irgendwie, sich mit beidem durchzuwurschteln? Denn was anderes als ein Durchwurschteln ist realistischerweise nicht möglich.

All diese Entscheidungen müssen zwischen dem 30. und dem 40. Lebensjahr fallen, einer Zeit, die dadurch für viele Frauen extrem belastend ist. Entweder sind sie ständig zerrissen: Sie möchten arbeiten und aufsteigen, trotzdem ihre Kinder sehen und sie gut betreut wissen. Oder sie entscheiden sich eben gegen Kinder, wie es immer mehr gut ausgebildete Frauen tun. Eine existenzielle Entscheidung, die später vielleicht wehtut.

Finanzielle Unterstützung beim Einfrieren von Eizellen

Nun verursacht die Nachricht Aufregung, dass Facebook und Apple Mitarbeiterinnen finanziell dabei unterstützen, ihre Eizellen einfrieren zu lassen. Die Firmen mischten sich da in das Privateste ein, so der Vorwurf. Frauen zwischen 30 und 40 dagegen wissen, dass das Privateste längst untrennbar mit ihrem Job und ihrem Arbeitgeber verwoben ist, wenn sie versuchen, Kind und Karriere zu vereinbaren.

Es ist ein Angebot, das die Unternehmen machen. Nicht mehr, nicht weniger. Niemand wird dazu gezwungen, es anzunehmen.

Es eröffnet den Frauen eine zusätzliche Option in ihrer schweren Entscheidung - wenn sie beachten, dass die Wahrscheinlichkeit, mit dieser neuen Technologie später wirklich ein Kind zu bekommen, noch nicht sehr groß ist. Es geht um das Recht der Frauen auf Selbstbestimmung und um die berechtigten Bemühungen von Unternehmen, gute Mitarbeiterinnen halten zu wollen.

Eine weitere Befürchtung ist, dieses Angebot könnte Druck auf die Frauen ausüben, es doch bitte auch anzunehmen und dann womöglich keine Kinder zu kriegen, weil es später nicht klappt. Wäre dem so, dann müsste man Unternehmen auch davon abhalten, Kinderkrippen mit langen Öffnungszeiten einzurichten. Denn auch das könnte Frauen unter Druck setzen, auf das Angebot zurückzukommen, statt Teilzeit zu arbeiten oder pünktlich zu gehen.

Kein Zwang, nur eine Option in der gegenwärtigen Situation

Den ohnehin umstrittenen Internetkonzernen zu unterstellen, sie wollten so nur Frauen zwingen, das Kinderkriegen zu verschieben, kommt in Deutschland gut an, ist aber falsch. Beide Firmen unterstützen Mitarbeiter auch bei der Geburt eines Kindes oder bei Adoptionen finanziell. Apple und Facebook möchten gute Mitarbeiterinnen halten, indem sie ihnen etwas bieten.

Natürlich haben diejenigen recht, die sagen, viel wichtiger sei es doch, insgesamt die Rahmenbedingungen zu ändern. Job und Kinder sollten besser zu vereinbaren sein. Und auch gegen den Jugendkult in der Wirtschaft müsse man angehen und eine Karriere auch nach 45 ermöglichen. Ja, sicher. Das wäre besser, als Eizellen einfrieren zu lassen.

Aber es ist noch nicht Realität. Und deshalb nützen solche grundsätzlichen Überlegungen einer Frau leider wenig, die gerade zwischen 30 und 40 ist und vor einer der schwierigsten Entscheidungen ihres Lebens steht.

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Quelle:
SZ vom 16.10.2014/frdu
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