Als Ingenieur in Afghanistan:Brunnen bohren und Tee trinken

Nicht nur deutsche Soldaten sind in Afghanistan tätig. Für die Aufbauarbeiten werden Ingenieure mit kulturellem Feingefühlt gesucht. Und Frauen.

Bernd Kubisch

Der Bundeswehr-Einsatz am Hindukusch beherrscht immer wieder die Schlagzeilen. Die tägliche Aufbauarbeit in Afghanistan bleibt dabei oft im Hintergrund. Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ist seit langem in dem kriegszerstörten Land im Einsatz. Sie hat neue Jobs für Fachkräfte und sucht dafür vor allem Ingenieure und Frauen. Die Aufbauhelfer werben mit guter Bezahlung, Heimflügen und intensivem Sicherheitstraining.

Wiederaufbau einer Mädchenschule in Kabul

Wiederaufbau in Afghanistan: Die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) ist seit langem in dem kriegszerstörten Land im Einsatz.

(Foto: dpa)

Die Arbeit deutscher Entwicklungshelfer in Afghanistan ist nichts für Abenteurer. "Wir suchen umsichtige Fachkräfte, die mit beiden Beinen fest im Leben stehen", sagt Christoph Berg von der GTZ, "wir schauen uns die Bewerber sehr genau an." Für den Bildungsbereich werden Frauen gesucht, aber auch für technische Tätigkeiten. "Frauen sind nicht zurückhaltender bei den Bewerbungen als Männer, eher im Gegenteil", versichert Berg. Von den gut 160 aus Deutschland entsandten GTZ-Mitarbeitern sind 90 Frauen.

Eine "Frauenpower" aus Germany bestätigt auch Susanne Geipert aus dem hessischen Neustadt bei Marburg, die in Masar-i-Scharif in der Balch-Provinz arbeitet. Die Stadt im Norden Afghanistans ist im Aufschwung. "Sie gilt als recht sicher, wie ein großer Teil des Landes", sagt die GTZ-Projektleiterin. Das werde angesichts vieler Berichte über Anschläge und Kämpfe oft vergessen. Aber auch die Balch-Region war bei den Wahlen Mitte September von Anschlägen nicht verschont. "Bei mir blieb es in der näheren Umgebung bisher zum Glück ruhig", berichtet Geipert. Gefährlich ist es in der benachbarten Provinz Kundus und der gleichnamigen Stadt.

Ausreichend Urlaub, vier Heimflüge und Auslandszulagen gehören ebenso zu den Leistungen für das GTZ-Team "wie eine umfassende Vorbereitung in Deutschland und Afghanistan". Job-Experte Berg betont: "Wir checken genau Biographie und Qualitäten. Lieber lassen wir eine Vakanz eine Zeit lang unbesetzt, als einen Wackelkandidaten einzustellen." Gesucht werden vor allem Fachkräften für Ausbildung, Energie, Bewässerung, Rechnungswesen, Justiz, Hoch- und Tiefbau.

Neulinge bekommen eine Schnupperwoche in Afghanistan und werden auch auf kulturelle Sensibilität, Geschichte und Kleiderordnung vorbereitet. "Wer beim Volk der Paschtunen wegen der Hitze in kurzen Hosen rumlaufen will, zu dem sagen wir schon im Bewerbungsgespräch ,Tschüss', erklärt Berg. Zum Sicherheitstraining gehört das richtige Verhalten in vermintem Gelände und auch die Frage "Wie verhalte ich mich bei einer Straßensperre oder einer Geiselnahme?"

Jörg Yoder hat schon 2004 damit begonnen, Einheimischen in Dschalalabad und Kandahar bei Brunnenbohrung, Dorfverwaltung und Buchhaltung zu helfen. "Wichtig ist, sich gegenseitig zuzuhören", sagt der 40-Jährige aus Hof in Oberfranken. Natürlich brauche das Zeit und einige Tassen Tee. "Wer vor allem die älteren Einheimischen ernstnimmt und ein offenes Ohr hat, trifft auf verständnisvolle Partner", sagt Yoder in der GTZ-Zentrale in Eschborn bei Frankfurt.

In der von Männern dominierten Arbeitswelt in Afghanistan "genießen gut ausgebildete Frauen eine besondere Wertschätzung durch unsere einheimischen Partner", berichtet Andreas Clausing, GTZ-Leiter in Kabul. Berlin erhöht in diesen Monaten in Afghanistan für den generellen Aufbau "die 240 aus Deutschland entsandten Kräfte auf derzeit gut 300", sagt Rolf Steltemeier, Sprecher des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit.

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