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Arbeit - Neudietendorf:Corona heizt Streit um arbeitsfreien Sonntag an

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Erfurt (dpa/th) - Auch in der Corona-Krise halten Vertreter etwa von Gewerkschaften und Vereinen am arbeitsfreien Sonntag fest. Diejenigen, die schon seit Jahren die Öffnung des Einzelhandels am Sonntag wollten, nutzten nun die Pandemie, um diese Errungenschaft anzugreifen, sagte der Landesfachbereichsleiter Handel der Gewerkschaft Verdi, Jörg Lauenroth-Mago, am Mittwoch. Besonders die Thüringer CDU attackiere den arbeitsfreien Sonntag derzeit, indem sie fordere, die Ladenöffnungszeiten weiter zu flexibilisieren. Lauenroth-Mago äußerte sich am Mittwoch bei der Vorstellung einer neuen Broschüre der Thüringer Allianz für den freien Sonntag.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Martin Henkel, hatte im Sommer 2020 gesagt: "Wir sollten den Kommunen und Händlergemeinschaften die Möglichkeit geben, die Termine für die vier erlaubten verkaufsoffenen Sonntage auch abseits der im Gesetz geforderten besonderen besucherintensiven Anlässe festzulegen." So könne man dem Einzelhandel ermöglichen, zumindest einen Teil des Umsatzes zu machen, der ihm durch die Folgen der Coronakrise verloren gegangen sei.

Dagegen wolle die Allianz nicht nur den arbeitsfreien Sonntag im Einzelhandel erhalten, sagte der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im Bezirk Hessen-Thüringen, Michael Rudolph. "Wir stehen dafür ein, weitere Sonntagsarbeit zurückzudrehen." So bringe es nichts, den Einzelhandel in den Innenstädten am Sonntag geschlossen zu halten, dafür aber im Online-Handel an solchen Tagen womöglich Sonderschichten zu fahren.

Die Allianz für den freien Sonntag wurde 2012 gegründet. In ihr sind Vertreter etwa von Gewerkschaften, Kirchen und verschiedenen Vereinen organisiert. In einer Broschüre mit dem Titel "22 Abgeordnete für den freien Sonntag" sprechen sich Parlamentarier des Erfurter Landtages aus den Fraktionen von Linker, SPD, CDU und Grünen dafür aus, den arbeitsfreien Sonntag auch in Zukunft beizubehalten.

Der Vertreter des kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Holger Lemme, betonte, der Angriff auf den freien Sonntag in diesen Wochen wiege besonders schwer, da in diesem Jahr das 1700-jährige Bestehen dieses Tages gefeiert werde. Im Jahr 321 sei der Sonntag im Römischen Reich erstmals zu einem staatlich geschützten Feiertag erklärt worden.

Rudolph sagte, es sei gerade kleinen, inhabergeführten Einzelhandelsgeschäften nicht zuzumuten, auch noch am Sonntag zu öffnen. Eine Buchhändlerin aus Erfurt, die nach eigenen Angaben nur wenige Aushilfen beschäftigt, bestätigte das. Die Ausweitung der Sonntagsöffnungen würde bedeuten, dass Menschen wie sie "nie mehr frei hätten". Sie wolle, dass verkaufsoffene Sonntage auch für Kunden etwas Besonderes bleiben.

© dpa-infocom, dpa:210310-99-766599/3

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