Alltagssünden:Das kann den Job kosten

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Kekse naschen, über den Chef lästern und Handy aufladen: Was ist am Arbeitsplatz erlaubt, was verboten? Zehn alltägliche Vergehen und ihre möglichen Konsequenzen.

Nicola Holzapfel

Ein Frikadellenbrötchen, sechs Maultauschen, ein bisschen Strom fürs Handy - einige Kündigungsgründe, die im vergangenen Jahr für Aufregung sorgten, wirken auf den ersten Blick lächerlich. Doch Arbeitsrechtler können eine ganze Reihe von kleinen Vergehen aufzählen, die zu großem Ärger führen können. Auch wenn es im Arbeitsalltag unrealistisch zu sein scheint: Wer alles richtig machen will, muss oft um Erlaubnis fragen.

Wer Kekse vom Teller des Chefs nascht, muss im schlimmsten Fall mit einer Kündigung rechnen. (Foto: Foto: dpa)

Kekse naschen

Die Besprechung hat noch nicht begonnen, in der Büroküche steht ein Teller mit Keksen. Ist es verboten, sich vorab schon einmal zu bedienen? Ja. "Arbeitnehmer haben überhaupt keine Berechtigung, für private Zwecke etwas vom Arbeitgeber zu nehmen. Das ist klarer Diebstahl", sagt Daniela Range-Ditz, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Rastatt. Auf den Wert des Gegenstands komme es dabei nicht an. "Das ist ein Vertrauensbruch, den kann man nicht an der Höhe des Betrags festmachen." In der Praxis wird jedoch nicht jeder Diebstahl gleich geahndet. Ein Mitarbeiter, mit dem alle zufrieden sind, erntet vielleicht einen strengen Blick, wenn er Kekse nascht. Einen Kollegen, den der Chef schon länger auf dem Kieker hat, kann das hingegen den Job kosten.

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Hier gilt dasselbe wie beim Naschen: Man sollte es sein lassen. "Beim Unterscheiden von Mein und Dein muss man kleinlich sein", sagt Michael Eckert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Heidelberg. "Es gibt keine Untergrenze, bis zu der man etwas mitnehmen darf. Man will ja selbst auch nicht, dass einem der Arbeitgeber alle paar Tage in die Tasche langt und einen Euro herausnimmt." Das gilt auch für Briefmarken oder private Fotokopien. Selbst wenn im Unternehmen etwas üblich zu sein scheint und sich kein Kollege einer Schuld bewusst ist, ist es ratsam, sich vorsichtshalber beim Vorgesetzten zu erkundigen, statt es den anderen einfach gleich zu tun. Denn wer erwischt wird, kann sich nicht damit herausreden, dass er kein Unrechtsbewusstsein hatte. "Der Arbeitgeber darf grundsätzlich auch bei strafbaren Handlungen im kleineren Bereich fristlos kündigen", sagt Eckert.

Ohne Genehmigung ist es riskant, private Mails zu schreiben. "Wenn der Computer vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt wird, darf er darauf alles kontrollieren", sagt Range-Ditz. Das gilt auch für die elektronische Post. Wenn der Arbeitgeber die private Nutzung ausdrücklich verboten hat, darf er mitlesen. Nur wenn die private Nutzung erlaubt ist, muss er dafür vorher das Einverständnis des Mitarbeiters einholen.

Das Arbeitsgericht Oberhausen hat sich kürzlich mit einer Kündigung befasst, die bundesweit für Aufsehen sorgte: Ein Mitarbeiter wurde fristlos entlassen, unter anderem, weil er sein privates Handy regelmäßig am Arbeitsplatz auflud. Die Kündigung wurde zwar wieder zurückgenommen. Doch auch wenn es kleinlich wirkt: Damit es gar nicht erst zu einem solchen Verfahren kommt, sollte man besser um Erlaubnis fragen.

Auch wer mal schnell ein privates Telefonat erledigen will, braucht dafür die Genehmigung des Arbeitgebers. Sind private Gespräche erlaubt, ist die Frage, wann telefoniert werden darf. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man dafür die Pause nutzt. Auf keinen Fall darf die Dauer des Telefonats von der Arbeitszeit abgehen. "Viele Arbeitnehmer sind sich nicht darüber bewusst, dass sie ihr Unternehmen um Arbeitszeit betrügen", sagt Eckert. Wer privat telefoniert oder E-Mails schreibt, muss diese Unterbrechungen von seiner Arbeitszeit abziehen.

