Generationenkonflikt:"Lassen Sie sich was von mir sagen, Frau Kollegin"

Routinierte Opas gegen arrogante Jungspunde voller Energie? Alle Welt spricht vom Generationenkonflikt - doch im Job können Alt und Jung einiges voneinander lernen.

Vielfalt bereichert - nicht nur das Unternehmen, sondern auch die Kollegen. Einige sind seit Jahrzehnten dabei, andere haben gerade erst ihre Ausbildung absolviert: Wenn jüngere und ältere Kollegen im Betrieb zusammenarbeiten, prallen manchmal zwei Welten aufeinander. Gerade wenn es in einer Abteilung oder im Team nicht rund läuft, kann es Konflikte zwischen den Generationen geben - wenn die Älteren zum Beispiel Angst haben, von den Jüngeren verdrängt zu werden. Oder wenn die Jüngeren fürchten, dass die alten Hasen ihnen bei ihrer Karriere im Weg stehen.

Katharina Wagner, Eva Wagner- Pasquier

Sie kennen die Zusammenarbeit zwischen den Generationen: Katharina Wagner und Eva Wagner- Pasquier organisieren zusammen die Wagner-Festspiele in Bayreuth.

(Foto: ap)

Doch Konflikte müssen nicht sein. "Es kann für beide Seiten durchaus bereichernd sein", sagt Claudia Falk vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Berlin. So seien jüngere Kollegen oft noch im Lernfluss und vertrauter mit moderner Technik. "Möglicherweise sind sie aber auch ungeduldiger und ungestümer. Das kann sich wiederum gut mit älteren Kollegen paaren, die erfahrener und ruhiger sind, sich dafür aber möglicherweise nicht so sehr mit modernen Techniken und Arbeitsweisen auskennen."

Dass sich Alt und Jung im Job gut verstehen, wird in Zukunft zunehmend wichtiger werden. Denn angesichts des demografischen Wandels ist davon auszugehen, dass die Zahl älterer Mitarbeiter in Unternehmen steigen wird, wie Mechthild Bayer von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi in Berlin erläutert. "In den nächsten Jahren und Jahrzehnten werden bei uns mehr Menschen in Rente gehen, als jüngere Arbeitskräfte nachkommen." Zudem werde der Anteil der über 50-Jährigen unter den Menschen im arbeitsfähigen Alter bis 2020 voraussichtlich von aktuell 22 auf 36 Prozent steigen. Jeder dritte Erwerbsfähige wird dann also zur Generation 50 Plus gehören. "Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass sich Unternehmen überlegen, wie sie ältere und jüngere Kollegen am besten miteinander arbeiten und lernen lassen", sagt Bayer.

Dieser Frage geht Anna Maria Müller vom Seniorenverband BRH mit Sitz in Mainz bereits seit Jahren nach. "Meiner Erfahrung nach können schon direkte Gespräche zwischen Kollegen helfen, mögliche Spannungen oder Unsicherheiten abzubauen." Sie rät älteren Mitarbeitern, direkt und offen auf jüngere Kollegen zuzugehen. "Jüngere wissen meist andere Dinge, zum Beispiel weil sie die erst vor kurzem in ihrer Ausbildung gelernt haben - davon können Ältere profitieren."

Ein junger Berufseinsteiger sollte dem Dienstältesten allerdings nicht ungefragt Hilfe anbieten, rät Susanne Helbach-Grosser vom Netzwerk "Etikette Trainer International" in Hamburg. Wer sich nicht gut kennt, empfindet ein solches Hilfsangebot möglicherweise als überhebliche Geste, erklärt die Kommunikationstrainerin. Fühlt sich jemand im Mehrgenerationenteam übergangen, bevormundet oder benachteiligt, könne das zu Unmut führen, meint DGB-Expertin Falk. "Es ist wichtig, dass sich alle Mitarbeiter gleich wahrgenommen und gefordert fühlen und jeweils dort eingesetzt werden, wo sie ihre Qualitäten am besten entfalten können."

Dabei spielen auch Weiterbildungen eine wichtige Rolle. Leider friste das Thema in vielen Betrieben ein stiefmütterliches Dasein. Deshalb sollten Beschäftigte von sich aus passgenaue Angebote einfordern. "Damit es nicht vom Zufall oder der Nase abhängt, wer in den Genuss einer Fortbildung kommt, ist es ratsam, über den Betriebsrat zu gehen", rät Falk. Dieser könne mit dem Arbeitgeber eine Betriebsvereinbarung zu dem Thema abschließen. Auch jüngere Mitarbeiter dürfen nicht glauben, dass sie bereits ausgelernt haben. Sie sollten sich vielmehr aufgeschlossen gegenüber dem Wissen der älteren Kollegen zeigen. "

Im Laufe der Jahre wurden in einem Betrieb meist unterschiedliche Dinge ausprobiert und Erfahrungen gemacht, die ein junger Kollege nicht haben kann", meint Falk. Dazu gehörten auch Fehler, aus denen die Firma gelernt hat. Unterschätzen Jüngere diesen Erfahrungsschatz, kann sich das später rächen. Denn spätestens wenn die Älteren aus dem Unternehmen ausscheiden, müssen ihre Nachfolger die Arbeit alleine stemmen. Wird das Wissen der Älteren zuvor nicht weitergegeben, gehen leicht wichtige Informationen verloren. "Die jüngeren Mitarbeiter können dann nicht auf einen Erfahrungsfundus zurückgreifen, sondern müssen sich alles mühevoll selbst erarbeiten", sagt Falk.

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