Frage an den Jobcoach:Wie spreche ich mit Mitarbeitern über ihre Gesundheit?

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(Foto: Jessy Asmus)

Thomas P. leitet ein Team, das bei einer Befragung zur psychischen Belastung nicht gut abgeschnitten hat. Nun bittet er den Jobcoach um Rat.

SZ-Leser Thomas P. fragt:

In unserer Firma hat in den letzten zwei Jahren eine Befragung zur psychischen Gefährdungsbeurteilung stattgefunden. In dem Team, das ich leite, waren die Ergebnisse beide Male nicht besonders gut. Da gleichzeitig der Krankenstand durch zwei langzeitig erkrankte Mitarbeiter vergleichsweise hoch ist, hat mich mein Vorgesetzter aufgefordert, das Thema Gesundheit in Mitarbeitergesprächen anzusprechen. Ich weiß nicht, wie ich mit meinen Mitarbeitern darüber reden soll, was sie für ihre Gesundheit tun können. Ist das nicht ihre private Angelegenheit?

Georg Kaiser antwortet:

Lieber Herr P., bei einer psychischen Gefährdungsbeurteilung geht es nicht darum, die seelische Gesundheit Ihrer Mitarbeiter einzuschätzen. Ziel der Untersuchung ist die Klärung, ob die berufliche Tätigkeit, der Arbeitsplatz oder das Umfeld die Mitarbeiter so belasten, dass sie psychisch darunter leiden. Es geht um Krankheitsprophylaxe, also darum, die Bedingungen der Arbeit so zu gestalten, dass die Kollegen sich wohlfühlen.

Nutzen Sie die wenig zufriedenstellenden Ergebnisse der Befragung als Chance, sich ein genaues Bild darüber zu machen, wo die Mitarbeiter ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden gefährdet sehen und welche Veränderungen sie sich wünschen. Besprechen Sie das Thema so, dass nicht rückblickend nach Fehlern und Schuldigen gesucht wird, sondern nach den Bedingungen einer guten zukünftigen Zusammenarbeit.

Mitarbeiter wollen die an sie gestellten Anforderungen genau erklärt bekommen. Sie wollen verstehen, was der Sinn der jeweiligen Aufgabe ist. Die Tätigkeiten sollten herausfordernd, aber machbar sein. Außerdem brauchen Ihre Mitarbeiter die für die eigenständige Bearbeitung der Aufgaben erforderlichen Ressourcen und Entscheidungsvollmachten. Unter diesen Voraussetzungen sehen sie sich als Gestalter, die etwas bewirken. Das setzt Motivation und Eigeninitiative in Gang und stärkt das Selbstvertrauen.

Sorgen Sie für Rahmenbedingungen, dank derer Ihre Mitarbeiter zu Gestaltern werden. Und erklären Sie lieber einmal zu viel als zu wenig den Umfang, Sinn und die Zielstellung der Aufgaben. So vermeiden Sie Unmut, der aus Missverständnissen und zu knappen Erklärungen erwächst. Machen Sie auch Ihren Führungsstil zum Thema. Fragen Sie, welchen Beitrag zu einer stärkeren Gesundheitsförderung Sie selbst leisten können im Umgang mit Ihren Mitarbeitern und bei der Übertragung von Aufgaben.

Stress entsteht, wenn Arbeitsanforderungen widersprüchlich sind; zum Beispiel dann, wenn einerseits auf Qualität großer Wert gelegt wird, andererseits Termine so gesetzt sind, dass ihre Einhaltung auf Kosten von Genauigkeit und Präzision geht. Wenn unter solchen Bedingungen bei Fehlern Schuldige gesucht werden, erhöht sich der Stresspegel umso mehr. Richten Sie stattdessen den Blick darauf, auf welchem Weg widersprüchliche Anforderungen zum Fehler geführt haben - und wie ein derartiger Fehler künftig vermieden werden kann.

Zu einem guten Betriebsklima tragen Sie bei, indem Sie gute Leistungen loben, Ihre Mitarbeiter fair und weitgehend gleich behandeln, Spannungen aufgreifen und ansprechen, und auch mit berechtigter Kritik nicht hinter dem Berg halten. Etwa alle acht Wochen sollten Sie auf die Agenda von Teambesprechungen das Thema setzen: "Wie klappt unsere Zusammenarbeit inhaltlich und im persönlichen Umgang?" Wenn alles rundläuft, ist der Punkt schnell abgehakt. Wenn nicht, können kritische Themen frühzeitig besprochen und damit der Gefahr vorgebeugt werden, dass sich unterschwellig belastende Spannungen aufbauen und ausbreiten.

Georg Kaiser arbeitet als Personalreferent in Bremen mit den Arbeitsschwerpunkten Team-, Führungskräfte- und Organisationsentwicklung.

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