Achtjähriges Gymnasium:Der bayerische Weg

Kultusministerin Monika Hohlmeier hat unter Pfiffen das G 8 verteidigt und nennt Intensivierungsunterricht "einzigartig in Deutschland".

Von Marten Rolff

Die Fragen nach dem "ob" und dem "wann" stellen sich nach der Klausur der CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth nicht mehr: Dort hatte die Fraktion die Einführung des achtstufigen Gymnasiums (G 8) für Bayern beschlossen - flächendeckend und bereits zum Beginn des Schuljahres 2004.

Seither diskutieren aufgebrachte Lehrer, Direktoren, Eltern, Schüler und Verbände nur noch über die Frage, wie sich die umfangreiche Reform in so kurzer Zeit umsetzen lässt. Ihrem Ärger über die "Hopplahopp-Reform" und die "mangelhafte Informationspolitik" der Staatsregierung machten auch die mehr als 600 Zuhörer Luft, die am Freitagabend auf Einladung der Süddeutschen Zeitung zu der Podiumsdiskussion "Abitur in acht Jahren - was wird aus Bayerns Gymnasien" gekommen waren. Mit Pfiffen und Buhrufen empfingen sie Kultusministerin Monika Hohlmeier, die sich erstmals einer Diskussion zur Ausgestaltung des G 8 stellte.

Stundenreduzierung in den Kernfächern

Die Ministerin zeigte sich überrascht über den Vorwurf, sie stehe ohne Konzept für eine im Alleingang beschlossene Reform da. Schließlich werde seit mehreren Jahren - auch unter Einbeziehung des Philologenverbandes - am G 8 gefeilt. Auch die fertige Stundentafel für das achtstufige Gymnasium sei "keine geheime Verschlusssache" und "für jeden seit Dezember im Internet zugänglich".

Eine der wichtigsten Neuerungen beim G 8 ist die Reduzierung der Wochenstunden in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Fremdsprachen zugunsten so genannter Intensivierungs- und Profilstunden (weitere Fremdsprache oder Naturwissenschaft).

Insgesamt 14 Wochenstunden sieht die Stundentafel für den Intensivierungsunterricht bis zur Kollegstufe vor. "Einzigartig in Deutschland" sei diese "klare und frühzeitige individuelle Förderung", betonte die Ministerin, die allerdings bei ihren Diskussionspartnern auf Skepsis stieß.

Starke Reduzierung des Stoffes geplant

Der Vorsitzende des Philologenverbandes, Max Schmidt, "sorgte" sich über den "Stundenwegfall". Bis zur Oberstufe erhalte ein Gymnasiast etwa nur 22 Wochenstunden Deutschunterricht und damit deutlich weniger als ein Real- oder Hauptschüler. Die Intensivierungsstunden ließ Schmidt als Argument nicht gelten. Man benötige diese, "um den Stoff durchzukriegen".

In der vergangenen Woche hatte Edmund Stoiber angekündigt, die Stofffülle im Lehrplan müsse um insgesamt 60 Prozent abgespeckt werden. Ein Vorhaben, fand Schmidt, das angesichts der bereits vorgenommenen Stoffreduzierung "so gefährlich ist wie eine Operation am offenen Herzen".

Bedenken bei den Eltern

Der Vizechef der Eltern-Vereinigung bayerischer Gymnasien, Peter Römisch, warnte davor, "immer von einer Lehrplan-Entrümpelung" zu sprechen. Dies impliziere, "dass dieser Gerümpel enthält". Hohlmeier erklärte, der kürzlich fertiggestellte Lehrplan für das G 9 sei bereits um nun berücksichtigte 50 Prozent abgespeckt worden. Dieser sei auch nach der Reform keinesfalls überflüssig. Didaktische oder methodische Konzepte würden für das G 8 übernommen.

Welche weiteren Abstriche es bei inhaltlichen Details geben werde, konkretisierte die Ministerin aber nicht. Hohlmeier bemühte sich auch, die Skepsis gegenüber dem neuen Fach "Natur und Technik" zu zerstreuen, das in der Unterstufe Fächer wie Biologie, Physik oder Chemie ersetzen wird. Das neue Konzept ziele auf "Neugier und Experimentierfreude" der Schüler ab statt auf eine sture Stoffpaukerei, sagte die Ministerin.

Die Bedenken der Eltern, bei der neuen Stundentafel kämen musische Fächer mit jeweils neun Wochenstunden bis zur Oberstufe viel zu kurz, wies die Kultusministerin entschieden zurück.

Personelle Umsetzung noch völlig unklar

Sorgen erregte in der Runde auch das künftige Arbeitspensum der Schüler. Die 37 Wochenstunden in der zehnten Jahrgangsstufe seien deutlich zu hoch. Dies sei "ein Plan für die Ganztagsschule", die die Staatsregierung "jetzt endlich schultern muss", kritisierte SPD-Fraktionschef Franz Maget. Die Ministerin verwies darauf, dass der G 8-Plan "fast der Wunschstundentafel des Philologenverbandes" entspreche. "Ein oder zwei Stunden mehr als beim G 9 dürfen da nicht zu Diskussionen führen."

Konkrete Zahlen für die Schaffung zusätzlicher Planstellen, etwa für die personell aufwändigen Intensivierungsstunden und die Nachmittagsbetreuung, konnte die Ministerin beim SZ-Forum indessen nicht nennen. Der Philologenverband sah sich dadurch bestätigt, dass Lehrer den Mehr-Aufwand durch mehr Arbeit auffangen müssten.

Auf den Einwand von Elternverbands-Vize Römisch, das G 8 dürfe "kein Sparmodell" sein, müsse im Gegenteil "sogar mehr kosten" als das G 9, erklärte Hohlmeier: "Billiger wird es jedenfalls nicht." Der Aufbau werde sogar teurer. Dabei sei die Erhöhung der Arbeitszeit für Lehrer allerdings "eine Haushaltsfrage und keine des achtjährigen Gymnasiums".

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: