Süddeutsche Zeitung

Abschied vom Job:Lasst uns Freunde bleiben

Im Guten auseinandergehen: Der Aufhebungsvertrag gilt als ideale Alternative zur Kündigung. Doch die gütliche Trennung hat Tücken.

Im Guten auseinandergehen - das klingt erst einmal gut. Die einvernehmliche Trennung vom Arbeitgeber erscheint gerade in verfahrenen beruflichen Situationen als beste Lösung. Denn anders als bei einer Entlassung kann der Mitarbeiter bei einem Aufhebungsvertrag mitbestimmen, zu welchen Konditionen er aus dem Betrieb ausscheidet. "Das ist ein großer Vorteil im Vergleich zu einer einseitigen Kündigung", sagt der Arbeitsrechtler Peter Voigt von der IG Bergbau, Chemie, Energie in Hannover. So kann beispielsweise eine Abfindung vereinbart werden, sagt Voigt. Doch vorschnell sollte niemand unterschreiben: Nicht selten haben die Aufhebungsverträge einen Pferdefuß.

Generell bietet ein Aufhebungsvertrag beiden Seiten mehr Flexibilität: Zu den Vorteilen gehört die schnelle Regelung von Differenzen. "Im Vergleich zu einem Gerichtsverfahren schont das Finanzen und Nerven", sagt Daniel Marquard, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg. Der Umstand, dass sich beide Seiten im Guten trennen, kann sich außerdem positiv auf das Arbeitszeugnis auswirken. Doch nicht nur, wenn Arbeitgeber sich von einem Mitarbeiter trennen wollen, ist der Aufhebungsvertrag eine Option. Er ist auch interessant, wenn sie einen neuen Job in Aussicht haben und zum Beispiel schnell aus ihrem Arbeitsvertrag hinauswollen.

Inhaltlich sollten im Aufhebungsvertrag alle offenen Fragen beantwortet werden: "Das reicht vom Resturlaub über die Höhe der Abfindung bis zur Note im Arbeitszeugnis", sagt Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Auch die Vergütung für die verbleibende Zeit im Betrieb sollte geklärt werden sowie die Frage, ob der Mitarbeiter bis zum Ausscheiden freigestellt wird.

Eine rasche Trennung kann im Interesse des Arbeitnehmers sein, wenn dieser bereits einen Job in Aussicht hat. "Hat der Mitarbeiter schon eine neue Stelle, ist das natürlich ein Glücksfall", sagt Marquard. "Aber die Regel ist das nicht." Droht die Arbeitslosigkeit, sei die gütliche Trennung häufig von Nachteil. "Ein großes Manko am Aufhebungsvertrag ist die Sperrzeit beim Arbeitslosengeld." Weil der Arbeitnehmer an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitgewirkt hat, kann es passieren, dass er von der Arbeitsagentur für bis zu drei Monate keine finanzielle Unterstützung erhält. Um die Gefahr einer solchen Sperrzeit zu minimieren, sollte der Vertrag daher entsprechend formuliert werden: "Der Aufhebungsvertrag sollte eine Klausel enthalten, dass er geschlossen wurde, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden", rät Voigt.

Daneben gibt es noch weitere Schlupflöcher, durch die eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld vermieden werden kann: "Eine Möglichkeit besteht darin, dass der Arbeitgeber zuerst kündigt, und beide Seiten anschließend einen Abwicklungsvertrag schließen", sagt Bredereck. Ein Abwicklungsvertrag wird geschlossen, um einen Rechtsstreit zu vermeiden. Nach so einem Vergleich verzichtet die Arbeitsagentur in der Regel auf eine Sperrfrist, erläutert der Anwalt.

Allerdings warnt Bredereck Arbeitnehmer davor, sich vom Versprechen auf einen Abwicklungsvertrag hinhalten zu lassen: "Wer gekündigt wurde, sollte innerhalb von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage einreichen." Verstreicht diese Frist, verfällt die Möglichkeit, sich vor Gericht gegen die Kündigung zu wehren oder für bessere Konditionen zu streiten.

Abschläge beim Arbeitslosengeld drohen auch, wenn die Kündigungsfrist nicht eingehalten wird. "Zwischen dem Abschluss des Vertrags und dem Ende des Arbeitsverhältnisses muss mindestens die im Arbeitsvertrag vereinbarte Kündigungsfrist liegen", sagt Bredereck. Sind die gesetzlichen oder tarifvertraglichen Kündigungsfristen länger, sind diese entscheidend. Deshalb sollte im Vertrag das Ausstellungsdatum sowie das Datum des Ausscheidens aus dem Betrieb klar genannt werden.

"Aufhebungsverträge sind für Arbeitnehmer oft ungünstig, weil dabei gerne mal Kündigungsfristen umgangen werden", sagt Marquard. Daher sollten sie einen Aufhebungsvertrag niemals spontan oder unter Druck unterschreiben. "Der Verlust des Arbeitsplatzes ist eine existenzielle Bedrohung, die es dem Arbeitgeber ermöglicht, eine Drohkulisse aufzubauen." Dennoch sei es oft besser, auf Zeit zu spielen: "Ein Kündigungsschutzverfahren bietet dem Arbeitnehmer in der Regel mehr Sicherheit." In jedem Fall sollten sich Arbeitnehmer vor der Unterschrift beraten lassen: Wenn es der Arbeitgeber mit seinem Angebot ernst meint, gesteht er dem Mitarbeiter auch eine Bedenkzeit zu, erläutert Bredereck.

Mancher Arbeitgeber dränge auch deshalb auf einen Aufhebungsvertrag, weil eine Kündigung keine Aussicht auf Erfolg hätte. "Mitunter wird Personalern sogar eine Prämie für jeden geschlossenen Aufhebungsvertrag gezahlt." Arbeitsrechtler Voigt rät grundsätzlich dazu, sich juristischen Rat von außen zu holen - etwa bei der Rechtsberatung einer Gewerkschaft. Auf keinen Fall sollte der Aufhebungsvertrag sofort im Büro unterschrieben werden. "Wenn ein Arbeitgeber sagt: Das Angebot gilt nur hier und jetzt, dann ist das unseriös."

Peter Neitzsch/dpa

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SZ vom 11.07.2015
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