Hitze im Büro:Berlin streitet über Hitzefrei in Verwaltungen

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Ohne Klimaanlage oder Ventilator ist Arbeiten derzeit in vielen Büros kaum möglich. (Foto: picture alliance / dpa)
  • Die linke Berliner Bausenatorin steht in der Kritik, weil sie ihren Mitarbeitern ein paar Stunden Hitzefrei gewährt.
  • Aus dem Berliner Rathaus heißt es, die Zeit müsse zumindest nachgearbeitet werden.
  • Die CDU spricht von Arbeitsverweigerung.

Von Jens Schneider

Wenn eine Verwaltung es leicht und locker nehmen will, wird die Sache schnell besonders kompliziert. Was das angeht, haben im Land Berlin Verwaltung und Politik eine gewisse Meisterschaft entwickelt. Das zeigt sich gerade in diesen Tagen der Hitzerekorde. Es gibt in Berlin, wie anderswo auch, viele Gebäude, in denen es zu einer Belastung werden kann und wenig bringt, bei großer Hitze zu arbeiten. Eine einfache Lösung könnte sein, dass nur jene Arbeit unbedingt erledigt wird, die keinen Aufschub duldet. Das andere holt man halt später nach. Worüber nicht viel zu debattieren wäre, schon der Hitze wegen.

Berlin aber führt eine Hitzefrei-Debatte. Ausgelöst wurde sie durch verschiedene Regelungen der Behörden, im Mittelpunkt steht die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Linke). Sie hat den Mitarbeitern in ihrer Verwaltung für die drei heißen Tage dieser Woche für den Nachmittag quasi Hitzefrei gegeben. Im sanierungsbedürftigen alten Gebäude ihrer Verwaltung werde es extrem heiß, und es gebe keinerlei Klimatisierung. Also dürfe ab 14 Uhr jeder nach Hause gehen, heißt es - und zwar ohne dass diese Stunden nachgearbeitet werden müssen.

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Andere Senatoren sollen es bis vor Kurzem ähnlich gehalten haben. Lompscher bleibt dabei, trotz einer inzwischen recht großen Aufregung. Aus dem Roten Rathaus, dem Sitz des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD), hat der Chef der Senatskanzlei inzwischen klare, strengere Regeln versandt. Grundsätzlich gebe es kein Hitzefrei, betont er. Allerdings können Mitarbeiter in Absprache mit ihren Vorgesetzten ihren Dienst vor dem Ende ihrer Kernzeit beenden. Zum Ausgleich müssten zum Beispiel Überstunden genutzt werden, man kann auch nacharbeiten.

Maßgeblich sei die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), in der Fragen der Raumtemperatur verbindlich geregelt seien. Sollten 35 Grad überschritten werden, gilt ein Arbeitsraum als nicht mehr geeignet. Gibt es keine Alternative, müsste der Arbeitgeber Beschäftigte im Einzelfall nach Hause schicken.

Lompscher will weiterhin darauf verzichten, dass Stunden nachgearbeitet werden. Das regt die Opposition auf. Ausgerechnet die Bausenatorin, sagen CDU und FDP; die Linke steht seit Langem in der Kritik. Ihr wird angesichts der Wohnungsnot vorgeworfen, dass in Berlin zu wenig gebaut werde. CDU-Generalsekretär Stefan Evers spricht von Arbeitsverweigerung und fragt, "was der Rechnungshof zum Hitzefrei ohne Stundenausgleich zu sagen hat".

Aus Lompschers Behörde ist zu hören, dass keineswegs alle vorzeitig gehen. Viele begännen die Arbeit einfach früher, in den etwas kühleren Morgenstunden. Ihre Sprecherin sagt, es gehe letztlich um eine Stunde an drei Tagen: Dadurch komme der Wohnungsbau nicht zum Erliegen.

© SZ vom 08.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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