Süddeutsche Zeitung

Urteil des Bundessozialgerichts:Kliniken müssen für Honorarärzte Sozialabgaben zahlen

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Von Michaela Schwinn, München

Dürfen Ärzte für ein paar Stunden, Tage oder Monate in Kliniken als Selbstständige arbeiten oder gelten sie dann als scheinselbstständig? Darüber hat am Dienstag das Bundessozialgericht verhandelt. Die Richter in Kassel entschieden, dass sogenannte Honorarärzte in Krankenhäusern in aller Regel sozialversicherungspflichtig und nicht freiberuflich beschäftigt sind.

Wenn die Mediziner kein unternehmerisches Risiko tragen, gar ein festes Honorar erhalten und in den Klinikalltag fest eingegliedert sind, müssen Sozialversicherungsabgaben gezahlt werden, hielt das Gericht in mehreren Grundsatzurteilen fest. So sind Anästhesisten bei einer Operation in der Regel Teil eines Teams, das arbeitsteilig unter der Leitung eines Verantwortlichen zusammenarbeiten muss.

Bundesverband zeigt sich enttäuscht

Auch die Tätigkeit als Stationsarzt setzt voraus, dass sich die Betroffenen in die vorgegebenen Strukturen und Abläufe einfügen. Mediziner, Kliniken und Krankenhausträger aus mehreren Bundesländern hatten gegen Entscheidungen der Deutschen Rentenversicherung geklagt. Auch selbständige Pflegekräfte sind davon betroffen - mit ihren Fällen will sich das Gericht diesen Freitag beschäftigen. Der Vorsitzende des Bundesverbandes der Honorarärzte, Nicolai Schäfer, bewertet das Urteil als "enttäuschend". Er hatte sich erhofft, dass die Richter klare Kriterien vorgeben, wann eine Tätigkeit als Honorararzt nicht als scheinselbstständig gilt. Schäfer betonte aber: "Das Urteil ist kein pauschales Verbot der Honorarärzte."

Nach Angaben des Berufsverbandes der Honorarärzte sind bundesweit rund 5 000 Honorarärzte an Kliniken tätig. Gerade Krankenhäuser in ländlichen Regionen mit Personalproblemen greifen auf Honorarärzte zurück und zahlen ihnen deutlich mehr als ihren angestellten Ärzten, je nach Qualifikation meist 100 bis 150 Euro pro Stunde. Ärzte schätzen an dem Modell, die Freiheit, an verschiedenen Orten und so viel arbeiten zu können, wie sie es selbst wünschen.

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SZ vom 05.06.2019
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