Arbeit - Bremen:Jeder siebte Arbeitnehmer pendelt in anderes Bundesland

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Dichter Verkehr im abendlichen Berufsverkehr. Foto: Sven Hoppe/dpa/Archiv (Foto: dpa)

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Hannover/Bremen (dpa/lni) - Für Hunderttausende Beschäftigte in Niedersachsen und Bremen fallen Wohnort und Arbeitsplatz nicht zusammen - sie pendeln sogar über Landesgrenzen hinweg. Bundesweit liegt das im Trend: 2019 fuhren rund 3,4 Millionen Beschäftigte für den Job in andere Bundesländer, nach Angaben der Arbeitsagentur etwa 50 000 mehr als im Vorjahr. Gründe gibt es viele: Teure Mieten in den großen Städten, Sehnsucht nach dem Leben im Grünen, aber auch das Fehlen gut bezahlter Jobs auf dem Land.

Doch im Norden gibt es besondere Probleme zwischen dem Flächenland Niedersachsen und den Stadtstaaten Hamburg und Bremen. Gerade Bremen als kleinstes und ärmstes Bundesland leidet finanziell darunter, dass ein Teil seiner Arbeitskräfte im Umland in Niedersachsen wohnt.

Die Zahlen aus niedersächsischer Sicht: Etwa jeder siebte Arbeitnehmer des Landes hat seinen Job in einem anderen Bundesland. Die Pendlerquote lag damit 2019 wie im Vorjahr bei 14 Prozent. Das geht aus Zahlen der Arbeitsagentur hervor, die die Linken-Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann ausgewertet hat.

Dabei haben die meisten niedersächsischen Pendler ihren Job beim kleinsten Nachbarn: 119 634 fuhren nach Bremen oder Bremerhaven. Ins größere Hamburg pendelten 102 802 Beschäftigte, ins noch größere Nordrhein-Westfalen waren es 102 626 Beschäftigte. Umgekehrt kamen etwa 300 000 Menschen von außen nach Niedersachsen zur Arbeit. Die meisten stammten aus Nordrhein-Westfalen (92 090), Sachsen-Anhalt (41 262) und Bremen (36 232).

Die Bremer Sicht: 334 000 versicherungspflichtige Jobs bietet das kleinste Bundesland, gut ein Drittel geht den Zahlen nach an Pendler. Sie kommen zur Arbeit nach Bremen, leben aber in Niedersachsen und zahlen dort ihre Einkommensteuer. Die Kreise Osterholz, Achim, Verden, Diepholz und Oldenburg zählen zu diesem Speckgürtel.

Dem armen Zwei-Städte-Staat Bremen fehlen dadurch Steuereinnahmen, die für Schulen, Soziales und Straßen gebraucht würden. Bremen hat zwar in den vergangenen Jahren Einwohner hinzugewonnen, das war vor allem Zuzug aus dem Ausland. Dagegen hat das Land nach Berechnungen der Handelskammer seit 2009 etwa 16 500 Einwohner an das Umland verloren, meist erwerbstätige Menschen mit Kindern. Den jährlichen Einnahmeverlust beziffert die Handelskammer auf 100 Millionen Euro - Tendenz steigend.

"Wer es sich aussuchen und leisten kann, wohnt nicht in einer Stadt, die bei allen Vergleichen immer das Schlusslicht bildet", schrieb ein Leserbriefschreiber am Donnerstag im "Weser-Kurier". Denn Bremen liegt mit der bundesweit höchsten Arbeitslosenquote von 10,3 Prozent und einem hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern hinten. Wie man mehr Menschen in Bremen halten könnte, darüber sind sich Stadtpolitik, Wirtschaft und Sozialorganisationen einig: Bessere Schulen, mehr Wohnungsbau und ein Kampf gegen die Langzeitarbeitslosigkeit.

Immerhin arbeiten auch nicht alle Bremer zuhause. 53 000 Bremer pendeln in andere Bundesländer, davon rund 36 000 nach Niedersachsen.

In Hamburg hat das Einpendeln aus Wohnorten in Niedersachsen und Schleswig-Holstein ähnliche negative steuerliche Auswirkungen wie in Bremen. Doch die Hansestadt an der Elbe steht mit ihrer größeren Wirtschaftskraft insgesamt besser da. "Hamburg hat viel gebaut", sagt Sprecherin Marion Köhler von der Metropolregion Hamburg. Und sie verweist darauf, dass die finanzielle Wechselwirkung durch das Pendeln kompliziert sei. Es gehe auch nicht nur um Steuern. Zwar nutzten die Pendler die Hamburger Infrastruktur. Aber sie ließen auch Geld in der Metropole: "Die Wertschöpfung aus dem Umland ist groß."

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