Süddeutsche Zeitung

Anerkennung ausländischer Abschlüsse:Erleichterungen für Einwanderer

Mitten in der Integrationsdebatte legt Bundesbildungsministerin Annette Schavan einen Gesetzentwurf vor, nach dem die Abschlüsse ausländischer Fachkräfte zügiger anerkannt werden sollen.

Tanjev Schultz

Die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse soll zügiger und transparenter werden. Einwanderer sollen einen Rechtsanspruch darauf bekommen, dass das Verfahren nicht länger als drei Monate dauert, sobald alle nötigen Nachweise vorliegen. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesbildungsministeriums vor, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt und derzeit mit anderen Bundesministerien abgestimmt wird. In früheren Planungen der schwarz-gelben Koalition war noch von Fristen bis zu sechs Monaten die Rede gewesen.

Das Gesetz soll helfen, dem Fachkräftemangel zu begegnen und Einwanderer besser zu integrieren. Die Bundesregierung schätzt, dass etwa 300000 Menschen, die bereits in Deutschland leben, von dem Gesetz profitieren werden; außerdem Einwanderer, die neu ins Land kommen. Einschränkend wirkt allerdings der Föderalismus: Über etliche Berufe haben die Bundesländer die Hoheit, beispielsweise über Lehrer und Ingenieure. Das Bundesgesetz betrifft vor allem Heil- und Pflegeberufe, das Handwerk und andere Ausbildungsberufe.

Derzeit müssen Einwanderer oder Deutsche, die im Ausland Abschlüsse erworben haben, oft jahrelang auf einen Bescheid warten, was ihre Zeugnisse hierzulande wert sind. Außerdem sind für die Anerkennung zig verschiedene Behörden und Kammern zuständig, auch die Regelungen sind sehr unübersichtlich.

Daran wird auch das geplante Gesetz zwar zunächst nicht viel ändern, denn eine zentrale Anlaufstelle für sämtliche Berufe und Abschlüsse soll es auch in Zukunft nicht geben. Doch sollen die Regeln verlässlicher und einheitlicher werden. Das Gesetz könnte bereits im kommenden Jahr in Kraft treten.

Der Entwurf sieht vor, dass die beruflichen Fähigkeiten nicht nur durch formale Zertifikate, sondern auch durch Arbeitsproben, Fachgespräche, praktische und theoretische Prüfungen und Gutachten nachgewiesen werden können. Möglich sind außerdem "Anpassungslehrgänge". Maßstab soll das Qualitätsniveau der deutschen Abschlüsse und Berufsbilder sein.

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) will offenbar verhindern, dass ungelernte oder angelernte Kräfte durch das Anerkennungsverfahren gleichsam durch die Hintertür einen deutschen Abschluss erhalten. Gibt es einzelne Lücken im Vergleich zum deutschen Ausbildungsniveau, sollen die Antragsteller darüber informiert werden, so dass sie sich entsprechend fortbilden können.

Es wird jedoch keinen Anspruch auf eine vom Staat bezahlte Nachqualifizierung geben. Und für die Kosten des gesamten Anerkennungsverfahrens sollen Gebühren erhoben werden können.

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Quelle:
SZ vom 18.10.2010/segi
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