Zurück im Büro:"Erzählen Sie den Kollegen nicht von Ihrem Urlaub"

Zurück im Büro: So etwas ähnliches wie Neid kann bei Kollegen schon vorkommen, wenn man allzu offensiv in Erinnerungen schwelgt.

So etwas ähnliches wie Neid kann bei Kollegen schon vorkommen, wenn man allzu offensiv in Erinnerungen schwelgt.

(Foto: Daniel Hofer)

Es sei denn, es hat nur geregnet. Wie Sie sich die Erholung erhalten und Stress nach dem Urlaub vermeiden, erklärt eine Arbeitsmedizinerin.

Interview von Larissa Holzki

Viele Menschen kommen in diesen Tagen vom Meer oder aus den Bergen zurück ins Büro. Im Arbeitsalltag ist die Erholung von zwei Wochen Strand schnell verflogen. Ist das unvermeidbar? Wie man sich den Urlaubsseffekt erhält, erklärt die Arbeitsmedizinerin Manuela Jacob-Niedballa.

Interview am Morgen

Diese Interview-Reihe widmet sich aktuellen Themen und erscheint von Montag bis Freitag spätestens um 7.30 Uhr auf SZ.de. Alle Interviews hier.

SZ: Frau Jacob-Niedballa, sie sind keine zwei Tage zurück im Büro, da sagen viele Menschen: Ich brauch schon wieder Urlaub. Haben die sich nicht richtig erholt?

Manuela Jacob-Niedballa: Man müsste wohl eher sagen, die haben nicht richtig gearbeitet - jedenfalls nicht gehirngerecht. Sie fahren den PC hoch, sehen 400 E-Mails, klicken sich durch, lesen, antworten auf die eine oder andere. Um 10 Uhr sind sie kaputt, haben aber das Gefühl, fast nichts geschafft zu haben. Und das ist dann Stress.

Also sollten wir nicht gleich in unsere E-Mails schauen? Schließlich kann in den Nachrichten ja stehen, was wir am dringendsten erledigen müssen.

Es hilft schon zu wissen, dass E-Mails zu sortieren und zu beantworten für unser Gehirn Schwerstarbeit ist. Nur ein kleiner Teil unseres Gehirns ist dafür zuständig, zu entscheiden und zu priorisieren. Und der ist sehr schnell erschöpft, vor allem, wenn wir am Bildschirm arbeiten. Informationen auf Papier können wir besser verarbeiten. Deshalb mache ich mir - nicht nur nach dem Urlaub, sondern jeden Morgen - zuerst handschriftlich einen Plan.

Wie gehen Sie bei der Tagesplanung vor?

Ich habe mir das bei der US-Raumfahrtbehörde Nasa abgeguckt. Ich male auf ein Blatt Papier drei Kästchen - die drei großen Aufgabenbereiche für diesen Tag. In diese Kästchen schreibe ich maximal vier Unterpunkte. Und dann schaue ich mir an: Was ist heute meine erste, zweite und dritte Priorität und wie viel Zeit muss ich dafür einplanen? Wenn ich insgesamt auf mehr als 60 Prozent meiner geplanten Arbeitszeit komme, kann ich schon mal anfangen, zu streichen. 40 Prozent braucht man für Kollegen, für Anrufe, für das Unvorhergesehene.

Und dann kommt kein Stress mehr auf?

Stress ist das subjektive Gefühl, machtlos zu sein. Mit diesem Blatt vermeiden Sie den Berg, den sie nicht bewältigen können. Sie erkennen, was Sie delegieren oder verschieben müssen. Sie können zwischen E-Mails und anderen wichtigen Aufgaben Routinearbeiten einplanen und vergessen im Laufe des Tages nichts. Eine andere Art von Stress kann nach dem Urlaub natürlich zwischen Ihnen und den Kollegen entstehen. Und zwar ausgerechnet dann, wenn Sie besonders erholt sind.

Manuela Jacob-Niedballa, Fachärztin für Arbeitsmedizin

Manuela Jacob-Niedballa ist Gewerbeärztin der Regierung von Oberfranken. In Unternehmen und Verwaltungen hält sie Vorträge zu Stress und Motivation.

(Foto: privat)

Man kommt frisch erholt und motiviert zur Arbeit und die Kollegen sind von allem nur genervt. Wie kann man vermeiden, dass man selbst die Lust auf neue Projekte verliert?

Erst mal: Erzählen Sie den Kollegen nicht von Ihrem Urlaub. Und zeigen Sie vor allem keine Strandfotos.

Wie bitte? Die allererste Frage der Kollegen ist doch: Wie war es im Urlaub?

Ich habe mir angewöhnt zu sagen: Ach, es war sehr schön, aber ich freue mich auch, wieder hier zu sein. Umso gebräunter Sie zurückkommen, umso mehr schöne Erlebnisse Sie berichten, desto bewusster wird den Kollegen, wie viel Stress sie hatten und wie gern sie selbst in der Sonne gelegen hätten. Das ist ganz menschlich und da muss auch kein Neid dahinter stecken. Trotzdem führt es zu Konflikten.

Aber dafür haben die Kollegen ihren Urlaub ja womöglich noch vor sich und können sich darauf freuen...

Mit dem Argument versuchen wir oft, Menschen aufzumuntern. Aber das hilft überhaupt nicht. Die brauchen es jetzt, dass man ihre Leistung und Verausgabung wertschätzt: Ich weiß, ihr hattet richtig viel zu tun, ich kann gut verstehen, dass du kaputt bist. Kein Aber. Wenn Sie etwas Positives sagen wollen, fragen Sie, wie Sie die Aufgaben in den nächsten Wochen gemeinsam bewältigen können. Was Sie jetzt alles vorhaben, behalten Sie besser erst mal für sich. Vor allem, wenn das auch Arbeit für die anderen bedeutet.

Wie erhalte ich mir denn meine Erholung, wenn ich davon so gar nichts zeigen darf?

Nehmen Sie Ihre Urlaubsrituale nach Möglichkeit mit an den Arbeitsplatz. Wenn Sie zum Beispiel immer um zehn Uhr Kaffee getrunken haben, dann versuchen Sie das jetzt auch. Oder wenn Sie mittags immer am Strand spazieren waren, dann gehen Sie jetzt in der Pause ein paar Schritte. Das bemerkt niemand, aber für Sie ist es eine Erinnerung. Mit etwas Training können Sie sogar nochmal die gleichen Glückshormone ausschütten, wenn Sie sich an bestimmte Momente erinnern. Machen Sie die Augen zu und denken Sie daran, wie Sie Macarons gegessen und Latte Macchiato getrunken haben. Ihre Strandfotos können Sie sich ja als Bildschirmschoner einrichten - aber bitte nicht so, dass es alle permanent mitbekommen.

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