Einmal war James MacNeil ernsthaft in Versuchung: Fast hätte er mit der Zeitarbeit aufgehört und bei dem Kunden angeheuert, dessen Datenbanken er damals gerade auf Vordermann brachte. "Aber ich hätte dafür umziehen müssen, und viel besser wäre das Gehalt auch nicht gewesen", sagt der promovierte Informatiker. Seit sein früherer Arbeitgeber vor 16 Jahren von der Zeitarbeitsfirma DISAG übernommen wurde, hat James MacNeil nicht weniger als zwölf Übernahmeangebote ausgeschlagen.
Für Berufseinsteiger, die sich in Ruhe einen Überblick über Branchen und Firmen verschaffen wollen, kann Zeitarbeit eine lohnende Alternative sein.
(Foto: AP)Letztlich möchte er nicht auf die Abwechslung verzichten, die sein Job mit sich bringt: "Ich will nicht immer dasselbe machen, nicht nur Systeme oder nur Datenbanken oder nur Analyse." Manchmal wird der gebürtige Kalifornier, der in den siebziger Jahren zum Studium nach Deutschland kam, für nur drei Tage als Computer-Feuerwehr an ein Unternehmen ausgeliehen. Die meisten Einsätze dauern aber viel länger. Das Projekt in Freiburg, an dem MacNeil derzeit arbeitet, war auf drei Monate angelegt, daraus sind jetzt schon fünf Jahre geworden.
Ein Viertel der 8000 Mitarbeiter der DIS AG ist Akademiker, das Unternehmen will diesen Anteil noch steigern. Andere Zeitarbeitsfirmen sind noch stärker auf hochqualifiziertes Personal spezialisiert. Bei Yacht Teccon, einem Tochterunternehmen des Marktführers Randstad, sind 80 Prozent der Mitarbeiter Ingenieure, beim Engineering-Dienstleister Ferchau sind es je nach Niederlassung bis zu 100 Prozent.
Insgesamt betrachtet, spielen Akademiker in der Branche aber immer noch eine kleine Rolle. Von den - je nach Statistik 750.000 bis 920.000 - Zeitarbeitern in Deutschland haben nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg nur gut sechs Prozent einen Hochschul- oder Fachhochschulabschluss; dieser Anteil ist in den vergangenen zehn Jahren kaum gestiegen.
Die Arbeitsplätze der hochqualifizierten Zeitarbeiter haben sich jedoch als relativ sicher erwiesen: Von der Krise der Branche 2009 waren sie kaum betroffen. Inzwischen stellen die Zeitarbeitsfirmen wieder kräftig ein. "Wir suchen händeringend Ingenieure", sagt Stephan Tempelmann, der die Stuttgarter Niederlassung von Ferchau leitet. Bewerber würden mit teils übertariflicher Bezahlung und Weiterbildungsangeboten angelockt. Außerdem besetze man Führungspositionen möglichst intern, um den Mitarbeitern eine Perspektive zu bieten und sie länger zu halten.
Die dünn gesäten Aufstiegsmöglichkeiten sind ein großer Nachteil der Zeitarbeit. Dazu kommt, dass Zeitarbeiter zwar laut Arbeitnehmerüberlassungsgesetz etwa das gleiche Entgelt wie ihre Kollegen in den Entleihunternehmen erhalten, jedoch bei der Altersversorgung oder dem Dienstwagen in der Regel schlechter gestellt sind. Andererseits ist der Einstieg bei einer Zeitarbeitsfirma einfacher als bei einem großen Konzern. Und Verträge mit Zeitarbeitsfirmen sind fast immer unbefristet, während viele andere Arbeitgeber nur noch befristete Stellen ausschreiben.