Akademiker auf Jobsuche:Studiert - und ratlos

Sie haben jahrelang die Universität besucht - aber wenn es darum geht, sich um einen Job zu bewerben, agieren viele Akademiker unbeholfen.

Zwischen Hörsaal und Büro liegen oft Welten. Beim Berufseinstieg heißt es für Akademiker daher umschalten: Denn allein mit ihrem Abschluss und Fachwissen können Bewerber nur selten punkten, wenn es um die erste Stelle nach dem Studium geht. Sie müssen vielmehr zeigen, dass sie in der Praxis etwas taugen. Dabei geht es darum, sich gut zu verkaufen. Denn die Krise hat es auch für gut ausgebildete Bewerber schwieriger gemacht, einen Job zu finden.

Um Arbeitgeber von sich zu überzeugen, reichen gute Noten und theoretische Kenntnisse in der Regel nicht aus. Praxiswissen sei Trumpf, sagt Lothar Dröge von der Arbeitsagentur Aachen. Im Maschinenbau könne es zwar vorkommen, dass Bewerber in eine fachliche Unterhaltung über Thermodynamik verwickelt werden. In anderen Fächern wie Germanistik dürfte aber kaum jemand hören wollen, welche Vorlesungen man besucht hat. Wichtiger seien hier Praktika und Berufserfahrung.

"Die zweite Säule zählt." Geisteswissenschaftler und Quereinsteiger haben es in der Regel schwerer, den beruflichen Nutzen ihres Studiums herauszustellen. "Die müssen konstruieren", sagt Dröge. Damit ist aber keine Hochstapelei gemeint - das sei die falsche Devise. Denn versprechen Absolventen zu viel, rächt sich das hinterher im Vorstellungsgespräch. "Das ist wie mit einem Duft: Man darf nicht zu dick auftragen."

Vielen sei aber gar nicht bewusst, was sie im Studium alles für die Berufswelt gelernt haben, sagt Dröge. Germanistik etwa habe viel mit Kommunikation zu tun - das Wissen darüber sei auch im Job wichtig. Und wer in der Fachschaft Verantwortung übernommen hat, kann damit soziale Kompetenzen belegen.

Solche "Soft Skills" sind heute überall gefragt - denn niemand will einen Fachidioten. Auch ein Informatiker muss zeigen, dass er technische Lösungen einem Normalsterblichen erklären kann. Wenn er als Tutor tätig war, kann das ein entscheidender Pluspunkt sein.

Es sei durchaus zulässig, sich von seiner Schokoladenseite zu zeigen, sagt die Karriereberaterin Madeleine Leitner aus München. Bewerber sollten sich dazu in den Arbeitgeber versetzen und sich überlegen, was aus seiner Sicht attraktiv an ihnen ist und was eher stören könnte. In der schriftlichen Bewerbung gehe es dann darum, die eigenen Vorzüge zu betonen. Damit sie für den Arbeitgeber gleich erkennbar sind, sollten Bewerber sie an prominenter Stelle - etwa zu Beginn des Anschreibens - nennen oder fett hervorheben.

Vollständigkeit muss dagegen nicht sein. Absolventen sollten sich Leitner zufolge immer fragen: Ist dies eine Information, die mir zu einem Vorstellungsgespräch verhilft? Dann gehöre sie in die Bewerbung. Dass sie das Fach gewechselt haben und der Abschluss erst im zweiten Versuch geklappt hat, bleibe dagegen besser unerwähnt, wenn Bewerber fürchten, deshalb aussortiert zu werden.

Generell gehöre auch der Titel der Abschlussarbeit auf den Lebenslauf, ergänzt Dröge. Das sei aber nur dann sinnvoll, wenn er beruflich etwas zu sagen hat. "Wenn ich über die Geschichte der römischen Säulen geschrieben habe und mich in der PR bewerbe, bringt das natürlich nichts." Absolventen müssen sich auf Nachfragen im Vorstellungsgespräch gefasst machen, wenn in der Bewerbung etwas erklärungsbedürftig bleibt. Auf die Frage "Warum hat Ihr Studium so lange gedauert?" legten sie sich also besser eine Antwort zurecht, rät Dröge. "Und die sollte nicht sein: Weil ich einen Segelschein gemacht habe."

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