Gehälter:Deutschland bestraft seine Mütter

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Eine internationale Studie zeigt: In keinem Land wirkt sich die Geburt eines Kindes langfristig so stark negativ auf die Gehaltsentwicklung der Mutter aus wie in Deutschland. Väter haben dagegen keine Nachteile.

Von Larissa Holzki

Frauen verdienen nach der Geburt eines Kindes deutlich weniger. Das ist das Ergebnis einer internationalen Studie, in der ein Forscherteam die Einkommensentwicklung untersucht hat. "In Deutschland verdienen Mütter zehn Jahre nach der Geburt des ersten Kindes im Schnitt 61 Prozent weniger als im Jahr vor der Geburt", sagt Co-Autor Josef Zweimüller von der Uni Zürich. Bei Vätern hingegen - kein solcher Effekt. Die Forscher haben sich auch Österreich, Schweden, Dänemark, das Vereinigte Königreich und die USA angeschaut. Und nirgendwo wirkt sich die Geburt eines Kindes demnach langfristig so stark auf die Gehaltsentwicklung der Mutter aus wie in Deutschland.

Hierzulande bleiben viele Frauen nach der Geburt ihres ersten Kindes längere Zeit zu Hause. Mindestens die Hälfte der Einkommenseinbußen sei dadurch zu erklären, sagt der Ökonom Zweimüller. Andere gehen nur noch halbtags einem Job nach. Bekannt ist zudem, dass Frauen noch immer häufig schlechter bezahlt werden als Männer mit ähnlichen Tätigkeiten. Auch bei Kinderlosen gebe es eine Gehaltslücke, sagt Zweimüller. Aber: "Der größere Teil manifestiert sich bei Frauen mit Kindern." Bis zur Geburt des ersten Kindes entwickelten sich die Gehälter ähnlich.

Überrascht hat die Forscher, dass auch Mütter in Dänemark und Schweden langfristig beim Gehalt stark benachteiligt werden - wenn auch nicht in dem Ausmaß wie in Deutschland. In Dänemark verdienen Mütter auf lange Sicht gut ein Fünftel weniger als Männer, in Schweden 27 Prozent. "Es sollte eigentlich so sein, dass die Geburt eines Kindes die Karriere einer Frau nicht mehr beeinträchtigt, weil die Politik sehr auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgerichtet ist", sagt Zweimüller. Allerdings haben die Forscher bei den schwedischen Männern zumindest einen kurzfristigen Gehaltsknick beobachtet. Sie erhalten finanzielle Anreize zu einer kurzen Babypause, die sich aber nicht langfristig auswirkt. Das Vereinigte Königreich (44 Prozent) und die USA (31 Prozent) liegen bei der Benachteiligung der Frauen im Mittelfeld.

Zweimüller folgert, dass mit Kindergeld und Krippenplätzen alleine keine Geschlechtergerechtigkeit herzustellen ist. Die Mehrheit der Deutschen erwarte, dass sich die Mütter um die Kinder kümmern. Die Dänen denken nicht so. Das wirkt sich aus. "Das Ziel muss sein, die Einstellung der Männer zu verändern. Sonst wird der Großteil der Erziehungsarbeit weiter von Frauen gemacht", sagt Zweimüller.

© SZ vom 28.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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