Selbst wenn ein Geschenk persönlich adressiert ist, darf ein Mitarbeiter es nicht einfach mit nach Hause nehmen. Vor allem bei Arbeitnehmern mit direktem Kundenkontakt regelt häufig eine Passage im Arbeitsvertrag, dass sie keine Geschenke annehmen dürfen. "Es gibt eine Bagatellgrenze. Alles, was unter fünf Euro liegt, darf man behalten", sagt Eckert. Entscheidend ist, ob man sich durch das Präsent beeinflusst fühlt. "Man sollte sich kritisch selbst fragen: Habe ich dabei noch ein gutes Gefühl? Im Zweifel den Chef einbeziehen."

Wer etwas dazu verdienen will, muss erst im Arbeitsvertrag nachsehen, ob er das überhaupt darf. Manche Verträge legen fest, dass sich der Mitarbeiter einen Nebenjob genehmigen lassen muss oder den Arbeitgeber vorher darüber zu informieren hat. Regelt der Vertrag diesen Fall nicht ausdrücklich, ist dies noch kein Freischein. "Sobald der Nebenjob negative Einflüsse auf das Arbeitsverhältnis hat, darf ihn der Arbeitgeber verbieten." Untersagt ist beispielsweise die Tätigkeit für Konkurrenzunternehmen und auch ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz. Wer zum Beispiel nach einem Arbeitstag von acht Stunden abends in der Kneipe jobben will, würde die maximale Arbeitszeit von zehn Stunden täglich überschreiten.

Schweigsame Naturen haben es in einer Hinsicht einfacher als redselige Kollegen: Sie geraten selten in Versuchung, zu viel von ihrer Arbeit zu erzählen. Was zu viel ist, hängt nicht nur davon ab, was ausgeplaudert wird, sondern auch, wem etwas verraten wird. Tabu sind Betriebsgeheimnisse, die für andere Unternehmen interessant sein könnten. Das sind zum Beispiel die Beziehungen zu Kunden und die Entwicklung neuer Projekte. Tabu kann auch das Gehalt sein, falls es darüber eine Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag gibt. Wie detailliert man über Interna sprechen darf, hängt entscheidend vom Gesprächspartner ab. Je vertraulicher die Beziehung, desto mehr darf der andere erfahren. Mit dem Partner darf man die Freude über eine Gehaltserhöhung ebenso teilen wie den Ärger über den Chef.

Jeder zweite Mitarbeiter ist mit seinem Vorgesetzten unzufrieden - das ergab eine Studie des Lehrstuhls für Psychologie an der Universität Bochum. Doch so groß der Ärger über den Chef auch sein mag, mit spitzen Bemerkungen und Unmutsäußerungen sollte man vorsichtig sein. Erlaubt ist nur sachliche Kritik. "Beleidigungen und Schmähkritik nach dem Motto ,Was für ein Idiot‘, muss sich der Chef nicht gefallen lassen", sagt Eckert. Vor allem wenn eine solche Beschimpfung kein einmaliger Ausrutscher ist, kann der Vorgesetzte eine Abmahnung aussprechen. Diese ist als Warnung zu verstehen. Im Wiederholungsfall droht die Kündigung.

Nicht nur Beleidigungen gegenüber dem Vorgesetzten sind gefährlich. Auch böse Worte im Kollegenkreis können ernste Folgen haben. Wer Kollegen verleumdet, muss ebenfalls mit einer Abmahnung rechnen. "Der Chef sollte dafür sorgen, dass nicht gegen Kollegen gehetzt wird. Unsachliche Lästereien, ehrverletzende Bemerkungen und einen respektlosen und verächtlichen Ton sollte er deutlich und nachdrücklich verbieten, den Betreffenden abmahnen und ihm im Wiederholungsfall kündigen", sagt Arbeitsrechtlerin Daniela Range-Ditz. Kommt es sogar zu Tätlichkeiten unter Kollegen, kann direkt gekündigt werden.

© SZ vom 19.12.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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